Aufmachen, CD-Kontrolle, hier spricht die GEZFU!

Macht jetzt etwa auch die Plattenindustrie Hausbesuche?

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Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sind bekanntlich so um das Wohl ihrer zwangsweise beglückten Kundschaft bemüht, dass sie sogar unangemeldete Hausbesuche machen. Wer auf CDs und DVDs ausweicht, hatte dagegen Ruhe - bisher.

Sofern er damit nicht Kazaa oder edonkey füttert (vgl. Teenies, Opas, Obdachlose) und dabei von der RIAA erwischt wird, versteht sich. Was man dagegen zuhause so an Originalen, Kopien, Radiomitschnitten oder alten aus dem Fernsehen mitgeschnittenen Videokassetten rumliegen hat, interessierte bislang niemand. Schließlich ist die Privatkopie legal, solange man sie für sich behält.

"Ein ungenutztes Geschäftsfeld", dachte sich offensichtlich ein Herr Egon Braun aus Dormagen. Wie wäre es denn, sich den bekannt-berüchtigten Namen GEZ (vgl. Vorsicht, Feind hört mit!) auszuborgen und es ebenfalls mit unbestellten Firmen- und Hausbesuchen zu versuchen ("Unsere Beauftragten besuchen Firmen und private Haushalte um über die neuesten gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen des Urheberrechts zu informieren.")? Am kommenden Montag, dem 15. September, soll der neue Dienst starten.

Erstaunlich, dass die "richtige" GEZ hier keine Einwände hat, wo sie doch selbst die Adresse "rundfunkgebuehr.de" mit der vollen Macht des Gesetzes für sich requiriert hat und der neue Dienst laut Impressum auch noch als "Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte GmbH & Co. KG ltd" - übrigens eine völlig dubiose Rechtsform einer Gesellschaft - im Postfach 110 150 in 41530 Dormagen residiert.

Dass Postfächer im Impressum deutscher Webseiten nicht zulässig sind, sollte eine Gesellschaft, die vorgibt, Rechte zu vertreten, eigentlich wissen, zumal sie angeblich - obwohl ja noch gar nicht offiziell gestartet - bereits 264 Kontrolletis beschäftigt. Andererseits hatte offensichtlich weder Herr Braun noch einer der anderen 263 Mitarbeiter bislang Zeit für den Anruf beim Finanzamt Saarloius, um sich eine Umsatzsteuer-ID zu besorgen, denn diese ist noch "in Anmeldung", obwohl man sie bekanntlich direkt am Telefon erhält.

Nun, vielleicht ist Herr Braun einfach überarbeitet, schließlich residiert in eben jenem Postfach auch noch die diesmal andersherum als Ltd & Co KG firmierende Chiwell, welche am Amtsregister Neuss die Nummer HRA 0000 für sich in Anspruch nimmt und auch die aufschlussreiche Umsatzsteuer-ID DE 0000 000 00 sowie die Global Innovation GmbH ltd., die billigere Klinikkosten (etwa durch Hausbesuche?) verspricht. Eine echte Nullnummer ist schließlich die ebenso aus dem Hause Braun stammende Zahnpreisagentur. Es wird also eng im Postfach 110 150 in Dormagen.

Ihr Vorbild GEZ übertrifft die GEZFU aber bereits mit Leichtigkeit: Unter "Raubkopien melden" kann man sich nicht etwa selbst anmelden und seine Napster-Download-Jugendsünden nachlizensieren, nein, hier kann man es endlich dem Nebenbuhler oder Nachbarn heimzahlen und diesen anonym denunzieren. Welche Gebühren von der GEZFU eingezogen werden sollen, bleibt dagegen offen.

Wer schon immer gerne in anderer Leute CDs wühlt, kann sich allerdings auch als Kontrolletti bewerben:

Wir suchen deutschlandweit selbstständige Außendienstmitarbeiter/innen die für uns als Beauftragte tätig werden. Vorzugsweise aus folgenden Berufen:

- Computerfachbereich - polizeilicher Dienst - Detektive - Ermittler

Ein einwandfreier Leumund ist für Ihre Berwerbung vorausgesetzt !

Einwandfreie Rechtschreibung ist dagegen nicht notwendig - und der Leumund wird mit dem Job auch nicht mehr lange einwandfrei bleiben.

Dummerweise fehlt es dem neuen Unternehmen allerdings noch an Auftraggebern. Die Plattenbranche gehört jedenfalls nicht dazu und kennt die GEZFU auch gar nicht, wie uns Dr. Hartmut Spiesecke, Pressesprecher der deutschen Landesgruppe der IFPI, auf Nachfrage mitteilte. Und auch andere Urheberrechtsorganisationen kommen nicht in Frage: "Die deutsche Landesgruppe der IFPI führt im Auftrag der Mitgliedsfirmen die Pirateriebekämpfung durch. Für die Filmwirtschaft ist die GVU zuständig, für die Softwarebranche die BSA. Insofern ist mir auch schleierhaft, wer wohl die nicht genannten Auftraggeber hinter der von Ihnen genannten Institution sein könnten", so Dr. Spieseke.

Auch die BSA hatte von der GEZFU nur durch deren eigene Pressemeldung gehört und distanziert sich von dieser: "Die BSA ist in keiner Weise mit dem Angebot, den Leistungen, die hier angeboten werden, oder ihren Urhebern verbunden", so BSA-Sprecher Michael Höppner. Zwar kann man der BSA durchaus auch Raubkopien melden, jedoch nicht anonym, und die BSA ist eine Non-Profit-Organisation, wird also im Gegensatz zur GEZFU selbst keine Provisionen für ertappte Schwarzkopierer kassieren.

Es handelt sich demnach nur um eine (Raub-?) Kopie einer auf Telepolis bereits hinlänglich bekannten Geschäftsidee: Nach der Abmahnwelle um die Spampolizei (vgl. Die etwas andere Versicherung gegen Spam) folgt nun also die selbsternannte CD-Polizei:

"Rohling-Verkehrskontrolle, bitte Motor abschalten, aussteigen, Player und Lizenzen bereithalten!" "Ja, haben Sie denn selbst überhaupt eine Lizenz?" "Ich? Na so eine unverschämte Frage, steigens sofort wieder ein und schauns, dass Sie hier wegkommen!"