Immer erdrückendere Beweise zu Maidan-Scharfschützen-Einsatz im Februar 2014
Seite 3: Wer ist General Tristan Zitelaschwili?
- Immer erdrückendere Beweise zu Maidan-Scharfschützen-Einsatz im Februar 2014
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Zitelalschwili leitete das Bataillon "Awasa" (Panter). Das Bataillon existierte Anfang der 1990er Jahre, erklärte Kacha Kukawa von der Partei "Freies Georgien" gegenüber dem Internetportal Svobodnaja Pressa. Anfang der 1990er Jahre habe es in Georgien keine einheitliche Armee gegeben. Alle militärischen Befehlshaber seien Feldkommandeure gewesen. Ob Zitelaschwili "General" oder nur "Oberst" war, ist in Georgien umstritten.
Nach dem 2008 vom damaligen Präsidenten Michail Saakaschwili begonnenen Krieg zur "Rückholung" der abtrünnigen Provinz Südossetien, der in einen militärischen Konflikt mit Russland mündete, wurde Zitelaschwili wegen einem "Umsturzversuch" zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die oppositionelle Partei "Georgischer Traum", welche im Oktober 2012 die Parlamentswahl gewann und Saakaschwilis "Einige nationale Bewegung" von der Macht verdrängte, setzte Tristan Zitelaschwili auf eine Liste mit 190 politischen Gefangenen aus der Saakaschwili-Zeit. Im Dezember 2012 wurde der General im Rahmen einer Amnestie freigelassen.
Am 9. April 2014 trat Tristan Zitelaschwili das erste Mal mit der Behauptung an die Öffentlichkeit, dass auf dem Maidan vier Scharfschützen aus einer paramilitärischen Einheit, die Michail Saakaschwili unterstand, auf Demonstranten und Polizisten geschossen hätten. Damals wollte Zitelaschwili die Namen der vier Scharfschützen jedoch nicht öffentlich nennen. Seine Information habe er aber der georgischen Staatsanwaltschaft übergeben, erklärte der General. Die Erklärung von Zitelaschwili fand 2014 viel Beachtung in georgischen und russischen Medien.
Am 7. April 2014 hatte der georgische Innenminister Alexander Tschikaidse gewarnt, Michail Saakaschwili, der seit Dezember 2013 als Maidan-Redner und Berater der ukrainischen Opposition in Kiew war, plane nach dem Sieg des Maidan in Kiew eine heroische Rückkehr nach Tblissi. Saakaschwili habe schon Zelte und Autoreifen beschaffen lassen. Georgische Scharfschützen ständen bereit.
Ab März 2014 leitete die neue Macht in Georgien Ermittlungen gegen Saakaschwili wegen Überschreitung der Amtsvollmachten und persönlicher Bereicherung ein.
Das Motiv des georgischen "Panter"-Generals
Das Alles klingt nach einer perfekten Verschwörungstheorie. Es tauchen Fragen auf. Wie kann es sein, dass sich die Scharfschützen nach drei Jahren noch an zahlreiche brisante politische Details und Namen von Politikern erinnern? Warum haben sie bisher geschwiegen?
Grund für die Bereitschaft der georgischen Scharfschützen jetzt auszusagen, ist nach Meinung von Sputnik ein Konflikt zwischen Saakaschwili und dem georgischen General Tristan Zitelaschwili, der die Spezialeinheit "Panter" leitete. Der General sei zum "persönlichen Feind" von Saakaschwili geworden, weil dieser ihn für die Niederlage im "Fünf-Tage-Krieg" zwischen Georgien und Russland im Jahre 2008 verantwortlich machte. Das Haus des Generals sei gestürmt worden. Man habe von ihm verlangt, "fiktiv zuzugeben", dass es eine "Verschwörung der Generäle" gegeben habe, weshalb Georgien den Krieg gegen Russland 2008 verlor. Zitelaschwili meint, seine ehemaligen Untergebenen hätten Angst, als Augenzeugen eines Verbrechens liquidiert zu werden. Das klingt nachvollziehbar.
Einen hundertprozentigen Beweis, dass georgische Scharfschützen auf dem Maidan auf Demonstranten und Polizisten schossen, müsste jedoch von einem ukrainischen Gericht geprüft werden. Doch die durch einen Putsch an die Macht gekommene Regierung in Kiew hat bisher alles dafür getan, die Ermittlungen zu den Maidan-Toten zu verzögern. Wichtige Beweise - wie Waffenlisten der Polizei und Waffen - sind nicht mehr auffindbar.
Demnach kann nur ein internationales Gericht oder eine internationale Gruppe renommierter Juristen der Wahrheit näher kommen. Sollte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko irgendwann einmal sein Amt verlieren und die Macht im Staat würde nicht in die Hände von Ultranationalisten fallen, würden die Chancen für eine Aufklärung sicher steigen.
Wie Michail Saakaschwili auf die Vorwürfe reagierte
Nun könnte man einwenden, die Bekenntnisse der georgischen Scharfschützen könnten Präsident Poroschenko im Streit mit Saakaschwili nützen und seien von ihm "bestellt". Doch tatsächlich schaden die Aussagen der georgischen Scharfschützen Poroschenko - dem Nutznießer des Umsturzes im Februar 2014 - und Saakaschwili - der nach der Macht in der Ukraine greift - gleichermaßen.
Als die georgischen Scharfschützen im November 2017 auspackten, hatte das in der Ukraine natürlich für einige Aufregung gesorgt. Für Saakaschwili, der damals gerade begann, mit Protestdemonstrationen gegen den amtierenden Präsidenten Poroschenko eine neue Maidan-Bewegung aufzubauen, kamen die Aussagen der georgischen Scharfschützen denkbar unpassend, präsentierte er sich den mit ihrem Präsidenten unzufriedenen Ukrainer doch als unbefleckter Reformator und unbestechlicher Gegner eine Oligarchen-Herrschaft.
Als der ukrainische Rada-Abgeordnete Vadim Rabinowitsch am 15. November 2017 in einer Talk-Show des Kiewer Fernsehkanals NewsOne eine persönliche Erklärung an die ukrainische Staatsanwaltschaft verlas (Video), versuchte Saakaschwili den Politiker mit Schreien "russischer Agent, russischer Agent" zu übertönen. Doch Rabinowitsch las unerschüttert und mit kräftiger Stimme: "Der georgische General Tristan Zitelaschwili hat erklärt, dass die Scharfschützen, die auf dem Maidan schossen, zu Saakaschwili gehörten."
"Tagesschau"-Faktenfinder: "Es fehlen Belege"
Die von dem italienischen Fernsehkanal im November veröffentlichte Dokumentation war so brisant, dass sogar die ARD-Tagesschau es für nötig hielt, Stellung zu nehmen. Zwei Wochen nach der Sendung des italienischen Dokumentarfilms - man beachte die lange Denkpause - erklärte die ARD-Kaukasus-Expertin Silvia Stöber, für die Behauptung eines "angeblichen georgisch-amerikanischen Komplotts" unter Beteiligung von Ausländern, auch eines Amerikaners, "fehlen die Belege".
Einen Grund, von der ukrainischen Regierung nun verstärkt Aufklärung zu fordern, sah die "Tagesschau"-Expertin nicht.