Innen Maske, außen Joint?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Eckpunkte für die Legalisierung vorgelegt. Foto: © Superbass / CC-BY-SA-4.0

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Eckpunkte für eine Cannabis-Legalisierung vorgelegt. Erwachse dürfen demnach straffrei bis zu 20 Gramm kaufen. Mindestabstand zwischen Fachgeschäften und Schulen geplant.

In Sachen Corona-Maßnahmen wurde der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon in der letzten Legislaturperiode zum "Team Vorsicht" gezählt – außenpolitisch wirkt er mitunter etwas waghalsiger, denn vor wenigen Wochen erklärte er in einem Tweet, Deutschland befinde sich "im Krieg" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, woraufhin er alsbald zurückrudern musste.

Für die Szene der Corona-"Querdenker" ist Lauterbach der Inbegriff des Autoritären – unter anderem, weil er sich vehement für eine allgemeine Covid-19-Impfpflicht aussprach und unlängst wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen forderte, was bisher auf Landesebene nicht verfing.

In die Geschichte eingehen könnte Lauterbach aber auch als Protagonist einer liberaleren Drogenpolitik – auch wenn er dabei nicht treibende Kraft war, sondern letztendlich nur für die Details der Durchführung zuständig ist, denn die "Ampel"-Regierung hatte bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart:

Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.


Aus dem Koalitionsvertrag "Mehr Fortschritt wagen" 2021 - 2025, S. 68

Ein bisschen "Team Vorsicht" auch hier: Mindestabstände zu Schulen

Zwischen diesen lizenzierten Geschäften und Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen geben soll es allerdings einen Mindestabstand geben – das ist Teil der von Lauterbachs Ressort erarbeiteten Eckpunkte, über die am heutigen Mittwoch das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete.

Volljährige sollen straffrei bis zu 20 Gramm erwerben und besitzen dürfen. Die Menge des berauschenden Wirkstoffs THC im legalisierten Cannabis soll maximal 15 Prozent betragen. Um "cannabisbedingte Gehirnschädigungen" zu verhindern, dürfen allerdings an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren nur Produkte mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent verkauft werden.

Jugendliche werden nicht bestraft, müssen aber den "Stoff" rausrücken

Jugendliche unter 18 Jahren sollen zwar ebenfalls nicht im rechtlichen Sinne bestraft werden, wenn sie mit Cannabis erwischt werden – allerdings werden dann auch jegliche Mengen "Stoff" unter 20 Gramm beschlagnahmt und Jugendämter können die Ertappten zur Teilnahme an Präventionskursen verpflichten.

Werbung für Cannabisprodukte soll zudem untersagt bleiben. "Genusscannabis wird in Umverpackungen (neutrale Verpackung) ohne werbendes Design verkauft", heißt es in den Eckpunkten "Werbende Kaufanregungen" durch Verkaufsstellen oder im Internet seien verboten. Im Eigenanbau sind demnächst maximal zwei Cannabispflanzen erlaubt.

Erwogen wird auch, den Verkauf nicht nur in lizenzierten Geschäften, sondern auch in Apotheken zu erlauben. So könnte der Schwarzmarkt insbesondere im ländlichen Raum besser bekämpft werden, heißt es in den Eckpunkten.

Der Fiskus soll doppelt zugreifen

"Zum anderen würde die Verdrängung des Schwarzmarktes voraussichtlich stärker ausfallen, wenn Genusscannabis auch auf dem bequemen und stark an Bedeutung gewinnenden Online-Weg erworben werden könnte." Außerdem gibt es die Überlegung, "Fachgeschäfte mit Konsummöglichkeit" zuzulassen. Rechtlich soll Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.

Klar ist auch: Der Fiskus soll ordentlich von der Freigabe profitieren. Abgesehen davon, dass die Produkte automatisch der Umsatzsteuer unterlägen, ist auch von einer "Cannabissteuer" die Rede – abgestuft nach THC-Gehalt.

Bedarf muss aus Anbau in Deutschland gedeckt werden

Laut dem Eckpunktepapier müsste der Cannabisbedarf aus dem Anbau in Deutschland gedeckt werden, weil ein Import aus Gründen des EU- und des Völkerrechts nicht infrage komme: "Nach vorläufiger Einschätzung ist ein internationaler Handel von Cannabis zu Genusszwecken auf Basis beziehungsweise im Einklang mit internationalen Rahmenbedingungen nicht möglich", wird daraus zitiert.

Das Bundesgesundheitsministerium verwies dazu auf Nachfrage des RND auf noch laufende Abstimmungen in der Bundesregierung. Lauterbach hatte angekündigt, bis Ende des Jahres einen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis vorzulegen.

Nutzhanf mit einem niedrigeren Anteil des berauschenden Wirkstoffes Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), der sich nicht als Rauschmittel eignet, wird bereits großflächig in Niedersachsen angebaut.