Irak: Schiitische Milizen erreichen syrische Grenze

Bild: PMU (al-Hashd), Twitter

Der militärische Vorstoß wird als "Meilenstein" im Kampf gegen den IS gewertet

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Aus dem Irak wird ein großer Erfolg im Kampf gegen den IS gemeldet, "ein Meilenstein", wie Iraqi Day schreibt: die schiitischen Milizen der PMU (Popular Mobilization Units, Volksmobilmachungskräfte oder auch al-Haschd asch-Schaʿbī) haben westlich von Mosul die irakisch-syrische Grenze erreicht - zum ersten Mal seit vier Jahren. In der Nähe der Grenze hätten sich die PMU mit den jesidischen Selbstverteidigungseinheiten YBŞ verbündet.

Es sollen Stellungen der SDF in der syrischen Provin Hasakeh erreicht worden sein. Die Erfolgsmeldung, die sich in den letzten Tagen durch Befreiungen von besetzten Orten westlich von Mosul, die zuvor unter IS-Kontrolle standen, ankündigte, birgt einige Spannungen. Die Reaktion von Nadia Murad, einer international bekannten Stimme der Überlebenden des IS-Genozids an den Jesiden im Jahr 2014, legt sie offen.

Unterschiedliche Interessen

Ihr Heimatort Koch sei endlich vom IS befreit, dies sei ein Sieg des Guten über das Böse, nichtsdestotrotz aber ein unvollständiger Sieg.

Wir fürchten uns jetzt davor, dass unsere jesidische Heimat in Sinjar aufgeteilt wird, in drei oder vier Regionen und dass die gegnerischen Fraktionen um die Kontrolle über unser Land kämpfen werden.

Nadia Murad

Als Fraktionen zählt der Bericht von Ara-News auf: Barsanis KDP, die jesidischen Selbstverteidigungseinheiten YBŞ, die mit der PKK verbunden sind und die schiitischen Milizen der PMU.

Man muss den Kreis noch weiter ziehen und die Türkei mithinein nehmen in die Runde der Involvierten sowie Iran und die USA, Russland und Syrien (siehe dazu Nordsyrien: Die Zukunft der Kurden nach dem Fall von Rakka). Und man kann das komplizierte Geflecht der Interessen an einem einfachen Kontrast veranschaulichen.

In Syrien flog die US-Luftwaffe vergangene Woche einen Angriff auf schiitische Milizen. Namentlich genannt wurden die von der Hisbollah ausgebildete Miliz Saraya Al-‘Areen und die Kata'ib al-Imam Ali, die Verbindungen zur irakischen PMU hat.

Im Irak unterstützt die US-Luftwaffe Vorstöße der irakischen Streitkräfte, zu denen die PMU gehören. Dass die USA damit jenseits der syrischen Grenze schiitische Milizen unterstützen, die sie diesseits angreifen, und dass sie sich im Irak im Kampf gegen den IS in einer Front befinden mit dem PMU- Kommandant Hadi al-Amiri, der Chef der Badr Organisation ist und allerengste Verbindungen zur iranischen Regierung in Teheran hat, ist ein Schwierigkeitskreis, der in keinen viereckigen Erklärkasten passen will.

Unterstützung aus Bagdad

Wahrscheinlich trifft die irakisch-syrische Grenzeroberung durch die Hasch-Milizen nicht unbedingt auf einhelligen Applaus in den Lagern des US-Militärkommandos. Siege gegen den IS will man sich lieber selbst auf die Fahne schreiben und nur sehr ungern Milizen, die mit Iran verbunden sind.

Der Erfolg der schiitischen Milizen unter dem Dach der irakischen Armee steht auch quer zu den Ambitionen Erdogans in Nordirak und Nordsyrien. Sein Verbündeter im Norden Iraks ist Barsani, der bislang die Grenze zu den syrischen Kurden im Gouvernement al-Hasaka regeln konnte. Das ist nun mit der neuen Grenzeroberung nicht mehr sicher. Wer die Grenze kontrollieren wird, ist wichtig.

Barsani und seine Peshmerga haben kein gutes Verhältnis zu den PMU. Vor Tagen hieß es noch, Peshmerga hätten erklärt, dass die PMU Sinjar nicht betreten dürfen. Barsani habe entsprechende Instruktionen gegeben. Die PMU haben sich ganz offensichtlich nicht daran gehalten. Das ginge nur mit Rückendeckung aus Bagdad, das hier nicht zum ersten Mal von Barsani abrücken würde. Bei seinem Besuch beim PMU-Kommando zeigte Ministerpräsident al-Abadi keine unzufriedene Miene.

Dass sich die jesidischen Selbstverteidigungseinheiten YBŞ über den Erfolgsaugenblick hinaus verbünden könnten, würde weder Erdogan noch Barsani passen. Die Frage wird sein, wie sich die al-Haschd mit den kurdischen Streitkräften der YPG und SDF stellen.

Der irakische Ministerpräsident al-Abadi hielt sich übrigens ganz in der Nähe, in Mosul auf. Dort sollen nur mehr zwei Stadtviertel, darunter die Altstadt, unter Kontrolle des IS sein.