Iran-Wahl: Reformer Rohani gewinnt deutlich

Seite 2: Machtkampf

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Trotz dieser Maßnahmen besteht auf der iranischen Führungsebene keineswegs Einigkeit. Seit Jahren tobt ein Machtkampf zwischen dem Lager der konservativen Hardliner um Chamenei und den gemäßigten Reformern, denen auch Hassan Rohani angehört. Der Begriff Reformer ist allerdings missverständlich.

Es handelt sich dabei nicht um Akteure, die die politische Struktur der Islamischen Republik infrage stellen. Auch die Akteure der Grünen Bewegung, die nach den Wahlfälschungen von 2009 den Aufstand probten, streben keinen fundamentalen Wechsel an, sondern wollen das Land innerhalb der Grenzen des bestehenden Systems reformieren.

Den Hardlinern geht das aber bereits zu weit. Ihnen sind die zaghaften Schritte der Öffnung, die Rohani unternommen hat, ein Dorn im Auge. Das von Rohani und seinem Außenminister Mohammad Djawad Sarif ausgehandelte Atomabkommen kritisieren sie beständig, obwohl es für ein Ende der Sanktionen gesorgt und Iran den Weg zurück in die internationale Staatengemeinschaft geebnet hat. Die in dem Kontext gemachten Zugeständnisse sehen sie als Schwäche gegenüber äußeren Feinden.

Zwölf Journalisten festgenommen

Es ist daher sicher kein Zufall, dass erst im März zwölf dem Reformerlager zugeneigte Journalisten festgenommen wurden. Der inneriranische Kampf wird hart geführt. Dass es weder eine Gewaltenteilung noch eine rechtsstaatliche Ordnung gibt, wird nicht nur Regimegegnern, sondern auch missliebigen Akteuren innerhalb des Regierungsapparates immer wieder zum Verhängnis.

Iran ist, obwohl mit Abstand das stabilste Land der Region, weiterhin in einer schwierigen Lage. Im Wahlkampf hatten die Konservativen Rohani heftig angegriffen und ihm Versagen in der Wirtschaftspolitik vorgeworfen. Er schiele zu sehr auf Investitionen aus dem Ausland. Dabei braucht das Land gerade die mehr als alles andere. Zwar war die Wirtschaft zuletzt wieder um gut sieben Prozent gewachsen.

Die Altlasten aus der Ahmadinejad-Zeit sind aber noch deutlich zu spüren. Vor dem Atomabkommen konnte Iran aufgrund der Sanktionen fast keinen Außenhandel mehr betreiben und auch kein Öl verkaufen, Importe unterlagen extremen Reglementierungen. Das hatte zu einer Inflation von zeitweise fast 40 Prozent geführt, die Arbeitslosigkeit war explodiert, staatliche Subventionen mussten zurückgefahren werden.

Ärmere trauern Ahmadinejad nach

Dennoch trauern noch immer viele der ärmeren Schichten Ahmadinejad hinterher, der sich seine Zustimmung mit Geschenken erkauft hatte. Zugleich hatte er engen Vertrauten wichtige Posten in Politik und Wirtschaft verschafft und so den Ausverkauf des Landes noch befeuert. Er hinterließ einen Scherbenhaufen, der in einer Legislaturperiode kaum zu bereinigen war.

Auch außenpolitisch brodelt es. Das Atomabkommen wird nicht nur von den Hardlinern im Inland angegriffen. Auch der israelische Ministerpräsident Netanjahu warbt zuletzt verstärkt bei US-Präsident Trump darum, den Kurs Iran gegenüber wieder zu ändern, nachdem sein Vorgänger Obama darauf bedacht gewesen war, die Wogen zu glätten. Im Syrienkrieg ringt Iran als Unterstützer des Assad-Regimes um Einfluss und kooperiert mit Russland.

Der schiitische Staat sieht sich vom IS ebenso bedroht wie von Saudi-Arabien, das den iranischen Einfluss zurückdrängen will. Beide Länder führen im Jemen einen brutalen Stellvertreterkrieg. Ausgerechnet heute, am Tag nach der Wahl, besucht US-Präsident Trump das saudische Königshaus, das die USA als Verbündeten gegen Iran zurückgewinnen will.