Irrweg Stadtimkerei, das sogenannte Bienensterben ...

Fussnoten

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NABU; Unternehmen können Bienen und deren Betreuung als Werbemaßnahme bei Dienstleistern bestellen: "Zeigen Sie Ihren Stakeholdern, wie Sie sich für Nachhaltigkeit und Ökologie einsetzen". Beispiele für mit Umweltschutzmotiven begründete Bienenhaltungen in Frankfurt am Main:

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Mais ist ein Spezialfall, weil der Pollen der nektarlosen Blüte gelegentlich von pollennutzenden Bestäubern wie der Honigbiene genommen wird, er ist allerdings proteinarm und nicht selten auch giftbelastet.

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Zusammenfassender Text; ein Niedergang der Spezialisten (insbesondere für Magerland) bei relativer Stabilität mobiler Generalisten zeigt sich in fast allen Einzelstudien zu Insektengruppen, Beispiele Habel et al. (2016),12656 Curtis et al. (2015); British Ecological Society; Springer.

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Von Bedeutung für ein breites Artenspektrum sind nach meiner Beobachtung weniger bunte Gartenblumen als unscheinbare Wegrand-, Waldrand-, Böschungs- und Trockenrasenvegetation, wie Schafgarbe, wilde Möhre und ähnliche Korbblütler, Disteln, Brombeeren, Knallerbsen, Jakobskreuzkraut, Hahnenfußgewächse, Hornklee, Waldrebe, Zaunrübe, Goldrute, Gelber Wau. Vieles kommt auf den Standort an, isolierte Flecken von Blüten in ansonsten ungünstiger Umgebung werden kaum genutzt. Blüten mit engen Röhren (Taubnesseln, Wilde Karde, Herzgespann) können nicht von allen genutzt werden, sind aber bei denen, die das können, sehr beliebt.

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Alles eigene Beobachtungen.

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"Higher species richness [in urban vs. rural environments in Central Germany] is supported by a highly varying landscape structure mainly caused by anthropogenic land use.", UFZ-Centre for Environmental Research; höhere Diversität in deutschen Städten im Vergleich mit ländlichen Umgebungen herrscht - wohl eher trotz, als wegen der Urbanisierung - nicht etwa nur bei importierten Gartengewächsen, sondern auch bei wild wachsenden einheimischen Pflanzen, vermutlich aufgrund der von typischen Agrarland abweichenden geologischen Lagen (auf Höhen, an Flüssen) und der damit verbundenen Böden, in Frankfurt z.B. teils magere Sandböden.

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Typische Zierpflanzen (Forsythien, Edelhortensien, Stiefmütterchen, Pfingstrosen, Edelrosen, generell gefüllte Blüten und sterile Hybridarten) interessieren Bestäuber nicht, ebenso wenig saftige kurze Rasenflächen. Ungepflegter, trockener Rasen mit kahlen Stellen kann immerhin Nistmöglichkeiten und "Unkräuter" bieten, Küchenkräuter (bis zur Blüte stehen lassen!) und generell Küchengärten sind geeignet (hauptsächlich Kulturfolger), blühende einheimische Heckenvarianten und Zaun-Rankpflanzen ebenso (für viele Spezies).

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In Frankfurt (verwende ich hier durchweg als Beispiel, weil mir bestens bekannt) gibt es neben Main und Nidda und verschiedenen Bächen und zeitweise Wasser führenden Gräben zahlreiche Teiche und Tümpel, die folgende bereits lange Liste der Stadtverwaltung ist noch bei weitem nicht vollständig (z.B. fehlen die Nidda-Altarme).

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Science (Review); Science (Review); The Royal Society (unklare Transmissionsrichtung, drei Honigbienenviren in großen bienenähnlichen Schwebfliegen der Gattung Eristalis, deren Bestände nach meiner Wahrnehmung in den letzten Jahren eingebrochen sind); British Ecological Society (RNA-Viren in Hummeln und Honigbienen korrelieren lokal, unklare Transmissionsrichtung; Hummeln sind insofern eine Ausnahme unter den Wildbienen, weil sie wie die Honigbiene koloniebildend sind).

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Studien ohne klaren Effekt. Die AG Bienenforschung, ein Zusammenschluss der institutionellen Honigbienenforschung, vertritt bis dato die Position, die Abundanz domestizierter Honigbienen sei kein entscheidender Einflussfaktor für die Lage von Wildbestäubern (insbesondere Solitärbienen). Generell wird von Honigbienenfreunden in Wissenschaft und Praxis bemängelt, es sei nicht nachgewiesen, dass Verdrängungseffekte langfristig den Reproduktionserfolg der Wildbestäuber schmälern. Allerdings wird hier ein strengerer Maßstab an den Nachweis einer negativen Wirkung angelegt, als ihn Naturschützer bei anderen landwirtschaftlichen Praktiken zu akzeptieren pflegen.

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GfÖ (Buschgelände nahe Barcelona: "After accounting for flower density, plots close to apiaries had lower wild bee biomass"); Springer (Lüneburger Heide: "Until more information is available, conservation efforts should forgo to enhance honey bee stocking rates but enhance the availability of nesting resources"); Springer (Tasmanien: "... native bees were more than three times more abundant at the few sites where honeybees were absent, compared to those where they were present").

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PLOS ("Here, we show that in the city of Paris (France), wild pollinator visitation rates is [sic] negatively correlated to honey bee colony densities present in the surrounding ")

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royalsocietypublishing (44 Rapsfelder im Experiment); ResearchGate (Alpentäler); Ecological Society of America (kalifornische Küstenhabitate, hier auch mit direktem Nachweis des geringeren Reproduktionserfolgs); Review der experimentellen Literatur.

15

Die Einkreuzung ist ein Problem, weil domestizierte Bienen auf in der Wildnis nicht hilfreiche Eigenschaften wie geringe Aggressivität und hohe Honigproduktion gezüchtet wurden.

16

FAO. Hinweis: Die Zahlen zur Produktionsmenge sind teils Schätzungen/Hochrechnungen und werden manchmal noch nachträglich angepasst.

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Die Organisation für "nachhaltige" Entwicklung wird aus Deutschland und der Schweiz finanziert und bezieht sich auf den Apfelanbau, für den durchweg das gleiche gilt, Zitat: "Scientists recommend planting 25-33% pollinizer trees among the main variety for a satisfactory crop (Jindal and Gautam 2004). However, in most fruit orchards in Maoxian, pollinizer trees account for less than 10% of the trees. However, because land holdings are small in Maoxian, farmers do not want to plant pollinizer trees in their orchards because they have a low market value. The most obvious reason for this was the fact that the fruit produced by many of these pollinizer varieties has a low market value."

18

Die Atmosphäre ist für besseres Wachstum mit CO2 angereichert

19

Zu sehen hier (er macht es mit den Fingern, früher gab es dafür spezielle Gerätschaften).

20

Siehe z. B. der Freitag.

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"Almond production … more than tripled from 703 million pounds in 2000 to 2.27 billion pounds in 2017", Wikipedia (Angabe entspricht den Zahlen der FAO-Datenbank).

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Die proximate Ursache ist infektiös, da Ansteckung zu beobachten war, so eine Fall-Kontrollstudie von kollabierten und stabilen Kolonien in den USA (PLOS), deren Ergebnisse im Grundsatz durch spätere Studien bestätigt wurden (z.B. PLOS) und die ich im Folgenden referiere. Mehrfachinfektionen mit Viren und Zellparasiten (Nosema) waren bei Bienen der kollabierten Kolonien häufiger. Unter den Zellparasiten fand sich neben Nosema apis häufig der Typ Nosema ceranae, erst neuerdings bei Honigbienen nachgewiesen und aufgrund seiner Neuheit virulenter. (Den Stand der Diskussion über eine mögliche Rolle von Nosema cerana bei neueren Bienensterben fasst Wikipedia zusammen.) Die kollabierten Stöcke zeigten doppelt so häufig wie die stabilen Stöcke eine Doppelinfektion mit beiden Nosema-Arten. Pestizide ließen sich in den kollabierten Stöcken nicht häufiger oder in höheren Konzentrationen nachweisen als in den stabilen. Mit dem in höchster Menge gefundenen Pestizid war das Wachs der stabilen Kolonien sogar um ein Vielfaches stärker belastet als das Wachs der kollabierten Kolonien: Es war ein Gift, das in den USA gegen die Varroamilbe eingesetzt wurde (Coumaphos). Eine plausible Interpretation ist, dass die Imker der kollabierten Stöcke nicht früh genug in der Saison gegen die Milbe vorgegangen waren. (PLOS; Tabelle 10 und Text dazu.) Erläuterungen zu den Tabellen: Tabelle 9 vergleicht die Mittelwerte in der Gesamtheit der Stöcke eines Imkers, je nachdem, ob mindestens einer der Stöcke befallen war (CCD-apiaries) oder nicht (Control apiaries). Tabelle 10 dagegen vergleicht die Werte in den befallenen und den nicht befallenen Einzelstöcken, vergleicht also auch innerhalb der Stöcke eines Imkers. In beiden Aufteilungsweisen der Stichprobe zeigt sich im Wachs die negative Assoziation zwischen Coumaphos-Last und Bienensterben. Der Effekt ist größer (Median: vier mal so hohe Konzentration) beim Stockvergleich; dieser hat auch die größere Zahl von Einzelmessungen und ist daher statistisch aussagefähiger. Bei Fluvalinat, ebenfalls ein Varroa-Mittel, ist der gleiche Effekt (mehr Fluvalinat, weniger Bienentod) als Trend erkennbar. Wachsresiduen repräsentieren Expositionen in der frühen Phase der Saison. Bienenbrotresiduen sind hier kaum aussagefähig, da kranke Bienen kaum Pollen eingebracht haben.

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ResearchGate, Tabelle 1.

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Eigene Beobachtung; waz-online; Göttinger Tageblatt; Die meisten Berichte über die Epidemie beziehen sich auf Hauskaninchen, die sich über Kot von Wildkaninchen auf Wiesen infizierten.

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Siehe die ausführliche Fußnote zur Ursachenforschung oben.

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Blüten von zu bestäubenden Agrarpflanzen wie Raps sind eher schwach belastet. Natürlich sind auch sublethale Dosen an Insektentötungsmitteln für Bienen nicht gesund und schwächen Tiere zusätzlich, die mit Krankheitserregern kämpfen. Eine Freilandstudie ohne verdächtige Industriebeteiligung zeigte jedoch eine eher geringe Wirkung von Neonikotinoiden im Mengenbereich feldüblicher Dosen auf die Varroa-Empfindlichkeit und die Häufigkeit des Völkertods. Möglicherweise akkumulieren Effekte über die Generationen; auch bestehen genetische Unterschiede in der Empfindlichkeit der Bienen, vielleicht gibt es in den USA ja einige besonders empfindliche Stämme. Was das im Kontext Bienensterben ebenfalls immer wieder genannte Glyphosat betrifft: Glyphosat ist für Insekten ungiftig. Höchstens indirekt könnte es, weil es die Bienen-Darmflora verändert, schwächend wirken. Anders als Presseberichte dazu (SpOn: "Glyphosat soll Ursache für Bienensterben sein") ist die Studie selbst zurückhaltend in der Übertragung der Ergebnisse auf das Bienensterben: "Understanding how glyphosate impacts bee gut symbionts and bee health will help elucidate a possible role of this chemical in colony decline" … "Since bee gut symbionts affect bee development, nutrition, and defense against natural enemies, perturbations of these gut communities may be a factor making bees more susceptible to environmental stressors including poor nutrition and pathogens." Die Unkrautvernichtung selbst (auch mit Hilfe von Glyphosat), die häufig als Problem angeführt wird (als hinge das Überleben von Bienen von den drei Mohnblüten auf ungespritzten Getreidefeldern ab) ist nicht gerade ein neues Phänomen. Ein Zusammenhang von Glyphosat mit dem rezenten epidemischen Honigbienensterben ist nach bisherigem Wissensstand sehr unwahrscheinlich.

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Der Median liegt unter 50 ha; die wenigen sehr großen Schutzgebiete im Wattenmeer und an der Müritz verzerren die Mittelwerte nach oben.

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Etwa die Hälfte (knapp 262 000 km²) entfällt auf Alaska.

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ProtectedPlanet; siehe die Management Categories, Kategorie I fehlt; der Vergleich USA.

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Diese These ist die Megaherbivorentheorie (nach einem ihrer Urheber auch: Vera-Hypothese). Nach der starken Form der Megaherbivorentheorie war Deutschland nacheiszeitlich und vor Beginn der Landwirtschaft entgegen dem älteren Lehrbuchwissen kein reines Waldland, sondern eine parkartige Landschaft, weil die Großtierfauna keinen zusammenhängenden Wald zugelassen habe. Die Polleninventare und daraus entwickelte Modelle stützen die Theorie in dieser starken Form nicht, zudem unterscheiden sich die Pollen aus dem megaherbivorenfreien holozänen Irland nicht von denen des restlichen kühl-gemäßigten, atlantisch beeinflussten Europa, was einen wesentlichen Einfluss der Großtierfauna ausschließt. Für einen drastischen Einfluss von großen Herbivoren in natürlicher Verbreitungsdichte auf die Vegetation sind mir aus der heutigen Welt auch keine Beispiele bekannt. Der afrikanische Waldelefant lebt im dichten Wald. Es gibt in Europa (Polen-Weißrussland) heute einen Wald mit Rindern und Pferden nebst Elchen, wo sich das Exempel in ähnlichem Klima wie bei uns studieren lässt (Białowieża-Urwald). Dieser Wald ist eben das, ein Wald (bis auf die Stellen, wo um die Dörfer, am Fluss und für Besucher gerodet wurde). Die Serengeti, die Anhänger der Theorie gern anführen, ist eine Savanne, weil es dort trocken ist, nicht wegen der Herbivoren. Der asiatische Elefant lebt überall da im Wald, wo klimatisch welcher wächst und der Mensch ihn stehen gelassen hat. Zudem geht es im posteiszeitlichen Mitteleuropa um kleinere Herbivoren als Elefanten (doch sogar für die vorherige Warmzeit, als es Elefantenartige, Nashörner und dgl. noch gab, zeigen die Pollen sehr viel Wald an. An den Ausläufern des eurasischen Steppengürtels in Tschechien/Ungarn, in Teilen des Mittelmeerraums und nördlich des schwarzen Meeres ist tatsächlich Waldsteppe, also parkartige Landschaft, die natürliche Vegetation. Diese Regionen waren posteiszeitlich nie zugewachsen, weil es da trockener ist als im größten Teil Deutschlands. - Die Megaherbivorentheorie in ihrer schwachen Form ist konsistent mit den Daten, unterscheidet sich aber wenig vom (alten) Forschungskonsens, wonach Deutschland posteiszeitlich vor den menschlichen Rodungen bewaldet war. Sie betont lediglich, dass es in West- und Mitteleuropa viele Lichtungen und lichte Stellen im Wald gegeben habe, vermutlich auch Trampelpfade/Schneisen durch Tierwanderungen. Die Polleninventare zeigen tatsächlich sehr viele lichtliebende (Waldrand-)Baumarten und in geringem Umfang Gräser und Wiesenkräuter. In einem Naturwald werden allein schon Waldbrände, Schädlinge, Windwurf und dergleichen regelmäßig für örtliche "Waldsterben" sorgen, so dass es große Lichtungen gibt; die zahlreichen herumstehenden, den Alterstod gestorbenen Bäume sorgen auch mitten im Wald für lichte Stellen im Kronendach. Möglich wäre auch, dass der mittelsteinzeitliche Mensch gezielt Feuer gelegt hat, um die Vegetation in seinem Sinne zu beeinflussen (Vermehrung des in den Polleninventaren auffällig häufigen Hasel). An sandigen, windexponierten Stellen kann daraus dauerhaft Offenland entstanden sein. Dass Deutschland in den Kaltzeiten Steppenvegetation hatte, bei wesentlich kälteren und trockeneren Bedingungen, war nie umstritten; es geht um die Lage im Holozän.

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Die Polleninventare aus der stabilen nacheiszeitlichen Phase sind im heutigen Deutschland dominiert von Laubbäumen (auf Sand selten Kiefern), sogar im relativ trockenen Osten, bis auf die Areale von Marsch- und Dünenvegetation an den Küsten. Die Pollen der Offenlandspezies wurden erst mit der Landwirtschaft häufiger, aber noch kaum mit der ersten Landwirtschaft der Jungsteinzeit, denn die Linearbandkeramiker waren wenige, hielten sich an das nach der Eiszeit (Löss) hochfruchtbare Land nahe der Flüsse und betrieben Wanderfeldwirtschaft. Verlassene Flächen (gerodete Ackerfläche und die für Bauholz und Brandholz gerodete weitere Umgebung des Langhauses) wuchsen wieder mit Wald zu, (eine Demonstration). Schweine und Rinder wurden zum Weiden in den Wald geschickt und benahmen sich dort nicht anders als die Wildformen der gleichen Spezies. Regionale Heidebildungen auf schlechten Böden durch starke Beweidung sind ab der Kupfersteinzeit nachweisbar, auch diese Heiden wuchsen aber immer wieder mit Wald zu. Eine deutliches Mehr an Wiesenpollen gab es erst in der Kupferstein- und Bronzezeit (die Metallbearbeitung und der Bergbau verlangten nach Holz; vermutlich Einwanderung von Steppenpastoralisten aus dem Osten,), ja, teils erst ab der Eisenzeit (Sensen machten Heumahd möglich). Dennoch war der nichtrömische Teil Germaniens noch in der römischen Eisenzeit waldreicher als heute. (Der römische Teil an Rhein. Main und Mosel war dagegen waldärmer als heute.) Mehrheitlich Offenland in Deutschland gab es erst nach den Rodungen des Mittelalters. Glatthafer, das heutige Wiesen-Weide-Standardgras, breitete sich erst in der Neuzeit so stark aus. Der um 1900 vorgefundene Zustand mit riesigen kargen Heidelandschaften und weit überwiegend Wiesen, Weiden und Feldern ist ein rezentes Phänomen des letzten Milleniums, teils sogar des 18. und 19. Jahrhundert, so wie unsere Fähigkeit, karg gewordene Böden wieder fruchtbar zu machen, ein Phänomen des letzten Jahrhunderts ist. Eine Bewertung von Landschaften ist damit nicht verbunden. Man darf aber ruhig zugeben, dass es Offenland samt der spezialisierten Fauna und Flora heute hier sehr viel weniger gäbe, ohne den Umbau der Landschaft durch und für den Menschen.

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Beispiele: Truppenübungsplatz Senne (12 000 Hektar, 1150 Schmetterlingsarten), "Hotspot der Artenvielfalt in NRW"; Rheinmetall-Materialerprobungszentrum Unterlüß (5400 Hektar, 1120 Schmetterlingsarten); Truppenübungsplatz Münsingen: 6500 Hektar, ob der nach Rückzug der Bundeswehr für Münsingen zuständige NABU die Brände und Erdwühlarbeiten weiterführt, ist zu bezweifeln; Truppenübungsplatz Rhön. Ich würde vermuten, dass ein Teil der hochgelobten Insekten-Artenschutzwirkung der Truppenübungsplätze auch damit zu tun hat, dass diese "Plätze" erstens um eine Hundertpotenz größer sind als typische Naturschutzgebiete und dass sie zweitens von vornherein auf eher magerem, schlechtem Boden (= höherer Artenreichtum) errichtet wurden. Betreffs Bodenbrütern würde ich vermuten, dass die Abwesenheit von Katzen und Hunden eine Rolle spielt.

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Es gab soweit mir bekannt nie einen systematischen Vergleich der vielfach verordneten Maßnahme "Streuobstwiese" oder Typen von Streuobstwiesen mit Alternativen. In dieser Studie, die verschiedene Typen von (alten) Streuobstwiesen vergleicht, hatten die nicht mehr gepflegten, in der Verbuschung begriffenen Streuobstwiesen bei zwei der drei getesteten Fluiginsektengruppen gleich hohe, bei der dritten einer höhere Diversität als die gemanagten (gemähten oder beweideten) Streuobstwiesen. Evaluationen von "Maßnahmen", so es sie überhaupt gibt, kommen bei Konversionen von einem seminatürlichen Habitat zu einem anderen (das ist die Realität, siehe auch folgende Fußnote) meist ohne die methodisch zwingende "Vorher"-Messung aus. Erfolg meldet man, wenn z. B. im Jahr 5 der Maßnahme mehr Biodiversität festzustellen ist als in Jahr 2, was nach einer Disruption kein Wunder ist. Beispiele finden sich z.B. in der EU-Publikation über geförderte Wiesen-Projekte LIFE and Europe's Grasslands (Brüssel, 2008). Beispiel aus Rheinland-Pfalz: "Bushes and thickets were removed from over 76 h of grasslands", dies 2002, Evaluation: "An inventory of species was compiled in 2003 and 2006", mit etwas besseren Werten bei der zweiten Messung, die sich auch auf Erholung und Neubesiedelung nach Disruption zurückführen lassen können (von Zufallseffekten bei stark von Jahr zu Jahr fluktuierenden Spezies wie Insekten ganz abgesehen). Anderswo in der Publikation werden als Erfolge von EU-Wiesen-Naturschutz-Projekten gar statt biologischer Effekte die Vergrößerung des nutzbaren Landes umliegender Höfe, die Anlage neuer Bauernhöfe, geschaffene Schäferarbeitsplätze und mehr Spaziergänger ( "Mikrotourismus") vermeldet, für diese Erfolge wurde Kiefernwald auf Sand gerodet (Dänemark), "Buschwerk" (Belgien) oder "Dickichte und hohe Kräuter" (Slowenien) beseitigt. Eigene Beobachtung: Eine "ungepflegte" Fläche mit etwas Verbuschung, viel offener Erde und unordentlichen Kleingärten wurden nach Beseitigung bestehender Strukturen in eine neue Streuobstwiese umgewandelt (dichtes, grünes, kurzes Gras, junge Obstbäume). Die zuvor nicht insektenarme Fläche war jahrelang außerhalb der Obstblüte praktisch bar oberirdischen makroskopischen Lebens außer jenen Vögeln, die Regenwürmer fressen. Hier wäre nichts tun die fluginsektenschützerisch überlegene Maßnahme gewesen, selbst Verbuschung wäre besser.

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Eine vermutlich repräsentative Auswahl (Durchgang der ersten drei Seiten Suchergebnisse mit Suchbegriff "Streuobstwiese angelegt", ohne Doppelungen): Zwei konvertierte Äcker kommen auf eine überwiegende Mehrheit konvertierter anderer Grün- und Brachflächen, entsiegelt wurde kein einziges Mal. Im einzelnen war die vorherige Nutzung: Parkareal ;Koppel; Landschaftsgarten/Parkareal; Wiese; Pferdekoppel; "gemeindeeigenes Grundstück"; Parkareal; Acker; Acker(hier ist unklar, ob der Acker nicht schon zuvor brach lag); ungenutztes städtisches Grüngrundstück, verm. Wiese, zum Insektenschutz wird teils "aufgeforstet" (!), teils die Streuobstwiese angelegt; ungenutztes Grüngrundstück, vermu. Wiese, in Landesbesitz; ungenutzte Fläche (verm. teilverbuschtes Gelände) an Bach; ungenutzte Fläche in der Nähe eines Teiches; ungenutztes Grundstück im Siedlungs-Außenbereich, verm. Wiese/Brache; unklar, verm. Wiese; Außengelände eines ehemaligen Kindergartens (d.h. strukturreiches Areal mit Sandflächen wird zerstört); Wiese/Brache (?).

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Effect of conservation management on bees and insect-pollinated grassland plantcommunities in three European countries (kein Effekt der Maßnahme in Ungarn und den Niederlanden, deutlicher Effekt in der Schweiz, hauptsächlich Generalisten/häufige Spezies); detaillierte Detailstudie zu den Niederlanden ("Agri-environment schemes do not effectively protect biodiversity in Dutch agricultural landscapes"), Forschungsüberblick: "In all countries, agrienvironmental schemes had marginal to moderate positive effects on biodiversity. However, uncommon species benefitted in only two of the five countries, and species listed in Red Data Books rarely benefitted. Scheme objectives may need to differentiate between the biodiversity of common species that can be enhanced by relatively simple modifications in farming practices and diversity and abundance of endangered species which require more elaborate conservation measures.". Der stärkste Effekt in beiden Überblicksstudien ist nicht der von Maßnahmen, sondern der regionaler Unterschiede, möglicherweise verursacht durch Unterschiede in der Besiedelungsdichte und Nutzungsintensität. Am schlechtesten schneiden durchweg bei allen getesteten Speziesgruppen und Methoden die Niederlande ab, gefolgt von (Mitte-West-)Deutschland. Die Wirkung von Maßnahmen innerhalb der Agrarfläche ist abhängig von der (wichtigeren) Präsenz seminatürlicher Flächen in der Nähe: Tiere können nur in die verbesserte Agrarflächen einwandern oder sich dort zeigen, wenn überhaupt noch welche in der Umgebung vorhanden sind, in den Niederlanden ist das offenbar regelmäßig nicht mehr der Fall.

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"Our results indicate that considerable gains in biodiversity require roughly proportionate reductions in yield in highly productive agricultural systems." (Food production vs. biodiversity: comparing organicand conventional agriculture); der Effekt ist am stärksten, wo es für die Welternährung am wichtigsten ist: beim Getreideanbau, Forschungsüberblick (= doi:10.1038/nature11069; siehe Abbildung 1).

40

The effects of organic agriculture on biodiversity and abundance: a meta-analysis und siehe vorvorherige Fußnote. Ein Teil des gemessenen positiven Effekts von Biomethoden auf die Artenvielfalt auf dem Hof beruht auf der Tatsache, dass Biohöfe häufiger als andere Höfe an seminatürliche, strukturreiche Umgebung angrenzen, von der aus Fauna dann einwandern oder zu Besuchen vorbeikommen kann, dazu auch Indicators for biodiversity in agricultural landscapes: a pan-European study (Der Artenreichtum auf Agrarland steigt proportional zur Menge der seminatürlichen Flächen in der Umgebung.)

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Zum einen können auf dem Acker ausgebrachte Insektizide durch Wind oder unsauberes Arbeiten in die Blühfläche gelangen. Zum anderen unternehmen Schmetterlinge und Libellen von blütenreichen Ackerrandstreifen aus ständig Flüge ins Feld und sitzen dort auch (eigene Beobachtung). Ob das ausreicht, um die Tiere zu beeinträchtigen, vermag ich nicht zu sagen, aber das müsste bedacht und geprüft werden, bevor man noch mehr Blühstreifen anlegt.

42

Die Problematik betreffs der Fortpflanzung wird hier diskutiert; es geht hier hauptsächlich um feldbewohnende Käfer, ein direkter Vergleich wird mit dem Weizenfeld vorgenommen, für die Bestäuberspezies wäre ein Vergleich der Fortpflanzungsmöglichkeiten mit dem vor Existenz des Blühstreifens genutzten Habitat relevant.

43

"Part of the explanation could therefore be that the protected areas (serving as insect sources) are affected and drained by the agricultural fields in the broader surroundings (serving as sinks or even as ecological traps)." (PLOS)

44

Überblick über Studien aus GB; die meistzitierte, auch am ehesten methodisch vergleichbare; eine Bestandserhebung an Heuschreckenartigen auf geschützten deutschen Grünlandflächen fand einen Rückgang der Individuenzahlen gegenüber Zählungen aus den 50er und 60er Jahren um 70 %; besser allerdings erging es den im gleichen Projekt gezählten Wanzen, die hatten zugenommen; auf S. 12 dieser Dissertation findet sich eine Zusammenstellung europäischer Langzeitstudien, Bienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen zeigen durchweg Abnahmen. In den Niederlanden fand sich ein 80%iger Rückgang bei Schmetterlingen binnen eines Jahrhunderts (Maße nicht direkt mit der Krefelder Studie vergleichbar). Im Großen Walsertal - mit relativ hohem Anteil ursprünglicher, schwer zugänglicher Areale - nahm allerdings die Artenzahl von Schmetterlingen in jüngster Zeit im Vergleich mit dem geamten 20. Jahrhundert erheblich zu (gegen den generellen Trend). Der weltweite Studienüberblick von Sánchez-Bayo und Wyckhuys ("Worldwide decline of the entomofauna") wurde zu recht von Fachkollegen als methodisch problematisch kritisiert).

45

Zitat Studie: "In light of previously suggested driving mechanisms, our analysis renders two of the prime suspects, i.e. landscape [9, 18, 20] and climate change [15, 18, 21, 37], as unlikely explanatory factors for this major decline in aerial insect biomass in the investigated protected areas." Auch die Überdüngung (als Kovariate "nitrogen" oder "Ellenberg nitrogen" und über die Pflanzendiversität mitgetestet) war kein negativer Faktor, bei stärker nitrathaltigen Flächen in der Umgebung (die sich nicht vermehrten) gab es sogar mehr, nicht weniger Insekten (Tabelle 4). Das heißt nicht, dass diese Faktoren nicht anderswo oder indirekt doch eine Rolle spielen; in der Studie konnte aber für die getesteten Flächen innerhalb der 30 Studienjahre kein Zusammenhang gefunden werden.

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Indicators for biodiversity in agricultural landscapes: a pan-European study: "Our results suggest that to halt the loss of biodiversity in these [agricultural] landscapes, it is important to preserve and, if possible, increase the area of semi-natural habitat" (verschiedene Speziesgruppen, darunter Bienen, Schwebfliegen, Wanzen und Laufkäfer).
Landscape context of organic and conventional farms: Influences on carabid beetle diversity : "It was concluded that landscape features [hier konkret: seminatürliches Offenland in der Umgebung der Höfe, getestete Spezies-Gruppe waren Laufkäfer] were much more important than organic farming management for enhancement of local biodiversity and should thus be considered in agri-environment schemes."

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Empirischen Studien ergeben generell meist, dass eine räumliche Trennung zwischen dann möglichst intensiv betriebener Landwirtschaft und größeren, dezidierten Schutzflächen dem Versuch überlegen ist, Wildtierhabitate innerhalb der landwirtschaftlichen Fläche zu erhalten bzw. die Landwirtschaft biodiversitätsfreundlich zu gestalten. Die meisten dieser Studien stammen jedoch aus Landschaften mit anderen Ausgangssituationen als bei uns (einige Ausnahmen wurden oben schon zitiert, wie Food production vs. biodiversity: comparing organicand conventional agriculture; Indicators for biodiversity in agricultural landscapes: a pan-European study; Landscape context of organic and conventional farms: Influences on carabid beetle diversity ), und die Übertragbarkeit ist unsicher. Kritische Betrachtung bei von Wehrden et al., 2014; Zu gesäten Blühflächen in intensiver Landwirtschaft findet eine (aufwändige) Studie, dass vor allem größere zusammenhängende Blühflächen (1 ha), also nicht schmale Streifen, den Reproduktionserfolg von Hummeln erhöhen.

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Die Problematik der Flächenkonkurrenz illustriert dieser Abschnitt aus einer Lokalzeitung: "Etwas mehr Natur hätten die Ringenberger Jäger auch auf einer weiteren Fläche auf dem Weg zur Streuobstwiese entwickelt, erklärt Hasenwinkel … und zeigt auf eine zugewucherte Fläche am Wegesrand. Hier wollten die Jäger Wildkräuter anpflanzen. Doch die Bürokratie setzte da einen Riegel vor. Die Fläche sei eine Ausgleichsfläche für den Straßenbau, hieß es beim Kreis. Jetzt wachsen dort Schilfrohre vor sich hin."

49

Truppenübungsplätze, Orte mit regelmäßigen Feuern, sind artenreich.

50

FAZ; Zur Renaturierung der Nidda: "Das Forscherteam fand frühere Beobachtungen bestätigt, dass von Gewässerrenaturierungen, die bisher als der Königsweg zum guten ökologischen Zustand galten, oft nur in Ufernähe lebende Organismen profitieren, kaum jedoch die im Gewässer selbst lebenden Wasserpflanzen, Fische und vor allem Wirbellose."; ich möchte ergänzen, dass es Libellen und Amphibien gerade am kanalisierten Teil der Frankfurter Nidda blendend geht und dass ich auch Fische (nicht nur von Anglern eingesetzte Arten) in erster Linie im kanalisierten Teil und im Bereich der Mündung beobachte. An der renaturierten Stelle am alten Höchster Wehr tummeln sich an jedem auch nur halbwegs warmen Tag so viele Menschen und Hunde im Flussbett, dass die Funktion der Kiesbank als Laichplatz vermutlich ausfällt. Die Nidda hat übrigens an der einzigen Messstelle (kurz vor der Mündung und unmittelbar an einem stinkenden Zufluss) gute Wasserqualität nach den 1980 üblichen Standards, wie auch der Main. Wie im verlinkten Artikel zu sehen, wurden die Standards inzwischen hochgesetzt bzw. andere Schwerpunkte gesetzt.

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Was für Schmetterlinge gilt, trifft vermutlich auch für einige andere Insektengruppen (Wildbienen etwa) zu; Schmetterlinge sind im Feld leicht zu beobachten und zu bestimmen; daher konzentrieren sich Bestandserhebungen oft auf sie; siehe dazu auch diverse Vorträge von W. Kunz.

53

Größtenteils kahle Lorelei und Umgebung 1817; die gleiche Stelle heute; waldarme Taunusansicht von 1890 (nicht mehr der extremste Stand, der Anfang des 19. Jahrhundert erreicht war).

54

Der Text trieft vor ignorantem Paternalismus gegenüber Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Subsistenzwirtschaft verdienen müssen und dabei wesentlich geringere ökologische Fußabdrücke hinterlassen als die "Öko"-Touristen, mit deren Hilfe der Wald erhalten werden soll.

55

Typisches Beispiel aus dem deutschen Artenschutz-Alltag, hier mit einem methodisch gut gemachten Monitoring. Die treue Umsorgung eines ökologisch unbedeutenden, aber streng geschützten Ackerbegleitgrases (gestern noch bekämpfter Getreideverunreiniger) durch die Untere Naturschutzbehörde und die Bürgerinitiativen in dem Fall hat teils schon satirischen Charakter. Noch vor Baubeginn auf der auszugleichenden Fläche stellte sich dann heraus, dass die Dicke Trespe, von der einzelne Halme 2009 gefunden worden waren (das bedeutete: Bauverbot), inzwischen dort gar nicht mehr vorhanden war. Eigentlich müsste man, nähme man es mit dem Schutz der Dicken Trespe ernst, auch vor Anlage eines Blühstreifens jedesmal einen Spezialisten prüfen lassen, ob sich unter den wild wachsenden Gräsern am zu nutzenden Ackerrand nicht etwa die Dicke Trespe befindet.

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In den 1970er Jahren hielt man in Deutschland Mülldeponien für ein großes Umweltproblem. In der Folge wurde die Menge an Hausmüll, die auf deutschen Deponien landet, auf nur noch 0,2 % des anfallenden Mülls reduziert.

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Für die Lagerung von Mist u. ä. gibt es heute Vorschriften, die dem Grundwasserschutz und der Vermeidung von Geruchsbelästigung dienen sollen, aber wenig erfreulich für zahlreiche mistliebende Fluginsekten sein dürften, wie etwa mehrere Spezies von großen bienenähnlichen Schwebfliegen, die im Volksmund "Mistbiene" genannt wurden (reine Nützlinge übrigens). Wie Mistlagerung heute aussieht, sieht man in der folgenden amtlichen Erläuterung in der Bildreihe in Abschnitt 5.

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Die Farbe der Räder spielt offenbar eine Rolle.

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An stark befahrenen Straßen gibt es weniger Fluginsekten als an wenig befahrenen (auch bei Kontrolle der Faktoren Umgebungslandnutzung und Straßenbreite).

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