Islamisten in Somalia vor dem Durchbruch
Regierung bittet in einem Notruf um sofortige Militärhilfe
Während vor der Küste Somalias Kriegsschiffe vieler Staaten Jagd auf Piraten machen, verfällt das Land immer stärker in den Bürgerkrieg und scheinen die islamistischen Milizen die Übergangsregierung zu vertreiben. Große Teile des Landes werden schon von den Islamisten, allen voran von al-Shabab kontrolliert. Schon länger macht man sich in Europa und den USA Gedanken, nicht nur die Piraten auf See zu bekämpfen, sondern auch in Somalia einzumarschieren (Somalia: ein zweites Afghanistan?).
Seit Wochen wird in der Hauptstadt Mogadischu gekämpft (Somalia: Regierung kämpft auf verlorenem Posten). Über 100.000 Menschen sind seit Anfang Mai aus der Stadt geflohen. Erst vor wenigen Tagen haben die Rebellen von al.Shabab, die mit der islamistischen Miliz Hizbul Islam eine Allianz geschlossen hat, ein drittes Regierungsmitglied getötet.
Am Samstag bat der Sprecher des Übergangsparlaments in einem dringlichen Appell vor allem die benachbarten Länder Kenia, Äthiopien, Jemen und Dschibuti, der somalischen Regierung zur Hilfe zu kommen und innerhalb von 24 Stunden Truppen zu senden. Letztlich kontrolliert die Übergangsregierung nur noch Teile der Hauptstadt; die 4.300 Soldaten der Afrikanischen Union, die sich im Rahmen der UN-Friedensmission Amisom im Land befinden, stellen keinen ausreichenden Schutz dar. Er warnte, dass die islamistischen Milizen kurz davor seien, die Hauptstadt ganz einzunehmen und die Übergangsregierung zu stürzen. Nach Gerüchten soll an der Spitze der islamistischen Kämpfer ein al-Qaida-Mitglied aus Pakistan stehen.
Angeblich haben die ersten äthiopischen Soldaten am Sonntag wieder die Grenze überschritten. Allerdings widersprach dem die äthiopische Regierung später am Sonntag und erklärte, dass dafür eine internationale Mission notwendig sei.
Äthiopien hatte im Auftrag der Bush-Regierung bereits 2006 in Somalia eingegriffen und damals die beherrschende Gruppe Union Islamische Gerichte bekämpft, die weite Gebiete des Landes kontrollierten (in der Zeit war die Piraterie übrigens zurück gegangen). Die US-Regierung fürchtete, dass das Land in die Hand von Islamisten und al-Qaida fallen könnte, und griff auch mit Luftangriffen ein. Die äthiopischen Soldaten waren bis Anfang 2009 in Somalia und sicherten die Existenz der international anerkannten Übergangsregierung, die aber im Land wenig Einfluss hat. Während Sharif Sheikh Ahmed, der ehemalige Führer der Union, Ende 2008 zum Präsidenten Somalias ernannt wurde, den Abzug der Äthiopier veranlasste, eine nationale Versöhnung einleiten wollte und dazu auch die Scharia einführte, hatte sich die Jugendbewegung al-Shabab schon bald von der ihr zu gemäßigten Union abgespalten und sich weiter radikalisiert.
Sheik Hassan Dahir Aweys, der Chef der Hizbul Islam, warnt, dass alle Soldaten, die zur Hilfe der Übergangsregierung ins Land geschickt werden, bekämpft würden. Die Islamisten, die die Hafenstadt Kismayo im Süden Somalias schon geraume Zeit kontrollieren, haben Kenia davor gewarnt, in den Konflikt einzugreifen. Kenia hat offenbar Kriegsschiffe an der Grenze zur somalischen Küste gebracht. Man werde Gebäude in Nairobi angreifen, warnte man.
Nach Kenia sind bereits hunderttausende Flüchtlinge aus Somalia geflohen. Allein im völlig überfüllten Flüchtlingslager Dadaab, einem der größten der Welt, leben 280.000 Somalier. Jeden Monat sollen um die 7.000 Menschen nach Kenia fliehen, obgleich die Grenze seit 2007 geschlossen ist. Auch an der Grenze zu Kenia wächst die Menge der Flüchtlinge. Nach Angaben der der UN benötigen 3 Millionen Menschen in Somalia Hilfe.