Ist China auch bei der Raumfahrt auf der Überholspur?

Seite 2: Rüstung und Dual Use

Eine Weltraumfahrt-Umschau ist nicht vollständig, wenn nicht auch Rüstungsprojekte und Projekte benannt werden, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken (Dual-Use) dienen können. Das Reich der Mitte ist schon seit Längerem führend in abhörsicherer Quantenkommunikation.

Nachdem Peking letztes Jahr einen Quantensatelliten in eine niedrige Umlaufbahn (500 km Höhe) gestartet hatte, geht es jetzt in mittlere Höhen (etwa 10.000 km über der Erdoberfläche). Die neue Plattform, die dieser fliegende Computer an Bord hat, soll gewährleisten, dass die exotischen, für die Kommunikation benötigten Quantenverschränkungen über diese doch ziemlich gewaltige Entfernung aufrechterhalten und ausgelesen werden können.

Nach 276 Tagen im All kehrte im Mai 2023 Chinas Mini-Raumgleiter zurück. Heise Wissen berichtete seinerzeit, dass der Flieger "in der Erdumlaufbahn nicht nur einen Satelliten platziert, sondern ihn wieder eingefangen und Wochen später wohl erneut ausgesetzt" hat.

Details zu dieser Mission sind nicht bekannt. Klar ist nur, dass der Gleiter wie ein Flugzeug in Kosmodrom Jiuquan gelandet ist – genau wie der US-amerikanische Mini-Raumgleiter X-37 und früher die US-Space Shuttles.

Die Zukunft

Weiterentwickelte Schwerlastraketen anderer Bauart sollen schon ab 2027 Nutzlasten von bis zu 70 Tonnen Gewicht in erdnahe Umlaufbahnen befördern können. Als Zeitpunkt für den ersten Start einer bemannten chinesischen Mondmission wird weiterhin das Jahr 2030 avisiert.

Allerdings soll dazu zunächst noch nicht die superschwere "Langer Marsch-9" genutzt werden, sondern zwei "Langer Marsch-10" Modelle, auf die die Nutzlasten dann verteilt würden. Denn die Inbetriebnahme der "Langer Marsch – 9" wurde auf 2035 verschoben.

Deren Antrieb soll mit Methan befeuert werden, was das Recycling der Bauteile leichter macht, da Methan vergleichsweise sauber abbrennt. Im Juli 2023 startete China seine erste mittelschwere Rakete, die Methan und Flüssigsauerstoff in den Tanks hatte.

Spannend ist auch eine gemeinsame Untersuchung von zehn chinesischen WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Instituten, die eine Neptun–Mission vorschlagen. Sie analysieren verschiedene technische Hürden für ein solches Forschungsprojekt und befürworten eine nuklear betriebene, thermoelektrische Stromquelle für eine solche Sonde.

Untersucht werden soll auch der Neptunmond Triton. Bisher ist nur Voyager 2 an diesem ziemlich weit entfernten Planeten und seinen Monden vorbeigeflogen, und das war im Jahr 1989.

Die fernere Zukunft nimmt eine "vorläufige" Space Road Map für 2100" in den Blick. In dem Konzept geht es um einen systematischen Ansatz, der "darauf abzielt, Wassereis und mineralische Ressourcen im Sonnensystem bis 2100 wirtschaftlich zu erforschen, abzubauen und zu nutzen".

Vorgesehen ist etwa, Lagrange-Punkte für ein Netz von Relaisstationen zu nutzen und solch es schrittweise zu erweitern.

Um kommerziell bestehen zu können, sollen Infrastrukturen wie Transportrouten, extraterrestrischer Bergbau und Verarbeitungsstationen aufgebaut werden. Ob Weltraumbergbau allerdings jemals preiswert genug wird, um den Bedarf auf der Erde zu angemessenen Preisen zu decken, muss allerdings stark bezweifelt werden.