Italien: Weltausstellungskorruption

Ein neuer Skandal könnte das Movimento 5 Stelle bei der Europawahl zur stärksten Partei machen

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Bei Weltausstellungen fließen große Mengen Steuergeld - nicht nur vom Gastgeberland, sondern auch aus den Teilnehmerländern. In Mailand, wo die Weltausstellung 2015 stattfindet, sind es 2,3 Milliarden Euro. Alleine die Bundesrepublik Deutschland zahlt davon 48 Millionen Euro.

Ein großer Teil dieses Geldes geht an Bauunternehmer. Dass dabei - vorsichtig formuliert - nicht immer die besten zum Zuge kommen, zeigen bereits bezahlte Bauleistungen, die nur teilweise oder gar nicht existieren. Mehrere der in Mailand geplanten Bauten werden deshalb wahrscheinlich nicht rechtzeitig zur Expo 2015 fertig.

Letzte Woche kam durch Ermittlungen der (aus dem Ruby-Prozess gegen Silvio Berlusconi italienweit bekannten) Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini heraus, dass sich Bauunternehmer, die sich bei der öffentlichen Vergabe nicht auf ihre Wettbewerbsfähigkeit verlassen wollte, an drei Politiker wenden konnten, die in der sozialdemokratischen Regierungspartei PD und der konservativen Konkurrenz Forza Italia bestens vernetzt sind. Einer davon, der Sozialdemokrat Primo Greganti, stand 1993 schon einmal wegen Korruption vor Gericht.

Nach insgesamt 80 Hausdurchsuchungen in Mailand und mehreren anderen Städten sitzt Greganti nun ebenso wie der ehemalige Forza-Italia-Senator Luigi Grillo, der prominente Christdemokrat Gianstefano Frigerio und der Expo-Betreibergesellschaftsmanager Angelo Paris, seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Einen hohen Beamten stellte Boccassini unter Hausarrest.

Beppe Grillo. Foto: Niccolò Caranti. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Medien- und Stimmungsberichte deuten darauf hin, dass Affäre dazu führen könnte, dass viele Anhänger der Berlusconi-Partei Forza Italia und der sozialdemokratischen PD bei der Europwahl am 25. Mai aus Frustration über ein anscheinend reformunfähiges politisches System zuhause bleiben oder Beppe Grillos Reformbewegung 5 Sterne wählen könnten, die Großprojekte wie die Expo schon lange vor dem Skandal als Geldverschwendung brandmarkte.

In den letzten Umfragen vom 9. Mai liegt "M5S" mit 22 bis 26,4 Prozent auf Platz 2 noch hinter den Sozialdemokraten von Ministerpräsident Matteo Renzi, die zwischen gut 30 und knapp 35 Prozent gemessen werden. Berlusconis Forza Italia belegt mit 16,3 bis 20.9 Prozent Platz drei. Chancen auf ein Überspringen der der Vier-Prozent-Sperrklausel haben auch die separatistische Lega Nord (4,5 bis 6,8 Prozent), die mit den Sozialdemokraten koalierende "Neue rechte Mitte" (4,6 bis 7 Prozent Prozent), das liberale Bündnis Scelta Europea (2,1 bis 4,5 Prozent) und die Linksallianz L'Altra Europa (3 bis 6,3 Prozent).

Sollte das Movimento 5 Stelle am 25. Mai deutlich besser abschneiden und stärkste Partei werden, halten Beobachter Neuwahlen auf Landesebene nicht für ausgeschlossen.

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