Italien will keine zusätzlichen F-35-Flugzeuge kaufen
Die Verteidigungsministerin von M5S will die bestehenden Verträge überprüfen und kritisiert die Russlandsanktionen
Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert vor dem anstehenden Nato-Gipfel noch einmal, dass Deutschland bis 2024 die Rüstungsausgaben auf 2 Prozent vom BIP erhöhen wird. Überdies beschwört sie die Notwendigkeit der Nato als "transatlantisches Bündnis", das sich nach der "Annexion" der Krim "wieder stärker auf die Bündnisverteidigung konzentrieren und dafür auch Vorkehrungen treffen" müsse.
Aus Italien hört man hingegen anderes. Gestern hatte Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta von der 5-Sterne-Bewegung (M5S) dem Sender La7 gesagt, dass Italien keine weiteren F-35 Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeuge des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin mehr kaufen werden. 2012 hatte die Vorgängerregierung den Kauf von 90 Flugzeugen (60 F-35A und 30 F-35B) beschlossen, die die alternden Tornados, AV-8B und AMX ersetzen sollen, und damit bereits die ursprünglichen Pläne für den Kauf von 131 bereits heruntergeschraubt. Die Ministerin sagte, man werde prüfen, was man im Hinblick auf die bestehenden Verträge tun könne. Das werde man "ausschließlich im nationalen Interesse" machen.
Dass die neue Regierung, im Gegensatz zu vielen anderen Nato-Ländern, aus den teuren Rüstungsgeschäften aussteigen will, hatte die M5S bereits vor der Regierungsbildung deutlich gemacht. Bei einer Abstimmung hatten sich alle Parteimitglieder für eine Verlagerung der Verteidigung auf Cybersicherheit ausgesprochen. Auch in den USA ist die Produktion der F-35-Flugzeuge - das bislang teuerste Rüstungsprojekt - wegen der hohen, aus dem Ruder laufenden Kosten, die sich auf über 400 Milliarden US-Dollar belaufen sollen, und Mängel umstritten. Als Präsidentschaftskandidat kritisierte auch Donald Trump noch die Entwicklung des Flugzeugs, das er nun preist.
Bei der Ablehnung des Kaufs der F-35-Flugzeuge ging es M5S nicht nur um die Kosten, die auf 14 Milliarden Euro geschätzt werden, sondern auch darum, wie die Abgeordnete Tatiana Basilio schon 2017 erklärte, "dass wir uns in die Hände der USA geben. Die ganze Software gehört Lockheed Martin und wir werden niemals etwas zu sagen haben, während alle unsere Piloten und die Techniker in den USA ausgebildet werden müssen." Italien hätte sich für den Eurofighter anstatt für die F-35 entscheiden sollen (Mit der 5-Sterne-Bewegung in einer Regierung könnte sich die Verteidigungspolitik radikal ändern).
Ein Problem für die Verteidigungsministerin ist, dass der F-35-Deal mit der Schaffung von Arbeitsplätzen in Italien verbunden war. Italien ist nicht nur einer von 9 Staaten, die an der Entwicklung des Lockheed Martin F-35 Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug des US-Rüstungskonzerns beteiligt sind. Es ist auch das einzige Land in Europa, wo sie produziert werden. In Cameri (Piemont) werden Flugzeuge in dem FACO-Werk (Final Assembly and Check Out) des Verteidigungsministeriums von Lockheed Martin und dem italienischen Konzern Leonardo (ehemals Finmeccanica) montiert.
Versprochen wurden Tausende von Arbeitsplätzen. Im März waren die ersten 10 Flugzeuge ausgeliefert worden. Die Ministerin verwies darauf, dass die Beendigung des Vertrags sich negativ auf Angestellte des Werks auswirken könne. Und sie sagte, dass es teurer kommen könnte, aus dem Vertrag auszusteigen, als ihn zu erfüllen, was bereits andeutet, dass die reale Welt doch ein wenig komplizierter ist, als die Partei meinte. "Wenn wir an der Regierung wären", hatte die für Verteidigung zuständige Basilio noch letztes Jahr versprochen, "dann hätten wir das Programm bereits beendet." Ende Juni betonte Trenta, man habe viele Fragen zu dem Programm, werde es aber zur Kosteneinsparung und zur Vermeidung anderer Folgen wohl nicht beenden, sondern nur weiter hinausziehen.
Am 26. Juni hatte sich Trenta mit Trumps Sicherheitsberater Bolton getroffen und versichert, Italien halte an den engen Beziehungen zur USA - einem "historischen Verbündeten" - fest und werden auch versuchen, die Rüstungskosten auf 2 Prozent vom BIP zu erhöhen, aber die Beteiligung an den militärischen Missionen müssten dabei auch berücksichtigt werden. Sie schloss sich aber Regierungschef Giuseppe Conte an, der schon das Ende der Russlandsanktionen wegen der Krim gefordert hatte. Man müsse Italiens strategische Interessen berücksichtigen, sagte sie, die Sanktionen hätten den Exporten geschadet: "Wir betrachten die USA als einen Verbündeten, aber wir sehen Russland nicht als Bedrohung, wir sehen als Wirtschaftspartner."
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