Italienische Regierung ordnet Schließung von Restaurants, Bars und Geschäften an
Verunsicherung in Deutschland: Veranstaltungen über 1000 Teilnehmer sind verboten, aber welche Kriterien gelten für die mit 500 Teilnehmern oder weniger?
Die WHO spricht nun von einer Coronavirus-Pandemie. Bei Menschen in 114 Ländern ist eine Covid-19-Infestion bestätigt worden. 114.000 Menschen seien bislang nachgewiesen infiziert worden, fast 4.300 daran gestorben. Während in China die Pandemie zurückgeht und das Land die Einreisekontrollen erhöht hat, - bevor Ausländer Peking betreten dürfen, müssen sie erst 14 Tage in Quarantäne -, steigen die Erkrankungen in Italien ebenso wie Zahl der Toten weiter an. Die Zahl der Erkrankten stieg seit gestern um 2.300 an, was auch an den Tests liegen dürfte, die Toten von 631 auf 827.
Italien greift zu noch massiveren Maßnahmen. Regierungschef Conte hat bereits das ganze Land zum Sperrgebiet erklärt und die Italiener aufgefordert, Zuhause zu bleiben (Quarantäneregeln gelten nun in ganz Italien).
Jetzt ordnete er an, dass alle Restaurants, Bars und Geschäfte bis zum 25. März geschlossen werden müssen. Apotheken und Lebensmittelgeschäfte dürfen weiter offen bleiben, auch Fabriken, allerdings unter Sicherheitsvorkehrungen, nicht wesentliche Abteilungen sollen aber geschlossen werden, Kantinen dann, wenn sie den Sicherheitsabstand von einem Meter nicht garantieren können. Tankstellen, Zeitungshändler, Tabakhändler, Wäschereien und Banken, Post und Versicherungen dürfen auch geöffnet bleiben. Warenlieferungen nach Hause, also der Online-Handel, soll weiterlaufen, ebenso der öffentliche Verkehr. Es ist eine Notstandspolitik im Zeichen der Gesundheit. Alle müssen Opfer bringen, die Gemeinschaft geht über alles. "Wir werden es schaffen", verspricht Conte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte auf der Bundespressekonferenz gestern für Deutschland, es gehe jetzt darum, die Ausbreitung zu verlangsamen, da nach Experten 60-70 Prozent der Bevölkerung langfristig infiziert werden könnten, es aber noch keine Therapie und keinen Impfstoff gibt. Zusammen mit Gesundheitsminister Jens Spahn bereitete sie die Deutschen auf weitere Einschränkungen vor.
Spahn erklärte auf der Pressekonferenz, dass zwar empfohlen werde, alle Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern abzusagen, aber das bedeute nicht, dass alle kleineren Veranstaltungen stattfinden sollen. Es müsse da mit Augenmaß entschieden werden, die Menschen sollten auch selbst entscheiden, wohin sie gehen wollen. Verzicht sei für die nächsten Monate angesagt. Inzwischen gibt es auch einen ersten Fall im Bundestag.
In Bayern sind Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern bis 19. April verboten. Schwieriger ist es bei Veranstaltungen zwischen 500 und 1.000 Teilnehmern. Sie sollten nach Rücksprache mit den Behörden, die eine Risikobewertung vornehmen, abgesagt werden. Veranstaltungen unter 500 Teilnehmern können damit von Staats wegen stattfinden, jeder müsse hier selbst entscheiden, ob er oder sie hingeht oder nicht. Staatliche Theater, Konzertsäle und Opernhäuser wurden geschlossen, der Beginn der Vorlesungszeiten wurde an Hochschulen bis 20. April verschoben. Zwar soll es "einheitliche Bewertungskriterien" für Veranstaltungen unter 1.000 Teilnehmern von der Staatsregierung geben, sie liegen aber noch nicht vor.
München hält sich an die Vorgaben der Staatsregierung. Bis zum 19. April sind auch alle städtischen Bühnen in München geschlossen. Messen sind ebenso betroffen wie der Fridays-for-Future-Großstreik in München, Flohmärkte, Konzerte, das Starkbierfest Nockherberg und der St. Patricks Day.
OB Reiter teilte mit: "Ich danke dem Ministerpräsidenten ausdrücklich für seine Bereitschaft, ein bayernweit einheitliches, abgestimmtes Handeln der Behörden sicherzustellen. Das wird die Akzeptanz für leider unvermeidliche Maßnahmen in der Bevölkerung sicher deutlich erhöhen. Ich verstehe aber auch die Sorgen und Nöte der Veranstalter. Die Stadt prüft deshalb, ob und inwieweit wir hier unterstützen können." Ergebnisse der Prüfung sind noch nicht bekannt. Schulen bleiben ebenso geöffnet wie der Öffentliche Personennahverkehr sowie "kritische Infrastrukturen". Auch die Kommunalwahl wird abgehalten. Die sowieso willkürliche Tausendergrenze wird also flexibel gehandhabt.
Verunsichert bleiben Menschen und auch private Veranstalter. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt München bat der Verband der Münchener Kulturveranstalter (VDMK) um genauere Richtlinien. Man habe wegen der Situation "allergrößter Sorge, was das Überleben unserer vielfältigen Kulturlandschaft in München betrifft". Bei dem Verbot für Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern würden nicht nur "fest eingeplante Umsätze wegbrechen", das betreffe auch die Jobs von mehreren tausend Mitarbeitern der Mitglieder, aber auch Dienstleister, die für Veranstaltungen beauftragt werden.
Der Verband will vom Oberbürgermeister Klarheit, ob Veranstaltungen unter 1.000 Besucher weiterhin durchführbar sind, ob es Beschränkungen für Veranstaltungen von 500 bis 999 Besucher gibt und ob Veranstaltungen unter 500 Besucher grundsätzlich durchgeführt werden können. Man könnte natürlich auch weiter fragen, ob Veranstaltungen mit über 100 oder auch bis zu 100 Teilnehmern prinzipiell durchgeführt werden können. Müssten Restaurants vielleicht Tische herausnehmen, um den Abstand zu vergrößern? Gehen Veranstaltungen, wo zwischen den Besuchern jeweils ein Platz freibleibt? Was ist mit Räumen mit schlechten Klimaanlagen oder schlechter Belüftung? Die Zahlen sind eher magisch, wo räumlicher Abstand gefragt wäre und Vermeiden von Berührungen von Klinken, Klingeln und allen gemeinsam genutzten Objekten:
Gewarnt wird, dass bei längerer Dauer manche Veranstalter pleitegehen könnten, was zu einem "massiven Kahlschlag für das Münchner Kulturleben" führen würde. Gefordert wird finanzielle Unterstützung für die Veranstalter. Und weil diese viele Selbstständige, Saisonkräfte, Studenten und 450-Euro-Mitarbeiter beschäftigen, sollten auch diese, nicht nur Angestellte, Kurzarbeitergeld erhalten können. Interessant ist dabei, dass Hilfen und genaue Regelungen erwartet werden, kreative Vorschläge der Kulturschaffenden fehlen allerdings.
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