Jahresrückblick auf die Niederungen der bayerischen Provinz
Seite 3: 3. Und nun zum Glanzlicht, der Klima-Demo in Regensburg
- Jahresrückblick auf die Niederungen der bayerischen Provinz
- Leuchte Nr. 2: "Die Fürstin"
- 3. Und nun zum Glanzlicht, der Klima-Demo in Regensburg
- Auf einer Seite lesen
In mehreren Artikeln sorgte sich die Regensburger "Mittelbayerische Zeitung" schon im Vorfeld um den korrekten, möglichst behinderungsarmen Ablauf der großen Klima-Demo am 05.07. diesen Jahres, die löblicherweise schon mal Freitags am Nachmittag, also nach der Schulzeit angesetzt war: Können die Touristen noch ihr Hotel betreten? Sind die Autofahrer mit unzumutbaren Behinderungen konfrontiert? Müssen Warenhauskunden gar Umwege in Kauf nehmen?
Erleichtert berichtete man nach der Demo, dass alles weitgehend ohne Störungen abgelaufen sei; die Kommentatorin der Ereignisse zeigte sich geradezu begeistert: "Gut gemacht, liebe Aktivisten!" titelte sie ihre Auslassungen, um erfreut festzuhalten: "Auf Anweisung der Polizei löste sich die Menschenkette pünktlich auf die Minute auf, die Teilnehmer zogen friedlich zum Domplatz. Aus dem dunklen Schatten wurde eine bunte Welle. So müssen Demonstrationen sein."
Dumm wäre nur, wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass die Demonstrant*innen um die Erzeugung eines gehörigen politischen Drucks nicht herumkämen, wenn sie den befugten Repräsentanten von beinharten machtpolitischen und ökonomischen Interessen, die aus jenen den Klimawandel befördernden Aktivitäten Nutzen, gar Profit ziehen, ernsthaft auf die Zehen steigen wollten. Demos, die nicht ein "Weiter so!" aufkündigen wollen, die niemanden an etwas zu hindern beabsichtigen, keine politische Kampfansage an eine bestimmte Politik oder die dazu gehörigen ökonomischen Machtverhältnisse beinhalten, bewirken so viel wie beispielsweise betriebliche Streiks, die nach der Arbeitszeit stattfinden, damit der Arbeitgeber sich dadurch nicht unnötig gestört fühlt.
Das aber ist auch das einzige Level an Kritik, das die offizielle bürgerliche "Zivilgesellschaft" und ihr Staat im Rahmen seiner selbstbegeistert gefeierten "marktkonformen" Demokratie den Kritikern konfliktfrei und kampflos zugesteht: Vorsichtig aufmerksam machen darf man schon; dann aber hat man die Behandlung des anerkannten "Problems" wieder den "Experten" (FDP-Lindner für viele) zu überlassen, die genau wissen, welche "Sachzwänge" berücksichtigt werden müssen, damit der Klimaschutz ja nicht "zu radikal" gesehen oder gar "absolut" gesetzt wird.
Nicht ohne Grund fühlt sich die deutsche Wirtschaft schon vom minimalen "Klima-Paket" der Bundesregierung über Gebühr belastet. An der Berücksichtigung der maßgeblichen Interessen an Gewinnsteigerung, Exporterfolg und einer international konkurrenzfähigen, "prosperierenden Wirtschaft", also von permanentem Kapitalwachstum, wird politischerseits stets alles relativiert, weswegen von der Finanzkrise über die Wohnungsnot bis zum Klimawandel die stattgehabten bis zu erwartenden "Reformen" sich i.d.R. auf ein "Wir machen genauso weiter, aber ein wenig anders" beschränken.
Gut zu beobachten übrigens an den aktuellen Ausnahmen vom EU-Klimaschutzprogramm: Ausgerechnet dem unsicheren Kantonisten Polen, der gerne die Fördermittel der EU nimmt, sich aber militärisch am liebsten mit Trumps USA verbandeln würde, werden energiepolitische Sonderregelungen zugestanden - damit einer nationalkatholischen, rechtspopulistischen Regierung, die immerhin die größte Braunkohlendreckschleuder der Welt in Belchatów unterstützt, die allein mehr klimaschädliche Gase ausstößt als die Länder Slowakei und Irland.
Auch der Madrider Gipfel ging weitgehend ergebnislos zu Ende: Die Staaten der Welt, die ihren mit überbordenden Schulden, mäßigen produktiven Investitionen und negativen Zinsen belasteten Nationalökonomien bei ihrer erbitterten Krisenkonkurrenz um erfolgreiches Wachstum gegen jeweils alle anderen zur Durchsetzung verhelfen wollen, schieben das "Klimaproblem" von sich und möglichst den werten Konkurrenten zu:
Après moi le déluge! (Nach mir die Sintflut! R.S.) ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation.
Karl Marx
So wird das niemals was mit dem vielbeschworenen Klimaschutz. Nirgendwann.
Dass politische Abwehrmaßnahmen von unten ihren Erfolg aus der glaubhaft umgesetzten Androhung, die politische Gefolgschaft aufzukündigen und den ganzen Laden wenn notwendig lahmzulegen, beziehen, konnte man gerade an den Massendemonstrationen und Verkehrsblockaden in Paris studieren, die zur Verschiebung und Abmilderung der von Macron geplanten, radikalen Rentenreform führten - und da ging es um eine überschaubare, geradezu punktuelle Angelegenheit, mal mit dem globalen Klimawandel verglichen.