Jemenkrieg: Pentagon sucht Ausbilder für saudische Kampfpiloten
Menschenrechtler sind beunruhigt. Das UNHCR bezichtigt Saudi-Arabien und andere Kriegsparteien der Kriegsverbrechen. Die USA bleiben der Kriegsmaschine treu
Das US-Verteidigungsministerium sucht nach einem privaten Vertragspartner (private contractor), der saudi-arabische Kampfjetpiloten ausbildet. Die Ausbildung für die F-15S-Piloten, die explizit auch die Waffensysteme des Luftüberlegenheitsjägers in der saudischen Form umfasst, soll auf US-Boden stattfinden.
Der Hinweis auf die Ausschreibung der US-Air-Force findet sich in einem Bericht des US-Mediennetzwerkes The Young Turks. Dort wird das angesichts der saudischen Brutalitäten im Jemen-Krieg mit Misstrauen und Kritik behandelt.
"Verstörend und beunruhigend"
Zu Wort kommt die Leiterin der Human-Rights-Watch-Abteilung im Nahen Osten und Nordafrika, Sarah Leah Wilson, die das Vorgehen der US-Air-Force "verstörend und beunruhigend" findet.
Wilson stellt der Intensivierung der Beziehung, wie sie sich durch die Ausbildung der saudischen Piloten zeigt, entgegen, dass Pentagon-Chef Mattis doch kürzlich erst Saudi-Arabien davor gewarnt habe, dass man die US-Unterstützung zurückschrauben würde, wenn das Land "nicht alles Menschenmögliche unternimmt, um Menschenleben zu schonen".
Saudische Desaster
Anlass für die Drohung, die wohl hauptsächlich für die Öffentlichkeit bestimmt war, war der saudische Luftangriff auf einen Schulbus im Jemen Anfang August, der zahlreichen Kindern das Leben kostete. Saudi-Arabien verteidigte den Angriff zum Entsetzen der internationalen Öffentlichkeit damit, dass der Bus ein legitimes Ziel der Militäroperation war (vgl. Saudi-arabische Koalition: Angriff auf Kinder ist ein legitimer Angriff auf Planer und Operateure).
Das Datum der Ausschreibung für die Piloten-Ausbildung durch private contractors ist auf der Regierungswebseite mit 23.August angegeben (die Frist für die Bewerbungen endet am 24. September). Das Ausbildungsgesuch der Royal Saudi Air Force (RSAF) ist also ziemlich aktuell. Die Anfrage der RSAF mit dem Angriff auf den Schulbus am 9. August in Verbindung zu bringen, liegt nahe.
Man könnte darüber spekulieren, ob die saudi-arabischen Piloten wegen solcher Tragödien, die sie verursachen, eine bessere Ausbildung nötig haben. Erinnert sei an die Verzweiflung, die unter der Obama-Administration angesichts der Opfer und Schäden laut wurde, den Klagen über die notorischen Fehler und Treffunsicherheiten folgte ein Verbot der Lieferung einer gelenkten Munition.
Ein paar Monate später war ein neuer Präsident im Weißen Haus, der im Folgenden nicht nur das Verbot kippte, sondern die militärische US-Kooperation mit Saudi-Arabien weiter ausbaute.
Big Business für Raytheon
Die saudischen Bestellungen, die, wie im November 2017 bekannt wurde, beim Hersteller der gelenkten Munition, Raytheon, eingingen, waren beträchtlich. Laut Reuters hatte das Geschäft ein Volumen von 7 Milliarden Dollar.
Raytheon konnte auch der Grund für das Ausbildungsgesuch sein. Die Flotte der saudischen F-15s sollen modernisiert werden, berichtet das Fachmagazin Aerobuzz. Bei sechs Jets haben die Umrüstungen begonnen. Erwähnt wird, dass im Rahmen der Modernisierung ein neues Radar vom "Typ Raytheon APG-63(V)3 mit elektronischer Strahlschwenkung (Phasen Array)" und ein neues System zur elektronischen Kampfführung von BAE Systems sowie zwei zusätzliche Aufhängepunkte für Waffen unter den Tragflächen installiert würden.
Möglich also, dass die saudischen Piloten dafür eine neue Einweisung brauchen. Der Zusammenhang mit dem brutalen Angriff auf den Schulbus wäre damit nicht direkt gegeben und auch der Vorwurf, dass die USA "trotz dieser Tragödie" die militärische Zusammenarbeit noch verstärkt, ist so nicht unbedingt zu halten. Ein sehr bitterer und übler Geschmack drängt sich dennoch auf, schon seit längerem.
Unverdrossen am Krieg festhalten
Das liegt zum einen daran, dass die US-Air-Force-Ausbildungsmission daran erinnert, wie viel an Unterstützung der saudischen Kriegsmaschine die Öffentlichkeit nicht mitbekommt. Es sei daran erinnert, dass es 2016 in britischen Medien und in der Politik beträchtliche Entrüstung gab, als bekannt wurde, dass Großbritannien saudische Piloten ausbildet. Der damalige Verteidigungsminister Michael Fallon begründete dies damit, dass man die Zielfähigkeiten der Saudis verbessern müsste ("improve their targeting processes").
Bemerkenswert ist, dass man auch damals schon Saudi-Arabien der Kriegsverbrechen beschuldigte. Jetzt zeigt man sich in den obersten Etagen der US-Air-Force gegenüber US-Medien "frustriert" über das saudische Vorgehen im Jemen und ein aktueller Experten-Bericht des UNHCR spricht wie schon vor Jahren von der Möglichkeit, dass im Jemen Kriegsverbrechen begangen werden.
Allerdings richtet sich diese Beschuldigung nicht nur an Saudi-Arabien, sondern auch an andere Kriegsparteien im Jemen, einschließlich Mitglieder der Regierung und der Vereinigten Arabischen Emirate. In den ersten neun Tagen im August wurden laut UNHCR 450 Menschen im Jemen getötet. "Wir sind weiterhin Zeugen einer totalen Missachtung der Leiden der Menschen im Jemen", klagt das UNHCR.
Die US-Führung wird dies nicht weiter beeindrucken, wie zuvor schon nicht. Sie setzt ihre Unterstützung des Kriegs fort. Das ist der andere bittere Punkt, neben dem, dass im Schatten der Aufmerksamkeit höchstwahrscheinlich mehr aktive militärische Unterstützung geleistet wird, als man zugibt. Die Sturheit, am Krieg festzuhalten - wie auch in Syrien.