Juncker erkauft vorläufigen US-Verzicht auf Autozölle
Die EU-Handelsdelegation verspricht den USA neben einer Abschaffung von europäischen Zöllen auf amerikanische Industriegüter auch die Abnahme von Flüssiggas und Sojabohnen
Nach dem Treffen zwischen dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und dem US-Präsidenten Donald Trump haben beide in einer gemeinsamen Stellungnahme einen Erfolg verkündet: Danach will Juncker auf eine Abschaffung von europäischen Zöllen auf amerikanische Industriegüter sowie auf die vermehrte Abnahme von US-Flüssiggas und amerikanischen Sojabohnen durch EU-Länder hinarbeiten. Damit sollen die von Trump angekündigten Zölle auf deutsche Autos abgewendet werden. Über die bereits verhängten US-Zölle auf Stahl und Aluminium will man erneut verhandeln. Dazu gab es Agenturfotos, auf denen Trump mit mitleidig-ernstem Gesichtsausdruck seinem nicht sehr vital wirkenden Gesprächspartner die Hand tätschelt.
Durch den verstärkten Import von US-Soja (das vor allem als Viehfutter genutzt wird) in EU-Länder könnte Trump negative Folgen für US-Landwirte abmildern, die diesen durch neue chinesische Zölle drohen. Gestern hatte die US-Regierung aus diesem Grund Hilfen in Höhe zu bis zu zwölf Milliarden US-Dollar angekündigt (vgl. Fleisch- und Käseberge wachsen in den USA wegen Handelskrieg). Trump hatte den amerikanischen Landwirten außerdem versichert, sie würden "am Ende die größten Gewinner sein".
Machen die Regierungen der Mitgliedsländer mit?
Nun muss Juncker sein Verhandlungsergebnis den europäischen Regierungschefs verkaufen. Von diesen ist bekannt, dass die Franzosen gegen einen vermehrten Lebensmittel- und die Deutschen gegen einen Flüssiggasimport waren. Joachim Pfeiffer, der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte kurz vor dem Bekanntwerden des Ergebnisses allerdings verlautbart, Juncker habe "unsere vollste [sic] Unterstützung, in Washington nach Möglichkeiten zu suchen, wie sich der Handelskonflikt doch noch entschärfen lässt", weil es "dabei um mehr als den Austausch von Waren und Dienstleistungen" gehe und man "eine dauerhaft stabile transatlantische Partnerschaft" wolle, die "ja auch eine Wertegemeinschaft" sei.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die Teil der europäischen Delegation war, hatte dagegen in der schwedischen Zeitung Dagens Nyheter gedroht, sie bereite im Fall neuer US-Zölle für Waren aus der EU Gegenzölle auf US-Technologie- und Agrargüter im Wert von rund 20 Milliarden Dollar vor. Diese Zölle, so die Schwedin, habe sie "nicht im Gepäck, aber im Kopf".
Vorher hatten europäische Medien über Gegenzölle auf EU-Europaexporte im Wert von lediglich der Hälfte der genannten Summe spekuliert. Trump hatte im Gegenzug verkündet, die USA würden auch in Handelsstreitfragen nicht mehr "kapitulieren" und die weiße, sondern nur die rot-weiß-blaue amerikanische Fahne hissen. Die dafür nötige Stärke sieht er durch einen seinen Worten nach "großartigen wirtschaftlichen Aufschwung" mit 3,7 Millionen neuen Jobs seit seinem Amtsantritt im Januar 2017 gegeben.
China investiert in südafrikanische Landwirtschaft
Während sich Juncker und Trump in Washington trafen, fand im südafrikanischen Johannesburg ein Treffen der BRICS-Staaten statt. Dabei zeigte sich, wie China den Folgen der Verteuerung von US-Soja und anderen Agrarprodukten für seine eigene Wirtschaft begegnen will: Der chinesische Präsident Xi Jinping vereinbarte mit seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa Investitionen in Höhe von 14 Milliarden Dollar. Ein großer Teil davon soll in die Landwirtschaft fließen, die in Südafrika unter den so genannten "Plaasmorden" leidet, wegen denen Farmer nach Australien, Neuseeland und Russland fliehen (vgl. Südafrika: Venda Ramaphosa löst Zulu Zuma ab).
Im Windschatten der Verhandlungen von Trump und Juncker verkündete der Nationale Sicherheitsberater John Bolton, dass der eigentlich für den Herbst vorgesehene Besuch des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin in Washington erst im nächsten Jahr stattfinden soll - also dann, wenn die Halbzeitwahlen vorbei sind.
Möglicherweise erwarten sich manche der republikanischen Kandidaten von einem Besuch eines in US-Medien verteufelten ausländischen Staatsoberhaupts weniger eine Schützenhilfe als eine Belastung (vgl. Putin-Herbstbesuch in Washington?).
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