KI: Der Anfang einer neuen Weltordnung nach dem Kapitalismus?

Seite 2: Auch Deutschland setzt auf "Multi-Akteurs-Partnerschaften"

Das betrifft nicht nur die Formulierung eines "reset", welche unmittelbar an die gleichnamige Publikation von WEF-Gründer Klaus Schwab und Autor Thierry Malleret aus der Corona-Zeit anschließt, sondern auch die Überzeugung, dass die UN-Nachhaltigkeitsziele nur zu erreichen sind, wenn der Privatsektor in genuin staatliche Aufgaben wie die Gesundheits- oder Daseinsvorsorge eingespannt wird.

Der Aufruf von Forester de Rothschild ist nicht nur ein Plädoyer für die "Multi-Stakeholder-Partnerschaft", deren Erfindung Schwab für sich in Anspruch nimmt, sondern folgt auch seiner Sichtweise auf die "Vierte Industrielle Revolution" mittels KI – samt der Prognosen um Besitzlosigkeit, bedingungsloses Grundeinkommen und Digitale Identität.

All das ist auch in Deutschland keine ferne Zukunftsmusik, sondern wird zunehmend konkrete Realität. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linke-Fraktion, die sich mit dem zunehmenden Einfluss privater Stiftungen auf die Entwicklungspolitik auseinandersetzt, gibt darüber Aufschluss:

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung betont explizit, dass für die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele die aktive Einbeziehung privater Akteure unverzichtbar ist (vgl. u. a. SDG 17). Hieraus leitet sich auch der Auftrag für eine entsprechende Zusammenarbeit mit diesen Akteuren ab.

Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der Linke-Fraktion

Die Bundesregierung spricht in diesem Zusammenhang explizit von "Multi-Akteurs-Partnerschaften", die neben UN-Organisationen und betroffenen "Communities" auch private Nicht-Regierungsorganisationen wie die einflussreiche Bill and Melinda Gates Stiftung umfassen.

Das hat auch einen ganz naheliegenden Grund:

Private Stiftungen (…) verfügen oft über gute Netzwerke und zum Teil substantielle Eigenmittel zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele.

Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der Linke-Fraktion

Die Frage, die sich damit erneut aufdrängt: Wie ist eine solche Delegation staatlicher Aufgaben an ungewählte Dritte mit demokratischer Souveränität zu vereinbaren – beziehungsweise, und das hat Telepolis schon einmal gefragt: Wie ist Wirtschaftsliberalismus mit Sozialismus zu vereinbaren?

Der Versuch, den kapitalistischen Wachstumszwang für das Gemeinwohl zu kanalisieren, mag schlüssig erscheinen. Aber auch nur dann, wenn das Geld nicht die Entscheidungen fällt.