KI in Zwiespalt: Skepsis nicht nur bei Übersetzern, aber Geschäftsmodell für Anleger
KI öffnet Türen zu neuen Geschäftswelten, doch in ihrem Schatten wachsen die Sorgen der Belegschaften. Zahlreiche Studien und Umfragen geben eindeutige Hinweise.
Künstliche Intelligenz verspricht viel und wird häufig als Problemlöser genannt. Das sieht auch die Bundesregierung so: "Thematisch ergeben sich für die Bundesregierung große Chancen durch den Einsatz von KI beispielsweise in den Bereichen Klimaschutz, Mobilität (autonomes Fahren), Nachhaltigkeit und Gesundheit."
Wettbewerb um KI-Vorherrschaft in Europa
Dabei wird oft übersehen, dass KI ein wichtiges Geschäftsfeld ist, das mit hohen Renditen verbunden ist. "Wer gewinnt das KI-Rennen in Europa?", beschreibt das Handelsblatt die Wettbewerbssituation der KI-Anbieter: Das französische Start-up Mistral hat eine KI herausgebracht, die nach Einschätzung von Experten ähnlich gut sein soll wie ChatGPT. Im Vergleich soll Mistral Large deutlich mehr Text verarbeiten können.
Wenig Neues kommt dagegen vom deutschen Konkurrenten Aleph Alpha. "Das KI-Modell aus Heidelberg gilt inzwischen als veraltet", kritisiert das Handelsblatt.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle im KI-Markt
Ein Blick auf die Ausrichtung der Unternehmen erklärt, worauf diese Unterschiede zurückzuführen sind. Mistral finanziert sich wie ein typisches Start-up. Ziel ist es daher, den Unternehmenswert schnell zu steigern.
Das deutsche Unternehmen Aleph Alpha richtet sich an Großunternehmen. Zu den Kunden zählen etwa die Lidl-Eigentümer der Schwarz-Gruppe, der Bosch-Konzern oder der Softwareriese SAP, die alle auch an Aleph Alpha beteiligt sind. Fast eine halbe Milliarde Euro hat das Unternehmen im vergangenen Jahr von Investoren erhalten.
KI-Anwendungen: Mehr als ein Spielzeug?
Dass KI-Werkzeuge hauptsächlich Spielzeug sind, stört die Anbieter nicht. Denn die neue Technologie wird überwiegend nicht in der Arbeitswelt, sondern im privaten Bereich eingesetzt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Studie von Convios Consulting. "Spaß und Zeitvertreib" ist mit 39,7 Prozent der häufigste Grund für die Nutzung von KI, gefolgt von Forschung mit 38,9 Prozent. 43,4 Prozent der Befragten haben ein Konto bei einem KI-Dienst.
Die Angst vor Jobverlust durch KI
Allerdings ist die Akzeptanz der neuen Technik ein Thema, das Investoren verunsichern kann. Vor allem in der Arbeitswelt herrscht Skepsis. Viele Führungskräfte unterschätzen die Bedenken der Beschäftigten gegenüber KI, zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Accenture.
Weniger als ein Drittel der befragten Führungskräfte glaubt, dass Mitarbeiter Angst haben, durch KI ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Tatsächlich sind aber die Sorgen in der Belegschaft viel größer: Sechs von zehn Befragten sehen ihren Arbeitsplatz als unsicher an.
Sie erwarten endlich Klarheit darüber, was die Technologie für ihre berufliche Zukunft bedeutet, zeigt die Studie. Die Mehrheit der Befragten befürchtet, dass der Arbeitsalltag durch KI stressiger wird als bisher und sogar zum Burn-out führen kann. Die Ergebnisse sind repräsentativ, da weltweit 5.000 Beschäftigte großer Unternehmen befragt wurden.
Diskriminierende Tendenzen in KI-Modellen
Aktuelle Studien zeigen, dass die Skepsis vieler Beschäftigter berechtigt ist. KI-Sprachmodelle neigen dazu, Geschlechterstereotype und rassistische Klischees zu produzieren. Davor warnt eine Studie der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco). "Bestehende Diskriminierungen werden im digitalen Raum nicht nur widergespiegelt, sondern verstärkt", kritisiert Tawfik Jelassi von Unesco.
Beispiele machen dies deutlich: Frauen werden mit Begriffen wie Haus, Familie und Kinder assoziiert, Männer dagegen mit Führungskraft, Gehalt und Karriere. Dies gilt laut der Studie nicht nur für die OpenAI-Softwareversionen GPT-2 und GPT-3.5, sondern auch für die Konkurrenz der Meta Group.
KI in der Personalauswahl: Risiko der Diskriminierung
Die UN-Organisation fordert die Regierungen zum Handeln auf. Vor allem in der Arbeitswelt wird dies immer wichtiger. Denn KI wird zunehmend bei der Personalauswahl eingesetzt. Bewerbungen werden so vorsortiert, die Technik kann Auswahlrichtlinien erstellen, in die Annahmen einfließen, die diskriminierend sind. Im Extremfall besteht die Gefahr, dass bestimmte Personengruppen ganz vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden.
Auch Experten sind skeptisch. Nur 22 Prozent der befragten IT-Experten geben an, die Funktionsweise von KI-Tools vollständig zu verstehen. Dieses mangelnde Verständnis kann zu einer Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität beim Einsatz von KI führen, berichtet der Softwarehersteller SolarWinds, der eine Umfrage zu diesem Thema durchgeführt hat.
Protest gegen Automatisierung in der Übersetzungsbranche
Die Beschäftigten wehren sich gegen blindes Vertrauen in die neue Technik. In einem offenen Brief fordern deutschsprachige Literaturübersetzer nicht nur den Gesetzgeber zum Handeln auf, sondern auch ihre Auftraggeber, die Verlage. Die Übersetzer erlebten derzeit, "wie sich die Automatisierung geistiger Arbeit und menschlicher Sprache auf ihre Arbeit" auswirke.
Eine Übersetzung sei das Ergebnis einer individuellen Auseinandersetzung mit dem Ausgangstext, so die Sprachexperten. KI könne dies nicht leisten, werde aber derzeit eingesetzt, ohne dass die Leser dies immer wüssten. Während die Werbung verspreche, ein Chatbot könne selbstständig "verstehen" und "lernen", würden "Unmengen menschlicher Arbeit verschwiegen", auf denen die Ergebnisse basierten.
Kritik an der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für KI-Training
Für das Training der KI seien "Millionen von urheberrechtlich geschützten Werken aus illegal angelegten Bibliotheken im Internet" verwendet worden, kritisieren die Übersetzer. "Keine Sprachautomation ohne Offenlegung ihrer Funktionsweise und Trainingsdaten", fordern sie, denn nur so werde deutlich, wie mit KI Geld verdient werde.
Kritik üben die Unterzeichner auch an der Vergabe von Forschungsgeldern. "Technikförderung darf nicht auf das Ersetzen von menschlicher Kreativität abzielen, sondern auf ihre Unterstützung". Die Risiken für die Übersetzer liegen auf zwei Ebenen. Zum einen der Wegfall von Arbeitsplätzen, zum anderen die Nutzung geistigen Eigentums als Trainingsdaten durch KI. Des einen Geschäftsmodell ist des anderen Arbeitsplatzrisiko.
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