Kaczynski: "Es droht eine gesellschaftliche Katastrophe"
Seite 2: Für eine Abschottung plädieren selbst Vertreter der polnischen Muslime
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Die strenge Linie gegen Flüchtlinge wird von der Bevölkerung gestützt. Nach Umfragen von letzter Woche wollen 74 Prozent der Befragten keine muslimischen Migranten aufnehmen, worauf der Innenminister gern verweist.
Diesem Trend passt sich auch die liberal-konservative Oppositionspartei "Bürgerplattform" (PO) an. Noch in der Regierungsverantwortung vereinbarte die Partei im Sommer 2015 mit der EU, 7000 Personen aufzunehmen. Nun spricht Parteichef Gregorz Schetyna davon, dass man nur Frauen und Kinder aufnehmen brauche, und weicht Reporterfragen aus, ob seine Partei bei einem Wahlsieg mehr Flüchtlinge aufnehmen würde.
Druck machen auch die Rechtsradikalen in Polen, wie das "Nationalradikale Lager" (ONR), das Ende April bereits einen Fahnenmarsch durch die Hauptstadt durchsetzte und antimuslimische Parolen skandierte.
Für eine Abschottung plädieren selbst die Vertreter der polnischen Muslime. So erklärte Selim Chazbijewicz, der ehemalige Vorsitzende der polnischen Tataren und künfitge Botschafter in Kasachstan, es handele sich bei den Asylsuchenden "nicht um Kriegsflüchtlinge, sondern um Wirtschaftsmigranten", die zudem noch schlechte Arbeitskräfte seien.
Die Katholische Kirche scheint in dieser Frage gespalten zu sein. Eigentlich vom Papst angehalten, Barmherzigkeit gegenüber den Flüchtlingen zu fordern, meiden die meisten Bischöfe das Thema. Dezidiert äußerte sich der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski: "Warum soll das Unglück anderer Länder zu unserem Unglück werden?", fragte der katholische Geistliche bei einem Treffen mit Gläubigen in einem Kollegium suggestiv und warnte vor "Gesellschaften, die Ghettos bilden und oft terroristische Zentren". Der emeritierte Sekretär des Episkopats, Bischof Tadeusz Pieronek, hält hingegen die Aufnahme von Asyluchenden für eine "moralische Pflicht".
Zudem gibt es eine unübersichtliche Gruppe von NGOs, die sich für die Aufnahme von Flüchtlingen stark machen. In vorderster Linie geht es um die Prävention von rassistischen Übergriffen, von der Refugee-Welcome-Bewegung, die im September 2015 aufzukommen schien, ist allerdings kaum mehr etwas zu hören.
Konfrontation mit Brüssel
Die deutsche Politik versuchte bislang, wieder mehr Staaten ins europäische Boot zu holen und den Dialog weiter zu führen. Dieses Jahr statteten deutsche Amtsträger in dieser Mission Polen mehrere Besuche ab, am Sonntag sollte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel zu seinem zweiten Arbeitsbesuch in Warschau antreten, war jedoch verhindert. Mit dem Wahlsieg von Emmanuel Macron in Paris haben die Proeuropäer wieder mehr Aufwind bekommen, das ist auch in Warschau registriert worden, wo man ursprünglich auf Le Pen gesetzt hat. Eine Zeit lang schien sich die polnische Regierungspartei auch etwas zurückzuhalten, so wurde ein umstrittenes Gesetz zur Entmachtung des Gerichtswesens wie eines zur Umgestaltung der Kommunalwahlen vorerst auf das Eis gelegt.
Da Jaroslaw Kaczynski bislang das letzte Wort in der polnischen Regierungspolitik hat, wird es das Land wohl auf eine Konfrontation mit Brüssel ankommen lassen, zumal zwei Polen bei dem Anschlag in Manchester ums Leben kamen. Pawel Kukiz, der Chef der populistischen Partei Kukiz15, hat am Donnerstag im Radio erneut zu einem Referendum aufgerufen, ob Polen Flüchtlinge aufnehmen soll.