Kamen die mit Sprengstoff beladenen Drohnen in Beirut aus Israel?
Israel griff am Wochenende mit dem Iran verbundene Ziele in Syrien, im Irak und Libanon an, während Donald Trump Gesprächsbereitschaft ankündigte
Am Wochenende hat Israel iranische Ziele im Irak, im Libanon und in Syrien angegriffen, nach Mutmaßungen sollen am Sonntag israelische Drohnen, beladen mit Sprengstoff, auch die Hisbollah in Beirut anzugreifen versucht haben. Die Quadkopter stürzten in dem Viertel Dahiyeh ab, in dem die Hisbollah Büros haben, eine der Sprengladungen richtete Schaden an einem Medienbüro der Hisbollah an. Hisbollah gab an, 5,5 kg Sprengstoff in der abgestürzten, nicht explodierten Drohne gefunden zu haben.
Während Israel zugegeben hat, einen Stützpunkt der iranischen Quds-Brigaden bei Damaskus bombardiert zu haben, weil dort angeblich ein Drohnenangriff auf Israel unmittelbar bevorgestanden haben soll, sind die Angriffe mit Kampfdrohnen im Irak, wo am Sonntag bei zwei Angriffen ein Kommandeur schiitischer Milizen, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, in al-Qaim getötet wurde, und im Libanon, wo eine Drohne oder mehrere im Bekaa-Tal ebenfalls am Sonntag eine Kommandozentrale der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) attackiert haben soll, wahrscheinlich auf Israel zurückzuführen. Bei den versuchten, aber gescheiterten Angriffen mit den kleinen Drohnen auf Ziele in Beirut ist die Zuschreibung schon schwieriger, auch wenn kaum ein anderer Angreifer als Israel in Frage kommt. Schon allein, weil die Angriffe gescheitert sind, wird man aus Israel darüber nicht viel mehr hören. Könnte es sein, dass Iran oder Hisbollah versucht haben könnten, den Libanon in eine Auseinandersetzung mit Israel zu ziehen?
Empörung im Irak und im Libanon
Im Irak ist man empört über die Verletzung der territorialen Souveränität. Das Außenministerium kündigte an, man werde gegen solche Drohnenangriffe alle juristischen und diplomatischen Mittel einsetzen, was auch bedeutet, dass die irakische Regierung solche Angriffe wie auch die der türkischen Luftwaffe, die fortwährend Stellungen der PKK im Irak angreift, dulden wird. Schon am 19. Juli hatten israelische Kampfflugzeuge einen Stützpunkt der schiitischen Milizen bombardiert, zuvor gab es Explosionen in einem Waffenlager bei Bagdad. Israel hatte zugegeben, das Waffenlager angegriffen zu haben, nachdem dies auch Pentagon-Angehörige gesagt hatten. Der israelische Regierungschef Netanjahu drohte, dass der Iran nirgendwo mehr Immunität genieße, nicht im Iran selbst, auch nicht im Irak, in Syrien, in Jemen oder eben im Libanon.
Erreicht wurde immerhin eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats am Mittwoch. Aber der Sicherheitsrat ist lahmgelegt, wenn die fünf Atommächte mit einem Veto-Recht nicht kooperieren, was nicht zu erwarten ist. Die USA, die noch Truppen im Irak haben, erklärten eilig, nichts mit den Angriffen zu tun zu haben. Das Pentagon versicherte, man fördere die Souveränität des Irak und sei gegen alle Einwirkungen von außen. Glauben wird man das nicht, kaum vorstellbar, dass Israel solche Angriffe nicht mit der US-Regierung abstimmt oder dieser zumindest ankündigt.
Im Libanon kocht die Wut. Die Hisbollah kündigte einen "gezielten Schlag" gegen Israel als Reaktion an, will aber nicht in einen Krieg eintreten. Netanjahu hatte Hisbollah-Chef Nasrallah aufgefordert, sich wegen des Drohnenvorfalls zu beruhigen, was natürlich die Wut verstärkte (Netanjahu: "Wenn dich jemand töten will, töte ihn zuerst"). Der libanesische Verteidigungsrat erklärte, der Libanon habe das Recht, sich mit allen Mitteln zu verteidigen. Der maronitische Christ Michel Aoun, seit 2016 Präsident des Libanon, sagte am Montag, die Drohnen seien eine "Kriegserklärung". Er steht politisch der Hisbollah nahe, mit der er ein Bündnis geschlossen hat.
Nach nicht weiter bestätigten Behauptungen der britischen Times sei nicht ein Medienbüro der Hisbollah im Visier der Drohnen gewesen, sondern Techniken, in denen einfache Raketen zu Präzisionsraketen umgerüstet werden. Der LKW, der getroffen wurde, habe Behälter geladen gehabt, die Treibmittel für Präzisionsraketen enthielten. Das Programm ist bekannt, die Frage wäre, warum Israel so kleine Drohnen schickt, mit denen nur geringer Schaden verursacht werden kann. In Israel wird hingegen vermutet, dass die Drohnen keine israelischen, sondern iranischer Herkunft seien. Das würde aus einem Foto der abgestürzten Drohne hervorgehen. Sie wäre so einfach, dass die israelische Armee sie für gezielte Angriffe nicht einsetzen würde.
Will Netanjahu eine Annäherung verhindern?
Die Jerusalem Post versucht jedenfalls, die Drohnenangriffe so zu deuten, dass sie Hisbollah dazu dienen, einen Krieg zu rechtfertigen. Dabei sei egal, ob die Drohnen Sprengstoff mit sich führten oder nicht.
Vermuten könnte man, dass Israel den Konflikt mit dem Iran am Wochenende deswegen eskaliert hat, um eine Annäherung zwischen Donald Trump und dem Iran zu verhindern. Das vermutet man auch bei Haaretz, wo man auf ein Zugehen von Washington auf den Iran als "Alptraum" Netanjahus spricht.
Der französische Präsident Macron, der den iranischen Außenminister Zarif nach Biarritz zum G7-Gipfel holte, bereitete eine solche Annäherung vor, die Netanjahu überhaupt nicht gefallen kann. Plötzlich war wieder die Rede von einem Treffen von Trump und dem iranischen Präsidenten Rouhani. Der machte zwar deutlich, dass ein Treffen nur dann stattfinden könne, wenn die Sanktionen beendet werden, aber Netanjahu, der schon seit vielen Jahren den Konflikt mit dem Iran instrumentalisiert, dürfte auch solche Gesten als Bedrohung erfahren. Gut möglich also, dass der Rundumschlag, Drohnen im Libanon eingeschlossen, auch eine Botschaft an Trump war.
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