Kampf gegen Mikroplastik: Tragen Sie doch mal wieder Schaf

Bekleidung aus Naturfasern ist zukunftsfähig. Sie sondert keine Plastik-Partikel ab. Eine Anforderung aber muss auch Naturkleidung erfüllen.

Wer umweltschädliche und nur aufwendig recycelbare Synthetik erfolgreich verdrängen will, muss den Tragekomfort beispielsweise von Textilien aus Schafschurwolle verbessern. In Schottland arbeitet Clare Campbell mit Johnstons of Elgin und dem Industrial Biotechnology Innovation Centre (IBioIC) und der University of Edinburgh daran, mit Hilfe von Enzymen aus der rohen Schurwolle ein dünneres und weicheres Material zu produzieren.

Mit Hilfe chemischer Verfahren soll die heimische Wolle, die in den letzten Jahrzehnten weitgehend durch neuseeländische Merinowolle vom Markt verdrängt wurde, wieder als Rohstoff für zeitgemäße Textilien genutzt werden. Die chemische Wollbehandlung ist jedoch nicht der einzige Weg, um Wollstoffe wieder tragbar zu machen und ihre wasserabweisenden Eigenschaften als Regenschutz wieder zu nutzen.

Auch wenn die Infrastruktur der Wollverarbeitung in Deutschland inzwischen sehr ausgedünnt ist, weil es jahrelang wirtschaftlich interessanter war, die Rohwolle nach China zu exportieren, versuchen mehrere Initiativen in Europa nach dem chinesischen Importstopp der heimischen Schafschurwolle wieder eine Zukunft als textiler Rohstoff zu geben.

Rügener Schafwolle als Ausgangsmaterial für wetterfeste Bekleidung

Auf Rügen, wo das grauwollige pommersche Landschaf wie in vielen anderen Regionen zur Landschaftspflege eingesetzt wird, hat die Rügener Nordwolle einen anderen Weg zur Verarbeitung der Wolle aus dem Kreis Vorpommern-Rügen gewählt. Einmal im Jahr müssen die Schafe geschoren werden. Die Rohwolle ist nach der Schur noch verunreinigt und muss gewaschen werden.

Nachdem im Jahre 2009 in der letzten deutschen Wollwäscherei in Bremen, der Bremer Woll-Kämmerei, die Lichter ausgingen, gibt es in Deutschland keine Möglichkeit mehr, Wolle waschen zu lassen. Die Wolle von Rügen muss daher zur Wäsche nach Portugal gefahren werden, wo sie mit Soda entfettet und gereinigt wird.

Sie wird dabei nicht mit Hilfe von verdünnter Schwefelsäure karbonisiert. Die Karbonisierung mit Hilfe verdünnter Schwefelsäure zur Entfernung pflanzlicher Reste wurde zuletzt meist in China durchgeführt, wo lange Zeit niedrigere Umweltstandards galten. Durch den Verzicht auf die Karbonisierung bleiben die natürlichen Eigenschaften der Wolle erhalten.

Die weitere Reise der Wolle bis zum textilen Endprodukt

Für den nächsten Arbeitsschritt wird die gewaschenen Wolle in die Streichgarnspinnerei in der Lausitz transportiert. Dort wird sie im zuerst gekämmt (kardiert). Das Kardieren dient der Ausrichtung der losen Fasern zu einem Flor.

Im nächsten Schritt wird dieses Flor dann zu einem Garn versponnen. Beim Verspinnen haben sich durch die technische Weiterentwicklung wohl die Möglichkeit ergeben, der Wolle das Kratzen abzugewöhnen.

Wenn man die Wolle manuell verspinnt, lässt man die Fasern durch die Hand laufen. Dann gibt es Fasern, die drehen sich mit ein in das Garn. Und die Köpfe der Fasern schauen aber raus. Das ist dann das, was juckt und sticht auf der Haut. Das maschinelle Spinnen ist ein ganz anderer Prozess: Dabei wird der Faden eingerollt und so bleiben die Köpfe der Fasern im Garn drin.

Nordwolle

Damit ist die Reise der Wolle noch nicht beendet. Für die weitere Bearbeitung geht es ins nordbayerische Tirschenreuth, wo in im Jahre 1644 gegründeten Tuchfabrik Mehler auf einem Webstuhl aus dem Garn ein Tuch gewebt wird. Das gewebte Tuch wird im Anschluss gewalkt.

Bei diesem thermomechanischen Verfahren wird das Tuch bis zu zehn Stunden lang bei hohen Temperaturen unter Reibung behandelt. Durch das Walken wird das Tuch formstabiler und haltbarer. Der so genannte Flausch- und Dichtwalk wird anschließend von der Tuchfabrik nach Teplice gebracht, wo der millimetergenaue Zuschnitt auf einem CNC-Cutter erfolgt.

Die Zuschnitte gelangen dann in eine kleine Manufaktur im Erzgebirge, wo sie in Handarbeit zu fertigen Jacken und Pullovern zusammengenäht werden. Bei einigen Modellen werden die Bereiche, die mit der Haut des Trägers in Berührung kommen können, mit einem Baumwollfutter versehen.

Rückbesinnung auf natürliche Rohstoffe als Ersatz für Kunstfasern

Durch den verstärkten Einsatz von Naturfasern, die beispielsweise bei der Landschaftspflege anfallen, können bei entsprechender Verarbeitung zahlreiche Kunstfasern vom Markt verdrängt werden, die sich zunehmend als kaum beherrschbare Umweltbelastung erweisen.

Dazu ist es allerdings notwendig, die notwendige Infrastruktur im Inland wieder aufzubauen und das Bewusstsein für natürliche Rohstoffe bei den Verbrauchern im Inland wieder zu stärken. Wenn weniger Erdöl importiert werden soll, ist die Rückbesinnung auf alte Naturfasern und deren Verarbeitung weitgehend alternativlos.

Rückkehr zu natürlichen Rohstoffen als Ersatz für künstliche Fasern

Mit einer verstärkten Nutzung natürlicher Fasern, welche beispielsweise als Ergebnisse der Landschaftspflege anfallen, lassen sich durch passende Verarbeitung zahlreiche künstlichen Fasern vom Markt verdrängen, welche sich zusehends als kaum zu bewältigende Umweltbelastung herausstellen.

Dazu ist es allerdings notwendig, die benötigte Infrastruktur hierzulande wieder aufzubauen und das Bewusstsein für natürliche Rohstoffe bei den Konsumenten hierzulande wieder herzustellen. Wenn weniger Mineralöl importiert werden soll, wird die Rückbesinnung auf alte natürliche Fasern und ihre Verarbeitung weitgehend alternativlos sein.

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