Schafwolle und Hanf: Zwei Naturfasern als Alternative zu Mikroplastik in Bekleidung

(Bild: Hans, Pixabay)

Schafwolle und Hanf könnten Antwort auf Mikroplastik in Mode sein. Doch Produzenten haben mit Hindernissen zu kämpfen. Warum Naturfasern rar geworden sind.

Schafe gelten heute in Deutschland vielfach als robuste, geländegängige Landschaftspfleger und ihr Fleisch als Delikatesse. Seit China die deutsche Wolle nicht mehr in den Mengen wie zu Beginn des Jahrhunderts abnimmt, haben viele Schäfer, aber auch die Wollhändler in Deutschland ein großes Problem.

Als nicht für den menschlichen Verzehr bestimmtes tierisches Nebenprodukt unterliegt das Ergebnis der einmal jährlich vorgeschriebenen Schafschur den EU-Verordnungen 1069/2009 und 142/2011 sowie 1063/2012.

Schafwolle wird als sogenanntes K3-Material eingestuft und ist damit Tierblut, ungenießbaren Innereien und Tierkadavern gleichgestellt. Rohwolle darf nur in Spezialfahrzeugen transportiert werden, muss besonders gekennzeichnet sein und unterliegt Zollkontrollen.

Die Infrastruktur der Wollverarbeitung wurde massiv ausgedünnt

Bis Anfang der 1970er-Jahre war es in der BRD wohl noch möglich, handwerkliche Wollwäschereien zu betreiben, die sich ausschließlich mit der Wäsche von roher, geschorener Schafwolle befassten. Die zunehmende Reglementierung der Verarbeitung tierischer Produkte und die gleichzeitig durchlässiger werdenden Grenzen, die den Import aus Ländern mit niedrigeren Lohnkosten erleichterten, führten zu einem großen Sterben der Wollwäschereien, die deutsche Schurwolle verarbeiteten.

Überleben konnten in dieser Gemengelage nur sehr große Betriebe, die hochwertige Wolle aus dem Ausland bezogen oder Betriebe, die ihr Wissen für die ökologische Reinigung von konfektionierten Heimtextilien und Bettwaren aus Naturfasern nutzten. In Deutschland gibt es nur noch wenige Wollwäschereien. Die Rohwolle muss zum Waschen meist ins Ausland geliefert werden, bevor sie in Deutschland weiterverarbeitet werden kann.

Die Verwendung von Naturfasern war ein Hindernis für die Verwendung von Kunstfasern und ausgerüsteten Baumwollfasern, bei denen es sich de facto um mit Kunststoff ummantelte Naturfasern handelt.

Hanf wäre eine nahezu ideale Naturfaser und genügsam im Anbau. Er benötigt keine Unkrautvernichtungsmittel, wenig Dünger und kaum zusätzliches Wasser. Der Anbau von Nutzhanf ist aber in Deutschland streng reglementiert und leidet unter dem Drogenimage, obwohl er praktisch kein THC enthält.

Die Regulierung von Nutzhanf geht auf die Internationale Opiumkonferenz von 1912 zurück, die den Hanfhandel eindämmen wollte. Die Kunstfaserhersteller suchten nach einer Möglichkeit, den ungeliebten Naturfaser-Konkurrenten Hanf vom Markt zu verbannen.

Zu den treibenden Kräften hinter dem Hanfverbot gehörten die Baumwollfarmer in den Südstaaten der USA und der Chemiekonzern DuPont, der sich vom Hanfverbot neue Absatzmärkte für seine hauseigenen Kunstfasern Nylon und Rayon versprach. Zu den Folgen dieser Entwicklung zählt heute die Umweltbelastung durch Mikroplastik aus dem Abrieb der Baumwollfaserausrüstung und der Kunstfasern.

Zucht konzentrierte sich auf robuste Rassen und vergaß die Wolle

Auch die Probleme mit Mikroplastik könnten durch Textilien aus Wolle deutlich entschärft werden. Zudem könnte der Einsatz von Wolle im Outdoorbereich das leidige Thema PFAS obsolet machen.

Da bei der Zucht der heimischen Schafe in den letzten Jahrzehnten der Schwerpunkt auf den Einsatz in der Landschaftspflege und auf die Fleischproduktion gelegt und die Wolle vernachlässigt wurde, hat man heute gleich mehrere Probleme. Selbst Merinoschafe, die für ihre feine und weiche Wolle bekannt sind, bekamen im Laufe der Jahre eine Wolle, die niemand mehr auf der Haut tragen wollte. Die verbliebenen Textilhersteller hierzulande kauften deshalb ihre Wolle in Neuseeland ein.

Nach dem Ende der chinesischen Käufe bemühen sich Schäfer in Deutschland, verloren gegangene Lieferketten wieder aufzubauen. Im Norden der Republik, wo die Wolle von jeher eher gröber war, wird der Rohstoff inzwischen wieder in kleinem Umfang als Ausgangsmaterial für die Herstellung von wetterfester Bekleidung und entsprechendem Schuhwerk verwendet.

In Süddeutschland haben sich Schäfer und Schafzüchter 2020 zur Kooperation Locwool zusammengeschlossen, um ihre Wolle zu vermarkten. Da die derzeit verfügbare süddeutsche Wolle aufgrund von Zuchtfehlern der letzten Jahrzehnte kaum für körpernah getragene Oberbekleidung geeignet ist, wird sie häufig zu Dämmplatten und Düngerpellets verarbeitet.

Ein Problem bei konventionell erzeugter Schurwolle scheinen auch heute noch Rückstände von Chemikalien zu sein, die gegen Schädlingsbefall oder zur Superwash-Ausrüstung eingesetzt werden.

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