Kanzleramt: Regierung plant Tebartz-van-Elst-Anbau
Eine Erweiterung des Baus soll den Steuerzahler mehr kosten als das Berliner Stadtschloss
Ein "Anbau" klingt nicht nach einer großen Sache. Vor allem dann nicht, wenn es sich dabei um einen "nüchternen, auf Funktionalität ausgerichteten Zweckbau" handelt, wie die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag und der Öffentlichkeit eine geplante Erweiterung im letzten Jahr darstellte. Nun kam über den Bundesrechnungshof heraus, dass das Bundesinnenministerium die Kosten für diesen Anbau auf mehr als 600 Millionen Euro schätzt - wobei die Rechnungsprüfer in ihrem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages noch vor zusätzlichen "hohen Kostenrisiken" warnen.
Sechzehnmal so groß wie das Weiße Haus
Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es sich bei diesem als "Anbau" und "Erweiterung" verkauften Projekt in Wirklichkeit um eine Verdoppelung des Bundeskanzleramts von jetzt etwa 25.000 auf dann 50.000 Quadratmeter handelt. Der neue Sitz des deutschen Regierungsoberhaupts wäre dann statt achtmal sechzehnmal so groß wie der des US-Präsidenten, statt zehnmal zwanzigmal so groß wie der die Nummer zehn in der Londoner Downing Street, und statt dreimal sechsmal so groß wie der Pariser Élysée-Palast, in dem Emmanuel Macron herrscht.
Statt nur einer 200 Quadratmeter großen Kanzlerwohnung soll es darin eine zweite mit 250 Quadratmeter geben, die für vom Rechnungshof geschätzte 225.000 Euro auf Kosten des Steuerzahlers eingerichtet wird. Doppelt gibt es danach auch die Verbindung über die Spree, die für 18,1 Millionen Euro mit einer zweiten 176 Meter lange Kanzlerbrücke überbaut wird.
Neun fünfstöckige Wintergärten
Anstatt eines einzigen Wintergartens, wie er herkömmlichen Villenbewohnern reicht, wird es derer neun geben - und alle neun erstrecken sich nicht nur auf ein Stockwerk, sondern auf fünf. Ohne die jährlich für sie anfallenden "Klimatisierungs- und Reinigungskosten" kosten alleine sie den Steuerzahler mindestens 14 Millionen Euro. Auf die Frage des Rechnungshofs, ob so viele und so hohe Wintergärten denn wirklich nötig sind, hieß es von Seiten der Regierung, das sei "wegen der gleichen Arbeitsbedingungen für alle unabdingbar".
Ein Besuch einer regulären Kindertagesstätte oder des sehr nahen Parlamentskindergartens ist den Kindern der Angestellten im Regierungssitz der Ansicht der Regierung nach nicht zumutbar. Deshalb wird für 15 Kinder ein eigener Kindergarten gebaut, der mit 2,8 Millionen Euro dreimal so teuer wird wie normale. Und der Hubschrauber, mit dem die deutschen Regierungschefs fliegen, soll zukünftig nicht mehr auf dem Rasen, sondern auf einer 23 Meter hohen Plattform landen und abheben.
Begründung mit "Niveau"
All das begründet das Bundeskanzleramt im Wesentlichen mit einer "Solitärstellung" und einem "Niveau", das nicht unterschritten werden dürfe. Berücksichtigt man, wie es anderswo in der Stadt aussieht, in die die deutschen Politiker unbedingt für Kosten in Höhe von mehr als zehn 10,2 Milliarden Euro umziehen wollten, klingt das merkwürdiger, als es in Limburg geklungen hätte (vgl. Verstoß gegen das Achte Gebot und Skandalbischof Tebartz-van Elst fliegt nach Rom).
Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, sagte der Augsburger Allgemeinen gestern, er halte den Kanzleramtsanbau "vor allem in der Corona-Krise mit ihren Rekordschulden der öffentlichen Haushalte und mit Blick auf viele Bürger, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben […] für ein falsches Signal". "Jetzt", so Holznagel, sei "das Parlament am Zug", das die Mittel "erst dann freigegeben [sollte], wenn die Pläne der aktuellen Situation angepasst und konkretisiert wurden" und wenn feststeht, "was wirklich notwendig und am Ende wirtschaftlich ist".
Die FDP wird ihrem Haushaltspolitiker Otto Fricke zufolge deshalb "im Haushaltsausschuss die Verschiebung des Projektes um mindestens ein Jahr beantragen". Ob sich andere Parteien diesem Vorhaben anschließen werden, ist unklar.
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