Katar liefert Frackinggas aus US-Förderung

Norwegische Öleinnahmen wecken Begehrlichkeiten. Im Bild: Förderplattform Gullfaks Alpha in der Nordsee. Foto (2010): JanChr/CC BY-SA 2.0

Energie und Klima – kompakt: Von gigantischen Extraprofiten für Öl- und Gaskonzerne, umworbenen Autokraten und brennenden Pinienwäldern

Nun hat die Berliner Ampelkoalition also ihr Geschenkpaket für die Autofahrer geschnürt, der Bundestag es auf den Weg gebracht und auch der Bundesrat seinen Segen dazu gegeben. Ab Anfang Juni wird, wie berichtet, die Energiesteuer auf Kraftstoffe vorübergehend abgesenkt.

Wie viel davon tatsächlich beim Verbraucher ankommt, bleibt abzuwarten. Preiskontrollen, mit denen zumindest Mitnahme-Effekte unterbunden werden könnten, scheut bekanntlich die ganz in neoliberalen Denkmustern verfangene Politik wie der Teufel das Weihwasser.

Natürlich hätte man auch statt einseitig auf Steuereinnahmen zu verzichten, weniger gutbetuchte Berufspendler und vielleicht auch das Kleingewerbe gezielt unterstützen und das Geld dafür bei den Energiekonzernen holen können.

Extraprofite

Diese machen derzeit gewaltige Extraprofite. 2022 könnte für sie zum besten Jahr ihrer Geschichte werden. Allein im ersten Quartal fuhr ExxonMobil einen Gewinn von 5,48 Milliarden US-Dollar ein. Chevron hatte mit 6,3 Milliarden US-Dollar sein bestes Quartalsergebnis in zehn Jahren.

Bei Shell waren es 9,1, bei BP 6,2, bei Equinor knapp 18 und bei TotalEnergies 17,4 Milliarden US-Dollar. Der britische Guardian veröffentlichte Mitte Mai eine Liste der Quartalsergebnisse einiger Energiekonzerne.

Saudi Aramco brachte es in den ersten drei Monaten sogar auf 39,5 Milliarden US-Dollar, was an den Börsen kräftig honoriert wurde. Steigende Kurse machten die vom saudischen Königshaus kontrollierte Aktiengesellschaft zum teuersten Unternehmen der Welt. Genug Kapital also für Saudi-Arabien, seinen Krieg im benachbarten Jemen weiterzuführen.

Fracking-Boom

In den USA führen derweil die hohen Gas- und Ölpreise zu einem Boom im sogenannten Perm-Becken an der Grenze der Bundesstaaten New Mexico und Texas. Aus den dortigen mächtigen Ablagerungen des Erdzeitalter des Perm (ca. 250 bis knapp 300 Millionen Jahre vor der Gegenwart) werden im großen Maßstab Schieferöl und Frackinggas mit aufwendigen und besonders umweltschädlichen Methoden gewonnen.

Eine geologisch sehr ähnliche Region erstreckt sich übrigens unter der kimbrischen Halbinsel, unter Nord- und der südlichen Ostsee sowie den angrenzenden Küstenregionen in den Niederlanden, Deutschland, Schweden, Polen, Russland und Litauen. Und auch hierzulande soll nun wieder verstärkt nach Öl im flachen und eigentlich besonders schützenswerten Küstenmeer gebohrt werden.

Ölpreis auf hohem Niveau

Ökonomisch lohnen könnte es sich allemal, mit Klima- und Naturschutz im Wattenmeer ist es hingegen nicht vereinbar. Der Ölpreis hat sich inzwischen nach seinem rasanten Anstieg ab Dezember und dann vor allem im März auf einem Niveau von etwas über 100 US-Dollar pro 159-Liter-Fass (Barrel) für die beiden Standartsorten eingependelt.

Auf diesem Level hatte er sich bereits 2007 und 2008 und dann, nach der großen Finanzkrise, mehrere Jahre zu Beginn des letzten Jahrzehnts bewegt.

Allerdings war seinerzeit der Euro zum Teil erheblich mehr wert als heutigentags. Während es zu den besten Zeiten 2008 kurzzeitig fast 1,6 Dollar für die westeuropäische Einheitswährung gab, ist inzwischen fast Gleichstand erreicht.

Auch das trägt übrigens derzeit zur Inflation bei, denn es verteuert Importe aus Fernost und Nordamerika sowie das in US-Dollar abgerechnete Öl und Erdgas. Für die hiesige Exportindustrie erleichtert es hingegen, jenseits des Euro-Raums Abnehmer zu finden.

Norwegens Petro-Dollars

Zu den Profiteuern der hohen Gas- und Ölpreise gehört auch Norwegen. Das Land ist jedoch schlau genug, das Öl nicht vollständig privaten Konzernen zu überlassen. Als Nato-Mitglied hatte es sicherlich anders als zum Beispiel der Iran (1953) auch keine von westlichen Geheimdiensten organisierten Staatsstreiche zu erdulden, die eine Verstaatlichung der Ölindustrie verhindert hätten.

So kann heute ein erheblicher Teil der Öleinnahmen im norwegischen Staatsfonds landen, der das Geld in aller Welt anlegt. Das ist nicht nur sozusagen ein nationales Sparbuch, sondern sorgt auch dafür, dass die heimische Wirtschaft nicht völlig aus dem Gleichgewicht gerät.

Länder, deren Wirtschaft vom Rohstoffexport abhängt, haben nämlich vor allem in Boom-Zeiten oft das Problem, dass die Einnahmen hauptsächlich in den Import gehen. Dies verhindert dann die Entwicklung der heimischen Industrien, ein Phänomen, das Ökonomen "holländische Krankheit" nennen.

Polens nukleare Träume

Wie dem auch sei, die norwegischen Extraprofite wecken bei einigen Begehrlichkeiten. So hat dieser Tage Polens Premierminister Mateusz Morawiecki Oslo aufgefordert, seinen Gewinn mit der Ukraine zu teilen. Vermutlich, damit Kiew diese sogleich in Erzeugnisse der westlichen Rüstungsindustrie investiert, um damit Krieg, Leid und Elend zu verlängern.

Morawiecki meinte auch, sein bisher noch stark von der Kohle abhängiges Land wolle verstärkt auf erneuerbare Energieträger sowie auf Atomkraft setzen. Sei britischer Amtskollege Boris Johnson könnte ihm derweil erklären, dass diese auch nicht gerade günstig und keinesfalls ohne Probleme ist.

Auch in Großbritannien explodieren, wie gestern an dieser Stelle berichtet, die Kosten auf den AKW-Baustellen. Dass dennoch so verbissen an der Technologie festgehalten wird, hat sicherlich auch damit zu tun, dass vielfältige Infrastruktur (Fachkräfte, Anreicherungsanlagen, Uran- und Plutoniumvorräte etc.) für die Produktion von Atomwaffen erhalten bleiben soll.

Ampel goes Fracking

Hierzulande wollen derweil diejenigen, die noch vor wenigen Jahren in Hamburg alle Proteste gegen Wladimir Putin und andere mit brachialer Polizeigewalt und den üblichen illegalen Maßnahmen unterbanden, nun unbedingt und ganz schnell sich aus der Abhängigkeit von russischen Energierohstoffen befreien.

Nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", soll das nicht etwa durch Energieeinsparungen, Tempolimit oder dem Hinterfragen der aus vielerlei Gründen extrem schädlichen Plastikflut oder dem viel zu starken Kunstdüngereinsatz geschehen, die einen nicht unwesentlichen Teil des deutschen Erdgasverbrauchs schlucken.

Vielmehr soll, wie mehrfach berichtet, Frackinggas aus den USA und konventionelles Erdgas aus Katar die große Lücke schließen, die durch einen Verzicht auf russische Gasimporte entstünde. Doch das ist einfacher gesagt als getan.

Das Erdöl ist noch relativ leicht auf dem Weltmarkt zu bekommen, nur gibt es eben hierzulandeProbleme für strukturschwache Regionen wie den Nordosten Brandenburgs, wenn es für die dortige Raffinerie in Schwedt keine Arbeit mehr gibt.

Der internationale Markt für Erdgas ist hingegen viel enger. Doch die Berliner Ampel räumt per "LNG-Beschleunigungsgesetz" für neue Flüssiggas-Terminals mal eben den Umweltschutz ab und verspricht Geschäfte mit Katar.

Katar: Erdgas vom persischen Golf ab 2026

Auch Katar ist übrigens im jemenitischen Bürgerkrieg stark engagiert und finanziert die von Saudi-Arabien bekämpfte Seite. Aber das ist natürlich nicht so schlimm wie der russische Krieg gegen die Ukraine, der der Grund für die Suche nach neuen Gaslieferanten ist.

Ende vergangener Woche war hoher Besuch aus dem Emirat in Berlin, um mit der Bundesregierung Absichtserklärungen zu unterschreiben. Ab 2024 will Katar liefern und zwar aus US-Förderung. Frackinggas also. Erdgas vom persischen Golf gibt es dann ab 2026.

Das wird aus dem weltgrößten Gasfeld stammen, das unter dem Persischen Golf liegt, und dessen Ausbeutung Katar sich mit dem Iran teilt. Ob das auch in Zukunft konfliktfrei möglich ist? Und wie sicher wird die Belieferung mit dem dortigen Gas wohl sein, wenn der Westen in der Region weiter zündelt.

Waldbrände in Pakistan

Derweil ist die Hitzewelle in Teilen Südasiens vorerst vorbei, wie die Daten der dortigen Wetterstationen zeigen. Allerdings hat sie zuvor noch für verheerende Brände in Pakistan gesorgt.

In den zentral-pakistanischen Suleman-Bergen brennt seit dem 9. Mai ein großer Pinienwald, der für die ansässige Bevölkerung eine wichtige ökonomische Rolle spielt. 640 Tonnen Pinienkerne würden dort jährlich geerntet, schreibt eine pakistanische Fridays-for-Future-Gruppe auf Twitter.

Auch hierzulande hat uns in den letzten Tagen das Klima mal wieder gezeigt, was eine Harke ist. Schwere Unwetter haben am Wochenende eine Spur der Verwüstungen durch Nordrhein-Westfalen gezogen. Mindestens drei Tornados wurden gezählt, ein Wetterphänomen, das früher hierzulande Windhose genannt wurde und eher selten auftrat.

Dabei handelt es sich um extrem starke, aber kleinräumige Wirbelwinde mit Durchmesser von maximal einigen wenigen hundert Metern. In Paderborn hat es am Samstag einen Baum so stark verdreht, dass der Stamm innerlich zerriss und umfiel.

Und war das nun mal wieder der Klimawandel? Das werden in den nächsten Wochen vermutlich die sogenannten Attributionsforscher klären.

Diese bestimmen die Wahrscheinlichkeit extremer Wettereignisse, in dem sie zum einen in den historischen Daten nachschauen und zum anderen mit Klimamodellen simulieren, wie häufig das entsprechende Phänomen in einer kühleren Welt ohne die inzwischen in der Atmosphäre angereicherten Treibhausgase auftreten würde. Warten wir es ab.