Keine rechtliche Schranke gegen Lohnraub
Seite 2: Gesellschaftlicher Druck fehlte am Schluss
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Tatsächlich war der gesellschaftliche Druck zu Beginn des Konflikts groß. Fast monatlich gab es in Berlin Demonstrationen vor der Mall of Berlin, an der sich unterschiedliche Gruppen und Initiativen beteiligten. Doch je länger sich die Auseinandersetzung hinzog, desto mehr verlagerte er sich auf die Gerichte und der Druck auf der Straße ging zurück.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat einmal mehr gezeigt, dass die Aufgabe der Gerichte daran besteht, Rechtsfrieden in der bürgerlichen Gesellschaft herzustellen. Wenn der Richter erklärte, das Gericht habe keine Veranlassung gesehen, bei der Arbeitnehmerhaftung von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, dann heißt das auch, der gesellschaftliche Druck war nicht stark genug, dass das Gericht sich hätte zu einen Eingriff hätte veranlasst gesehen, weil der Rechtsfriede in Gefahr geraten war.
So war das Urteil auch ein Stück Klassenkampfgeschichte, wie es die FAU Berlin in ihrer Pressemitteilung zum Urteil erklärt:
Die Realität der Arbeiterinnen und Arbeiter inklusive der dahinterstehenden individuellen Schicksale, kam nicht vor. Die Perspektive der Unternehmen wurde dagegen von dem Rechtsanwalt der Beklagten ausgesprochen, als er bemerkte, dass eine Rechtsprechung zugunsten der geprellten Arbeiter "preispolitische Auswirkungen" haben würde. Hat er damit ganz unverblümt vor dem Gericht zugestanden, dass der Lohnraub an hunderten Menschen Teil der Kostenkalkulation ist?
Aus der Pressemitteilung der FAU Berlin
Eine Konsequenz aus dem Urteil wird die Frage sein, wie eben der gesellschaftliche Druck so stark zu machen, dass auch Gerichte vor allem aber die betroffenen Konzerne ihn nicht mehr ignorieren können. Der Kampf der rumänischen Bauarbeiter der Mall of Berlin hat trotz der juristischen Niederlage Geschichte geschrieben. Es war ein Beispiel, wie migrantische Arbeiter für ihre Rechte kämpfen.
So spielte es hier eben keine Rolle, welchen Pass die Beschäftigten haben und aus welchen Land sie kommen. Sie haben in Berlin ihre Arbeitskraft verkauft, wurden in Berlin um ihren Lohn betrogen und kämpfen auch in Berlin für ihre Rechte.
Hier wurde auch das linksliberale Bild von Migranten als hilfsbedürftige Opfer, die Rettung benötigen, ebenso konterkariert, wie die rechtspopulistischen Erzählungen von osteuropäischen Migranten, die in die deutschen Sozialsysteme einwandern. Der fünfjährige gemeinsame Kampf von Lohnabhängigen aus verschiedenen Ländern ist der eigentliche Erfolg der Auseinandersetzung, an den es anzuknüpfen gilt.