Kiesewetter-Ausschuss: Zeugen an den Generalbundesanwalt übergeben

Seite 2: 9. November

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Am 9. November sind die beiden neuen Zeugen erneut Thema in der Presserunde vor Beginn der Ausschusssitzung.

Journalist 2: "Noch einmal zu diesen zwei Zeugen, die sich bei Ihnen meldeten. Einen wollten Sie vernehmen…"

Drexler: "Ja. Und einen haben wir weitergegeben."

Journalist 2: "An den Generalbundesanwalt."

Drexler: "Ja."

Journalist 2: "War das im Einverständnis mit dem Zeugen, dass er an den Generalbundesanwalt übergeben wird? Weil, er hat sich ja bei Ihnen gemeldet und nicht bei der Polizei."

Drexler: "Weiß ich jetzt gerade nicht."

Journalist 2: "Und warum übergeben Sie den einen und den anderen nicht?"

Drexler: "Aus dem einfachen Grund: Bei dem einen muss man noch ermitteln, da sind wir noch nicht so weit. Wir sind keine Ermittlungsbehörde. Wir können den Zeugen nicht einfach so vernehmen. Wir brauchen ja die Unterlagen. Während beim anderen Zeugen, der hat uns seine Informationen gegeben, dann haben wir gesagt: den können wir sofort in den Ausschuss nehmen."

Journalist 2: "Wir hatten ja die Diskussion, dass sich Zeugen vertraulich an den Ausschuss gewendet haben und eben nicht an die Ermittlungsbehörden…"

Drexler: "Ja, aber so wie ich erfahren habe, ist das bisher anstandslos von demjenigen auch akzeptiert worden. Es gibt nur zwei Möglichkeiten für den Ausschuss: Entweder er ermittelt selber, was er nicht darf, oder aber wir geben es einer Ermittlungsbehörde. Das ist der Generalbundesanwalt, der ja immer noch ein Verfahren gegen Unbekannt führt. Wir hoffen, dass er das so ermittelt, dass wir entweder noch vorher oder im nächsten Ausschuss dann das Ergebnis einführen können in den vielleicht nächsten Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg. Auf jeden Fall hält uns der GBA auf dem Laufenden, was jetzt mit diesem Fall ist."

Presserunde der Obleute nach der Sitzung

Auf der Presserunde der Obleute nach der Sitzung wird der Vorgang ein weiteres Mal einmal angesprochen.

Journalist 2: "Ich wollte noch einmal die Frage stellen, die heute morgen nicht beantwortet werden konnte. Vielleicht kann sie es jetzt. Es hat sich ja ein Zeuge gemeldet, der Handyaufnahmen vom Tatort in Heilbronn gemacht haben will. Diesen Zeugen hat der Ausschuss an den Generalbundesanwalt übergeben. Mich interessiert, ob das mit dem Einverständnis des Zeugen geschah?"

Drexler: "Im Näheren kann ich Ihnen dazu keine Aussagen machen, weil wir sonst sehr viel preisgeben würden, was uns noch interessiert und was wir vorher der Öffentlichkeit nicht bekanntgeben können."

Journalist 2: "Sie können nicht sagen, ob es mit seinem Einverständnis geschah?"

Drexler: "Nein, ich sag da gar nichts. Denn schon wenn ich das richtig beantworten würde, könnte man Schlüsse auf andere Dinge ziehen."

Journalist 2: "Und die anderen Obleute: Teilen Sie…?"

Mathias Pröfrock, Obmann der CDU: "Die berichten nicht aus nicht-öffentlicher Sitzung."

Die Obmänner von FDP (Ulrich Goll), SPD (Nikolaos Sakellariou) und Grüne (Jürgen Filius) antworten nicht.

Der Vorgang wirft die Frage nach dem Selbstverständnis des Untersuchungsausschusses auf. Was aus den zwei Zeugen wurde, ist bisher nicht bekannt. Im Ausschuss wurde keiner vernommen.

Nachfrage des Autors bei der Bundesanwaltschaft vom 30. November:

Der NSU-Untersuchungsausschuss von Baden-Württemberg hat einen Zeugen, der sich an den Ausschuss gewandt hatte, ‘dem GBA übergeben‘. Der Zeuge soll über Handyaufnahmen vom Tatort Theresienwiese Heilbronn verfügen.

Dazu folgende Fragen:

1) Wann hatte sich der Zeuge an den Ausschuss gewandt, und wann wurde er an Ihre Behörde übergeben?

2) Geschah das auch im Interesse des Zeugen?

3) Um welcher Art von Handyaufnahmen handelt es sich? Bilder, Video? Wann wurden diese Aufnahmen genau gemacht und was zeigen sie?

4) Warum war der Zeuge am Tatort?

Antwort der GBA-Pressestelle vom 2. Dezember:

Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, dass der Untersuchungsausschuss des Baden-Württembergischen Landtages am 23. Oktober 2015 die dort vorliegenden Erkenntnisse zu dem von Ihnen erwähnten Zeugen an den Generalbundesanwalt übermittelt hat. Die aufgeworfenen Fragen nach dem Zeitpunkt der Kontaktaufnahme des Zeugen mit dem Untersuchungsausschuss und der näheren Umstände der Weiterleitung der Informationen fallen in den Geschäftsbereich des Untersuchungsausschusses, an den ich Sie zur Beantwortung insoweit verweise. Bezüglich Ihrer weiteren Fragen, die im Zusammenhang mit den Angaben des Zeugen stehen, kann ich aufgrund laufender Ermittlungen derzeit keine Auskünfte geben.

Neben den Verfahren gegen die fünf Angeklagten von München führt der Generalbundesanwalt weiterhin Ermittlungsverfahren gegen neun weitere Beschuldigte, ohne dass es bisher zu Anklagen gekommen wäre. Alle anderen Zeugen und Spuren im NSU-Komplex nimmt die karlsruher Behörde in ein allgemeines Sammelverfahren "NSU/Unbekannt" auf. Um wen und was genau es sich dabei handelt, weiß die oberste Ermittlungsinstanz allein.