Knast für den Ex-VW-Chef?
Die Energie- und Klimawochenschau: Winterkorn darf nicht mehr reisen, Audi schummelt weiter und in den USA klopfen die Vorboten des Klimawandels an die Tür
Der Dieselskandal zieht weiter seine Kreise, auch wenn man sich hierzulande nicht gerade bei der Aufklärung - und schon gar nicht bei Bestrafung und Käuferentschädigung - überschlägt. Jüngster Akt im Drama: Ex-VW-Chef Martin Winterkorn soll in den USA der Prozess gemacht werden. Die dortigen Behörden suchen ihn mit internationalem Haftbefehl. Der einstige Top-Manager muss also künftig auf Auslandsreisen verzichten. Im Inland schützt ihn das Grundgesetz, das die Auslieferung von Deutschen nur innerhalb der EU oder an einen internationalen Gerichtshof zulässt.
Nach einem Bericht des britischen Senders BBC wird nun auch Winterkorn in den USA vorgeworfen, frühzeitig von den Abgasmanipulationen an rund 600.000 zwischen 2009 und 2015 in den Vereinigten Staaten verkauften Fahrzeugen gewusst zu haben. Der Konzern hatte im letzten Jahr gestanden, gegen US-Gesetz verstoßen zu haben. Laut BBC ist dem Konzern jenseits des Atlantiks durch seine Betrügereien ein Schaden von 30 Milliarden US-Dollar (25,27 Milliarden Euro) entstanden.
If you try to deceive the United States, then you will pay a heavy price. The indictment unsealed today alleges that Volkswagen’s scheme to cheat its legal requirements went all the way to the top of the company. These are serious allegations, and we will prosecute this case to the fullest extent of the law.
US-Generalstaatsanwalt Jeff Sessions
Durch Manipulationen bei der Bestimmung von Stickoxidemissionen hat VW, wie auch einige andere Hersteller, niedrigere Werte vorgetäuscht. Die US-Staatsanwaltschaft zitiert eine Untersuchung aus dem Jahre 2014, wonach an einem von zwei in den USA verkauften Diesel-Fahrzeugen, die untersucht wurden, die 35fache Überschreitung des Grenzwertes festgestellt wurde. Ein Programm der Autoelektronik war in der Lage zu erkennen, dass der Wagen auf einem Prüfstand unter kontrollierten Bedingungen untersucht wird. Entsprechend wurde die Abgasreinigung verbessert und eine Einhaltung der gesetzlichen Höchstgrenzen vorgetäuscht.
Winterkorn hat bisher stets angegeben, von diesen Manipulationen erst kurz vor der Presse erfahren zu haben. Allerdings nehmen ihm dies auch deutsche Staatsanwälte nicht recht ab. Laut Stern muss Winterkorn auch hierzulande demnächst mit der ersten Anklageerhebung rechnen. Das Handelsblatt berichtet am Dienstag, sein Nachfolger Herbert Diess habe beim FBI geplaudert und Winterkorn belastet. Dafür scheint er von den USA freies Geleit zugesichert bekommen zu haben, so dass er sich im Gegensatz zu Winterkorn - und den meisten anderen Erdbewohnern - weltweit frei bewegen kann.
Winterkorn istnach Angaben der US-Staatsanwaltschaft der neunte ehemalige VW Manager, der wegen der Diesel-Manipulationen von den US-Behörden verfolgt wird. Zwei, Oliver Schmidt und James Liang, beides deutsche Bürger, hätten sich für schuldig erklärt und säßen derzeit Gefängnisstrafen von sieben sowie drei Jahren und vier Monaten ab.
Gegen den in Deutschland lebenden italienischen Bürger und ehemaligen Audi-Cheftechniker Giovanni Pamio habe man die Auslieferung von Deutschland beantragt. Einem Münchner Gericht haben die Vorwürfe aus den USA allerdings nicht ausgereicht, so dass dieser sich bereits seit Mitte November 2017 wieder auf freiem Fuß befindet.
Neuer Betrugsfall
Der Spiegel hatte derweil am gestrigen Dienstag eine kleine Bombe zu bieten: Im Audi-Modell A6 sei eine bisher geheime Software entdeckt worden, die ebenfalls die Abgaswerte manipuliere. Die Abgasreinigung erfolge bei diesem Modell mit einem sogenannten SCR-Katalysator, in den Harnsäure gespritzt werde. Diese wandelt Stickoxide in Wasser und Stickstoff um.
Nachgefüllt kann die Flüssigkeit nur in einer Werkstatt werden, und da man den Kunden offenbar keinen zu häufigen Besuch dort zumuten will, drosselt die Software den Harnstoffverbrauch ca. 2400 Kilometer vor dessen endgültigen Verbrauch herunter. In dieser Zeit wirkt dann der Katalysator nur noch höchst unvollkommen und die Schadstoffemissionen gehen entsprechend nach oben.
In rund 60.000 Fahrzeugen soll diese Technik zum Einsatz kommen, wovon die Hälfte exportiert und die andere im Inland verkauft wurde. Das Pikante daran: Der Wagen befindet sich auch aktuell noch im Angebot der VW-Tochter und werde Kunden zum Tausch angeboten, die sich wegen des Dieselskandals von ihren Fahrzeugen trennen wollen. Auch als Dienstwagen sei das Modell sehr beliebt.