Kobanê, ein Jahr danach

Seite 2: Warum fehlt die Unterstützung?

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Sicherlich kann das nicht nur auf die Kurzlebigkeit der Aufmerksamkeitsspanne auch eines solidarischen, europäischen Publikums zurückgeführt werden, es hat vor allem etwas mit dem Embargo über die Region zu tun, das von allen Seiten aufrechterhalten wird. Insbesondere nach dem durch den türkischen Staat neu entfachten Krieg in Nordkurdistan (Türkei) sind die Grenzen nach Rojava auf allen Seiten geschlossen. Der Verteidigungsminister von Kobanî, İsmet Şêx Hesen, der auch den Kampf um die Stadt mitorganisierte, beklagte:

Es fehlt hier praktisch an allem. Insbesondere an Mitteln, um uns selbst zu helfen - von medizinischen Gütern bis hin zu schweren Waffen. Kobanî ist drei Jahre lang von Feinden umzingelt gewesen.

Auch die kurdische, vom türkischen Staat abhängige KDP in Südkurdistan (Nordirak) hält ihre Grenzen nach Rojava für medizinische Hilfsgüter und Technik in zunehmendem Maße wieder geschlossen. Es werden Delegationen, Journalistinnen und Journalisten und Hilfsgüter und Hilfskräfte systematisch durch die KDP aufgehalten und schikaniert.

Eine Delegation von ICOR berichtete, dass sie mit der Aussage: "Auch wenn ihr Ban Ki Moon hierher bringt, werden wir Euch nicht durchlassen" an der Südkurdischen Grenze festgehalten wurde. Hinter dieser Politik stehen einerseits die Türkei und andererseits die feudalen Alleinherrschaftsansprüche der KDP in der Region.

Schild am Friedhof der Getöteten am 25.06. 2015. Foto: Michael Knapp

Obwohl der IS nach Süden weithin zurückgedrängt ist, führt die gegen Rojava gerichtete Politik der Türkei zu neuen Gefahren. Hierbei sind besonders die vielfältigen Indizien, Augenzeugenberichte und Untersuchungen von Journalisten augenfällig, die immer wieder auf eine Zusammenarbeit zwischen dem türkischen Staat und dem IS hinweisen.

Der Autor selbst konnte in einer frisch geräumten IS-Bombenwerkstatt bei Serekaniye im Mai 2015 Hilfspakete der Türkei und Saudi-Arabiens "Für unsere Kämpfer in Syrien" dokumentieren.