Können wir als Konsumenten die Welt in Ordnung bringen?
Seite 2: Der Kapitalismus und wir: Immerhin bewusst konsumieren
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Aber immerhin kann er "bewusst" einkaufen: sich informieren, umweltfreundliche Produkte suchen und finden, ein Unternehmen, das sich danebenbenimmt, abstrafen.
Würde der Verbraucher das ernst nehmen, wäre das erstens eine lebensfüllende Aufgabe. Und zweitens eine, bei der er den lustigen Einfällen der Unternehmen, wie sie mit ein paar neuen Hormonen, Gentechnik, Pestiziden, billigeren Produktionsstandorten, giftigen Ersatzstoffen usw. ihren Profit noch ein bisschen steigern können, ständig hinterherhinken würde.
Gleichzeitig könnte er seine Aufgabe natürlich nur erfüllen, indem er die Kassen eines anderen Unternehmens füllt, das natürlich auch nach Profit strebt. Einer Firma, die irgendwie nicht ganz so böse ist – oder zumindest so tut, deren Produkte gesund aussehen, am besten sogar ein Bio- oder Fair-Trade-Siegel tragen.
Die Sache wird schöngeredet
Auch wenn keineswegs davon die Rede sein kann, dass es überhaupt Produkte auf dem Markt gibt, die den geforderten Standards auch nur annähernd entsprechen, hilft die Logik des Vergleichs also, sich die Sache ein wenig schönzureden.
Und natürlich ist auch dieser Treppenwitz der Geschichte nicht ganz unwichtig: In der Idee der Konsumentenverantwortung verhalten sich die Besitzer größerer Geldeinkommen zwangsläufig "vernünftiger" und "ethisch korrekter" – einfach, weil sie mehr finanzielle Freiheit haben, die höchste Energieeffizienzklasse zu nutzen, mal eben auf ein Elektroauto umzusteigen oder eine neue Heizung mit alternativer Energie anzuschaffen.
Die Moral von der Geschichte: "Wir alle" sind "verantwortlich".
Hat der Konsument Einflussmöglichkeiten
Alles in allem eine wirklich schöne Idee, sie ist nur nicht besonders logisch. Denn beim Nachdenken wird schnell klar, dass es nicht sein kann, dass "wir" in unserer Rolle als Konsumenten auch nur annähernd Einflussmöglichkeiten haben. Und das setzt der Begriff "Verantwortung" ja irgendwie voraus.
Insofern geht es auch nicht um ein praktisch gemeintes Mittel, mit dem man die an allen Ecken und Enden festgestellten Schäden, die die Marktwirtschaft so mit sich bringt, in den Griff bekommt.
Umso mehr aber eignet sich die Idee dazu, die moralische Verantwortung für die immer wieder erhobenen Vorwürfe gegen alle möglichen unschönen Folgen dieser Produktionsweise uns allen zuzuschieben. Denn einkaufen und auf diese Weise von ihr leben, tun wirklich alle.
Insofern sind "wir" eben alle Sünder, die sich geißeln müssen. Und sich ein Leben lang bemühen können und müssen, besser zu werden, bewusster einzukaufen. Aber darin natürlich auch irgendwie gute Menschen. Eine moderne Religion ganz ohne Kirche und Papst.
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