Kohle-Revival: Importeure fordern längeren Kraftwerksbetrieb
Zwecks Planungssicherheit sollen aus der Reserve geholte Kraftwerke mindestens bis 2024 weiter betrieben werden. Bisher ist die Verordnung im Rahmen des "Notfallplans Gas" bis Ende April befristet.
Die deutsche Energiewende droht mit neuer Begründung weiter verschleppt zu werden: Die Bundesregierung will nur noch schnellstmöglich die Abhängigkeit von russischem Gas überwinden und setzt deshalb erst einmal wieder auf Kohlestrom – angeblich nur kurzfristig. Der Verein der Kohleimporteure (VDKi) fordert aber mehr Planungssicherheit und somit einen längeren Kraftwerksbetrieb.
Als Grund werden Umschlagskapazitäten genannt
Dies sei wichtig, um die nötigen Kapazitäten für den Umschlag in europäischen Seehäfen zu schaffen, aber auch für den Transport, betont der Verein. Er sehe kein Problem, genug Kohle an die europäischen Häfen zu bekommen, sagte der VDKi-Vorstandsvorsitzende Alexander Bethe laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa. Zwei Drittel der deutschen Importe gingen über Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen.
"Allerdings drohen Engpässe beim Umschlag, die Terminal-Kapazitäten sind begrenzt. Die wurden in den letzten Jahren stark zurückgefahren, nun braucht es wieder Personal", so Bethe. "Das bekommen Sie aber nur, wenn es auch eine Perspektive gibt. Niemand in den großen Seehäfen stellt langfristig Leute ein, nur weil die deutsche Politik sagt: Wir müssen die Importmengen bis April vorübergehend erhöhen."
Vielleicht auch bis 2025
Seit dem 14. Juli erlaubt eine Verordnung, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve wieder in Betrieb gehen können. Dies ist aber an die momentan geltende Alarmstufe des "Notfallplans Gas" gebunden und zudem bis zum 30. April kommenden Jahres befristet.
Der stellvertretende Vorstandschef des VDKi, Stephan Riezler spricht von Verhandlungen mit Terminal-Betreibern, in denen von Laufzeiten bis 2025 die Rede sei.
"Auch der Transport der Kohle zu den deutschen Kraftwerken stellt ein Problem dar, weil diese nicht küstennah liegen. Die meisten stehen an der Ruhr und der Saar, einige noch in Süddeutschland und zwei in Berlin."
Schiffstransporte erfordern Pegelstände, die nicht immer gegeben sind
Die Kohle lässt sich mit dem Schiff transportieren, wenn die Pegelstände der Flüsse hoch genug seien – was die Klimakrise mitunter jetzt schon schwer macht – oder mit der Bahn. Aber auch hier seien die Verhandlungen schwierig, betont Riezler, der für den Kohlekonzern Steag im Vorstand des Vereins sitzt.
"Die Anbieter müssen investieren, um alte Waggons wieder instand zu setzen. Damit sich das lohnt, brauchen sie mehr Planbarkeit. März 2024 wäre die absolute Untergrenze." Ein Transport mit Lastwagen sei keine Alternative, so Riezler. "Allein für die Saarkraftwerke müsste dafür alle vier Minuten ein Lkw von Rotterdam abfahren - und zwar 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche."
Die Bundesregierung solle die Laufzeit für die Reserve-Verordnung mindestens bis März 2024 verlängern, forderte Riezler. Zudem müsse die Verknüpfung mit der Gasmangellage wegfallen. "Die Marktrückkehr von Steinkohlekraftwerken erfordert bei Kraftwerksbetreibern und Dienstleistern Personalaufbau und Investitionen. Die kurze Laufzeit der Verordnung bis März 2023 bürdet hier Kraftwerksbetreibern und Dienstleistern erhebliche und unnötige Risiken auf."
Als erstes Steinkohlekraftwerk war Anfang August das Kraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln, das dem tschechischen Energiekonzern EPH gehört, aus der Reserve geholt worden. Ende August ging das Kraftwerk Heyden im nordrhein-westfälischen Petershagen an der Grenze zu Niedersachsen wieder ans Netz.