Kohleausstieg und Koalitions-Arithmetik

Seite 2: Wer mit wem?

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Mag sein, dass bei all dem auch schon etwas Koalitionsarithmetik im Spiel ist. Günther sitzt in Kiel einer Koalition von CDU, FDP und Grünen vor. Vermutlich wird er nichts dagegen haben, eine ähnliche Koalition auch in Berlin anzustreben, sollte sich die SPD demnächst vollends zerlegen, oder aber aus der Koalition ausscheiden, um eben dies zu verhindern.

Derzeit wäre Jamaika auch im Bund möglich, war aber nach der Wahl 2017 an Unverträglichkeiten zwischen FDP und Grünen gescheitert. Außerdem haben die Grünen bereits signalisiert, dass sie für Koalitionsgespräche ohne vorhergehende Neuwahlen nicht zu Verfügung stehen.

Das ist sicherlich auch aus Sicht der Wähler der bessere Weg, aber die Grünen haben derzeit natürlich guten Grund, Neuwahlen ins Spiel zu bringen. Als einzige Partei - vielleicht abgesehen von der PARTEI - kann sie auf erhebliche Zugewinne hoffen. Während sich im September 2017 8,9 Prozent der Wähler für sie entschieden, sah Emnid die Grünen in der Sonntagsfrage am Samstag bei 20, Forsa bei 27 (erstmalig einen Prozentpunkt vor der Union) und INSA am Montag bei 25 Prozent.

Beim derzeitigen Stand wäre sogar eine schwarz-grüne Koalition fast gleichstarker Partner rechnerisch möglich. Ob diese allerdings dazu bereit sind, ist eine ganz andere Frage. Die Grünen hätten sicherlich viel zu verlieren, wenn sie der Union nicht weitgehende Zugeständnisse in Sachen Klimaschutz abringen könnte. Und ob die Union wiederum, deren Führungspersonal dazu ohnehin kaum bereit ist, diese innerparteilich verkraften könnte, ist ebenfalls fraglich.

Mehr Konflikte

Bundesaußenminister Heiko Maaß (SPD) macht sich Gedanken über Außenpolitik in Zeiten der Klimakrise. Schon jetzt stehe die Stabilität ganzer Regionen auf dem Spiel. Im Nahen Osten und in Mittelamerika werde Wasser immer knapper. Landwirtschaftliche Erträge nähmen ab. Erträge aus der Fischerei würden immer geringer. Konflikte seien vorgezeichnet, mahnte er am Dienstag zur Begrüßung seiner Gäste auf der Berliner Konferenz für Klima und Sicherheit.

Noch bis Mittwoch wird man im Auswärtigen Amt tagen. Gekommen sind zahlreiche Außenminister, eröffnet hat Maaß die Konferenz am Dienstagvormittag gemeinsam mit dem Präsidenten des südpazifischen Inselstaates Nauru, Baron Vaqa, und dem ehemaligen US-Außenminister John Kerry (Demokraten).

Und ich glaube, was wir heute begreifen müssen: die Auswirkungen gehen weit über die reine Umweltpolitik hinaus. Der Klimawandel wird in vielen Regionen der Welt zunehmend zur Gefahr für Frieden und Sicherheit. Und er ist damit eine zentrale Herausforderung vor allem auch für die Außen- und Sicherheitspolitik.

Heiko Maaß, Bundesaußenminister

Nichts Gutes

Schaut man sich die Praxis der Bundesregierung und ihrer Verbündeten an, so lassen derlei Mahnungen nichts Gutes erahnen. Beispiel Afrika: Koloniales Erbe und lang anhaltende Dürre sorgen vor allem in der Region um den Tschadsee zu Konflikten um knappe Ressourcen wie Wasser und Weideland. In Verbindung mit Armut und Arbeitslosigkeit bildet das einen vorzüglichen Nährboden für die islamistischen Terroristen von Boko Haram.

Die Reaktion der EU und ihrer Mitglieder darauf bietet einen Eindruck davon, wie sich Maaß den Umgang mit der Klimakrise vorstellt: Die EU schließt ihre Grenzen für afrikanische Flüchtlinge, lässt Tausende im Mittelmeer ertrinken, verwehrt jeden legalen Fluchtweg, finanziert äußerst zwielichtige, sich als Küstenwache ausgebende libysche Milizen und schickt Militär in die betroffenen Länder.

Dort wird dann wie in Afghanistan oder dem Irak ein nicht enden wollender Krieg geführt. Gut für Militär und Rüstungsindustrie, schlecht für die betroffenen Zivilisten, die Soldaten, die ihre Knochen hinhalten müssen, und für die weitere Entwicklung einer ganzen Region.