Koinzidenz vs. Konspiration
The WTC Conspiracy LVI
Während bei uns "Bürger" Grass, "Citoyen" Enzensberger und andere einst notorische Aufklärer offenbar ihren Frieden mit dem bushistischen Imperium gemacht haben und im Ruhestand dämmern, legt Gore Vidal, in Italien lebender US-Romancier, Essayist und "letzter Verteidiger der amerikanischen Republik" (LA Weekly), im britischen Observer vom vergangenen Sonntag die Handschuhe ab.
"Wir wissen immer noch nicht, von wem wir an diesem infamen Dienstag geschlagen wurden, oder welche Absicht wirklich dahintersteckte. Aber es ist für viele freiheitliche Bürger ziemlich klar, dass der 11.9. nicht nur zuviel von unserer Verfassung gekostet hat, sondern auch für unser Regierungssystem, um das wir einst überall beneidet wurden und dem im letzten Jahr der tödliche Schlag versetzt wurde, als das höchste Bundesgericht einen kleinen Tanz im Fünf/Viertel-Takt veranstaltete und den vom Volk gewählten Präsidenten durch die Öl- und Benzin-Bush-Cheney-Junta ersetzte. "
Die "Bush-Junta", so Vidal, habe den 11.9. benutzt, um ein Umfeld zu schaffen, auf dem sie ihre langgehegten Eroberungspläne der globalen Ölreserven entfalten könne. Er zitiert ausgiebig die in Brzezinskis "Die einzige Weltmacht" dargelegten Strategien - und weist darauf hin, dass Republikanern wie Demokraten klar war, dass die US-Bevölkerung solche Pläne ablehnt ohne eine wirklich massive und deutlich sichtbare Bedrohung.
"Usama wurde aus ästhetischen Gründen gewählt, als furchterregendes Logo für unsere lange vorgesehene Invasion und Eroberung von Afghanistan...(Weil) die Regierung überzeugt ist, dass Amerikaner so beschränkt sind, dass sie mit keinem anderen Szenario umgehen können, als dem des ausgemachten, einsamen, duchgeknallten Killers (dieses Mal mit seinen Zombie-Helfern), der nur aus Spaß Böses tut, "da er uns hasst, weil wir reich und frei sind und er nicht."
Im Zentrum von Vidals Artikel stehen die wichtigsten Fragen zu den Anschlägen, die wir in dieser Serie alle schon behandelt haben: von der gemütlichen Vorlesestunde Bushs und dem ausgedehnten Frühstück des Armeechefs Myer während der Flugzeugentführungen, über das Ausbleiben jeglicher Luftabwehr bis zu der Verbindung von CIA und pakistanischer ISI und ihrer gemeinsamen Erschaffung der Jihad Inc. und ihrer Unterabteilung Al Quadia - sowie die Blockade der Kongreßuntersuchung durch die Bushregierung und das Versagen der Medien:
"Offenbar ist "Verschwörungszeug" jetzt das Kürzel für die unaussprechliche Wahrheit. ... Es ist ein Glaubenssatz, dass es im amerikanischen Leben keine Verschwörungen gibt. Wer aber zum Beispiel hätte vor einem Jahr gedacht, dass sich ein Großteil der amerikanischen Unternehmen mit ihren Wirtschaftsprüfern verschwören, um ihre Bilanzen zu fälschen...?"
Vidals vehemente Anklage wird nicht ungehört bleiben, erschien sie doch an jenem Wochenende, an dem Washington und die USA die größten Anti-Kriegs-Demonstrationen seit Vietnam erlebten - auch wenn diese in den TV-Nachrichten nur als Kurzmeldung vorkamen und man den guten alten Gore (aus der Familie des gewählten Präsidenten Al Gore) einmal mehr als Nestbeschmutzer und "Verschwörungsspinner" abtun wird. Willkommen im Club.
Wobei Vidals Hinweis, dass "conspiracy stuff" mittlerweile als Kürzel für das Unsagbare gilt, eine zwingenden Logik enthält: Da es sich bei der offiziell verkündeten Wahrheit um eine lupenreine Verschwörungstheorie handelt, müssen die Wahrheiten, die sie als solche entlarven, als unaussprechliches "Verschwörungszeug" abgewertet werden. So wie das ehemalige "Nachrichtenmagazin" "Der Spiegel" (42/02) Autoren wie Andreas von Bülow, Michel Chossudovsky oder mich unter dem (Tot-)Schlagwort "Septemberlüge" abwerten muss: "Was für manchen Rechten die "Auschwitz-Lüge" ist, könnte für manchen Linken die "September-Lüge" werden. Eine verdrängte Wahrheit, um die Weltanschauung nicht verändern zu müssen."
Was freilich als Dreckkübel und Totschlag-Argument gedacht war, scheint mir im Kern die Erklärung für die höchst eigene Verdrängungsleistung des "Spiegels" (und der Mainstream-Medien überhaupt) in Sachen 9-11 zu enthalten. Denn vor der "Auschwitz-Lüge", der Leugnung der industriellen Massenmorde, stand nach Kriegsende bei den durchschnittlichen Deutschen zuallerst der Unglaube und die Fassungslosigkeit angesichts der Dimension des Schreckens, der sich da unter ihren Augen abgespielt haben sollte - und es dauerte Jahre, bis sich das öffentliche Bewusstsein diesem überhaupt stellen konnte. Die als "Auschwitz-Lüge" bezeichneten Versuche der Reinwaschung setzen erst als Reaktion auf allgemeine Einsicht und Schuldanerkenntnis ein. Insofern scheint mir die "September-Lüge" derzeit auch eher in der Fassungslosigkeit darüber zu bestehen, dass eine "Bush-Cheney-Junta" von den Anschlägen im voraus gewusst haben könnte und sie aus machtpolitischem Kalkül geschehen ließ. Das wirkt auf die durchschnittlichen ("Spiegel"-) Journalisten so unglaublich, dass sie sich an die Verschwörungstheorie vom Einzeltäter Usama und seinen 19 Zombies klammern müssen und diese weiter als "Wahrheit" verkaufen - um nicht gezwungen zu sein, dem möglichen Schrecken, der sich jenseits davon auftut, ins Auge zu sehen.
Eine Standard-Strategie der Widerlegung von Verschwörungstheorien ist der Hinweis auf den Zufall: Dass in den letzten drei Jahren drei exponierte Politiker der Demokraten unter ungeklärten Umständen in ihren Privatflugzeugen abstürzten - JF Kennedy junior, kurz bevor er seine politische Kandidatur bekannt geben wollte, Senator Carnahan, kurz bevor er dem amtierenden Justizminister Ashcroft den Wahlkreis abnehmen konnte, und jetzt mit Senator Paul Wellstone der schärfste Kritiker des Bushlagers im US-Parlament, der in einem der fünf Wahlkreise, die über die Mehrheit im neuen Kongress entscheidet, nach den letzten Umfragen vorne lag - das alles kann durchaus Zufall gewesen sein (Kleines Flugzeug, was nun?). So wie die Anthrax-Sendung an den demokratischen Fraktionschef Tom Daschle. Würde jetzt allerdings in den nächsten Tagen ein weiterer Demokrat in einem der knappen Wahlkreise unter ungeklärten Umständen zu Tode kommen, droht diese Häufung merkwürdiger Zufälle die Koinzidenz-Theorie überzustrapazieren - eine Mehrheit der Beobachter würde dann fraglos der Annahme einer Verschwörung, also der Konspirationstheorie, zuneigen. Für die Autoren der bush-kritischen Website VoxNYC brauchte es einen solchen weiteren Beweis gar nicht mehr - sie sagte schon im Mai 2001, nach dem Absturz von Carnahan, voraus, dass weitere Demokraten auf der Abschussliste stünden:
"Der Tod wird entweder als Flugzeug -"Unfall" erscheinen oder als "natürliche Ursache", je nach dem, was leichter zu bewerkstelligen ist. ... Wenn der Todesfalls kurz vor den Midterm-Wahlen zum Senat erfolgt, kannst du ihn in einem Bundesstaat mit engem Wahlkampfrennen erwarten. Rechne mit einem Schlag wie gegen Mel Carnahan..."
Was nun die amtliche Version des 11.9. und ihre Folgen betrifft, sind diese derart gespickt mit Zufällen - von der zufällig hängengebliebenen Tasche Attas, die zufällig Terroranweisungen und Testament enthielt, über den zufälligen Ausfall von Radar und Luftabwehr und das zufällig perfekte Boeing-Kunstflug-Manöver von drei unerfahrenen Flugschülern, bis hin zu dem zufällig fertig in der Schublade liegenden "Patriot Act", den "Homeland Security"-Gesetzen und dem größten Investitionsprojekt im "befreiten" Afghanistan, zufällig eine Pipeline - dass von Zufall eigentlich keine Rede sein kann. Sich und anderen einzureden, dass dies alles eine teuflische Koinzidenz dummer Zufälle sei - gepaart mit der Schlamperei der Geheimdienste, die einfach "die Knoten nicht verbunden" hätten - wäre dann nichts anderes als Pfeifen im dunklen Keller, ein Anti-Angst-Programm.
Und in der Tat wirkt die Legende von Usama und den neuen Assassinen, deren Schlupflöcher man nur mit Bomben & Raketen ausräuchern muss, um den Terrorismus zu besiegen, wie ein fröhliches Liedchen, verglichen mit der Vorstellung, dass hinter diesen fanatisierten Terrorbuben eine kühl planende Organisation steckt, die ihre durch Manipulation der Wahlen und der Gerichte eroberte Macht im Weißen Haus mit manipuliertem Terror jetzt militärisch absichert und global ausbaut. Ein Geheimdienst der trotz 30-Milliarden-Dollar-Etat schlampt, Fehler macht, auf der ganzen Linie versagt und dies dann vertuscht, ist eine nachgerade anheimelnde Vorstellung verglichen mit einem Dienst, der diesen Etat effektiv und erfolgreich einsetzt und dabei auch vor dem Sponsoring nützlicher Diktatoren, Terrorgruppen und Todeskommandos nicht zurückschreckt - und der "Al Kaida" ähnlich unterwandert hat und steuert wie der deutsche Verfassungsschutz die NPD.