Kommt der nächste Ölpreisschock?

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Energie- und Klimawochenschau: Vom Rohöl-Markt, einem Erfolg der Autolobby und vom fragwürdigen Vorgehen der Justiz gegen eine junge Baumbesetzerin, die gegen Autobahnbau kämpft

Der Rohölpreis klettert, wie berichtet, munter weiter, und schon bald könnte ein 159-Liter-Fass 100 US-Dollar kosten. Die Gründe für den Preisanstieg sind vielfältig. Unter anderem haben offensichtlich verschiedene Produzenten Probleme, ihre Förderung oder den Absatz zu steigern. Die Nachfrage ist hoch, aber das Angebot bleibt knapp.

Und die Nachfrage ist auch noch höher als bisher angenommen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt, hat die Internationale Energieagentur in Paris ihre Statistiken über den Ölverbrauch der letzten 50 Jahre nachgebessert. Heraus kam, dass vor allem die Petrochemie in Saudi-Arabien und in China mehr Öl verarbeitet als bisher gedacht.

Und zwar nicht ein bisschen, sondern erheblich mehr. 2,9 Milliarden Barrel (159-Liter-Fass) seien den Statistiken für 2021 hinzugefügt worden. Das entspreche dem kombinierten Jahresverbrauch einiger westeuropäischer Länder, einschließlich Deutschlands.

Gleichzeitig macht die verbesserte Statistik klar, dass die Bestände in den Tanklagern rund um den Globus deutlich geringer als bisher angenommen sind. Vor allem nehmen sie seit Dezember ab.

Die USA hatten zwar im Herbst Öl aus ihrer strategischen Reserve auf den Markt geworfen, doch offensichtlich hat der Schritt das Angebot nicht dauerhaft erhöhen können und die vorübergehende Preisberuhigung ist bereits wieder verpufft.

Der Ölpreis dürfte uns also in nächster Zeit weiter in Atem halten. Das heißt, wenn wir denn neben Pandemie, allgemeinem Säbelgerassel und Klimakrise noch Wahrnehmungskapazitäten freihaben. Für ertrinkende Menschen im Mittelmeer oder Nato-Kriege an der Seite des IS gegen Kurden und Jeziden reichen sie ja bereits nicht mehr.

Wissing eingenordet

Die Welt scheint jedenfalls im Krisenmodus, nur im Verkehrsministerium scheint man den Schuss immer noch nicht gehört zu haben, die Nachricht von der Endlichkeit der fossilen Kraftstoffe und ihrem Beitrag zu den bedrohlichen Klimaveränderungen. Der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) machte in den ersten Wochen im Amt den Eindruck, als ob er zumindest verstanden hätte, dass der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell ist.

Inzwischen hat ihn aber die deutsche Automobilindustrie wieder auf Linie gebracht, die da lautet: In China mögen die Neuzulassungen der Elektroautos explodieren, doch hierzulande wird der alte Verbrenner-Gaul geritten, bis er tot umfällt.

Zum Wochenende wurde berichtet, der Minister wolle von der Koalitionsvereinbarung abrücken, bis 2030 15 Millionen Elektro-Autos auf die Straße bringen. Das wäre ja noch in Ordnung, wenn er den öffentlichen Nahverkehr und die Bahn massiv ausbauen würde, um die alles zuparkende und verstopfende Pkw-Flotte auf den Straßen drastisch zu reduzieren.

Doch weit gefehlt. Er setzt auf synthetische und sogenannte Biokraftstoffe sowie auf hybride Antriebe, die sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor haben. In den vergangenen Jahren haben diese sich meist als Mogelpackung erwiesen, weil sie als steuerbegünstigte Firmen- und Dienstwagen beliebt sind, aber meist mit herkömmlichem Kraftstoff gefahren werden.

Berlin bremst weiter in Brüssel

Wissing will offensichtlich auch strengere EU-Richtlinien für den Autoverkehr verhindern, womit er eine mehr als 25 Jahre alte Tradition deutscher Regierungen fortsetzen würde. Am Dienstag berichtete der Spiegel, dass es dafür auch Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz gibt.

Die sogenannten Biokraftstoffe wie Biodiesel und Ethanol werden in der Wissenschaft und bei den Umweltverbänden unter anderem wegen ihres hohen Flächenverbrauchs und geringer Effizienz kritisiert. Viele Probleme der Verbrennungsmotoren wie giftige Abgase und Lärmentwicklung blieben mit ihnen ungelöst.

An den sogenannten E-Fuels – Kraftstoffe, die mit dem Einsatz elektrischer Energie synthetisiert werden – wird vor allem kritisiert, dass der Energieeinsatz über den Umweg der Kraftstoffe vervielfacht wird. Wesentlich sinnvoller wäre es, die elektrische Energie direkt einzusetzen.

Entsprechend kommt scharfe Kritik unter anderem von der Deutschen Umwelthilfe. Der Minister mache genauso weiter wie seine CSU-Vorgänger – auf Kosten des Klimas.

Die CO₂-Emissionen des Straßenverkehrs sind seit Jahren wieder angestiegen und haben längst wieder das Niveau von 1990 erreicht, sieht man einmal von einem vorübergehenden, der Pandemie geschuldeten Rückgang 2020 ab. Sie machen rund ein Fünftel an den hiesigen Treibhausgasemissionen aus.