Kommt der nächste Ölpreisschock?

Seite 2: Erbarmungslos gegen Umweltschützer

Trotz der sich abzeichnenden Klimakrise werden in Deutschland immer noch Autobahnen neugebaut und Unsummen in die Erneuerung maroder Autobahnbrücken gesteckt.

Nicht nur jugendliche Klimaschützer, sondern auch betroffene Anwohner protestieren vielerorts dagegen. Mitunter sind sie Kriminalisierungsversuchen der Behörden, der Politiker und Angriffen neonazistischer Gruppen ausgesetzt. Auf jeden Fall müssen sie im Ernstfall mit massiven Polizeieinsätzen rechnen wie im Herbst 2020 im Dannenröder Wald in Nordhessen, wo die schwarz-grüne Landesregierung mit großem Polizeiaufgebot mitten in der Pandemie über Tage hinweg einen besetzten Forst räumen ließ. Durch diesen ist inzwischen eine breite Schneise für den Bau der A49 geschlagen.

In diesem Zusammenhang wurde auch eine junge Aktivistin von Beamten eines Sondereinsatzkommandos aus einer Plattform in den Bäumen gezogen. Unten verlinkte Videos zeigen, dass es dabei rabiat zuging.

Die Beamten verzichteten aus ungeklärten Gründen darauf, eine Hubplattform zur Hilfe zu nehmen. An Seilen abgesichert zerrten sie an der jungen Frau in etlichen Metern über dem Boden herum.

Schließlich wurde die Umweltschützerin, die ihre Identität nicht preisgab und sich nur "Ella" nennen lässt, unsanft zu Boden gebracht und dort festgenommen. Seitdem, seit nunmehr über einem Jahr, sitzt sie in Untersuchungshaft. "Versuchten Totschlag" wollte die Staatsanwaltschaft ihr zunächst vorwerfen.

Seit über einem Jahr in Haft

Das war allerdings offenbar haltlos. Schließlich kam es zu einer Anklage wegen "tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Widerstand und gefährlicher Körperverletzung".

Die Beschuldigte soll bei dem heftigen, für sie sehr riskanten Gezerre der Polizisten an ihr nach den Beamten getreten haben. Das Amtsgericht Alsfeld folgte 2021 dieser Sicht der Staatsanwaltschaft und verurteilte "Ella" in erster Instanz zu zwei Jahren und drei Monaten Haft ohne Bewährung.

Seit Mitte Januar läuft vor dem Landgericht in Gießen die Verhandlung in zweiter Instanz. Am gestrigen Dienstag wurde einer der vermeintlich geschädigten Polizisten vernommen, er hat sich dabei in zahlreiche Widersprüche verstrickt. So schildert es zumindest ein Prozessbeobachter auf Twitter. Unter anderem habe sich durch die Vernehmungen inzwischen herausgestellt, dass die Angeklagte mit weitaus weniger Gefahr von der in 15 Metern Höhe über dem Waldboden angebrachten Plattform geholt werden können.

Ein Dokumentarfilm schildert die Räumung und den Fall "Ella" aus der Sicht der Aktivistinnen und Aktivisten. Die beteiligten Beamten hätten "Ella" angegriffen, heißt es darin.

Sie seien alle, anders als behauptet, doppelt gesichert und daher nie in Lebensgefahr gewesen. Auch habe "Ella" weder, wie behauptet, schwarze Wanderstiefel angehabt, noch ihr Fuß je den Kopf eines Beamten getroffen.

Der Film ist eine Collage aus Videomaterial der Polizei, Aufnahmen der Autobahngegnerinnen und -gegner während der Räumung und einer kommentierten Nachstellung.

Sonst noch

Das war wie immer nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was in der letzten Woche energie- und klimapolitisch zu berichten wäre.

Aber dann wäre natürlich noch von einigen Fortschritten bei der Kernfusionsforschung zu berichten. In einer Versuchsanlage in Großbritannien gelang es erstmals für fünf Sekunden einen Prozess der Kernverschmelzung aufrechtzuerhalten.

Mit der freigesetzten Energie hätten, wie das Recherchenetzwerk RND den "Durchbruch" beschreibt, gut 60 Liter Wasser von 20 auf 100 Grad Celsius erhitzt werden können.

Doch der Konjunktiv wird wohl für die Beschreibung der Vorgänge rund um die Fusionsforschung auch in den nächsten Jahrzehnten unverzichtbar bleiben. Malte Kreutzfeldt hat in einem lesenswerten Beitrag in der Berliner taz aufgeschrieben, welche gewaltigen Hürden noch überwunden werden müssen, um die Kernfusion zur Energiequelle zu machen, wenn sie nicht gar "für immer ein Traum" bleiben sollte.

Handfester sind da schon die argentinischen Pläne, von denen die in Hongkong erscheinende South China Morning Post berichtet, mit chinesischer Hilfe ein neues AKW zu bauen.

Allerdings hat das einst äußerst wohlhabenden Land inzwischen den Anschluss verloren und ist ausgesprochen abgebrannt. Außerdem ist es mit Wind- und Sonnenenergie gesegnet, die nur darauf warten genutzt zu werden.

Vermutlich wird der Bau des neuen Atomkraftwerks nicht ohne Widerspruch von Umweltschützern und Anwohnern bleiben. In dem südamerikanischen Land regt sich in den letzten Jahren vermehrt Widerstand gegen die rücksichtslose Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt, sei es gegen das Fracking von Öl und Gas, sei es gegen den Abbau diverser Erz- und anderer Rohstoffvorkommen.

Protest regt sich auch am anderen Ende der Welt im Norden Schwedens. Dort soll auf und unter dem Land der dort lebenden Sami Eisenerz abgebaut werden. Die Ureinwohner der dortigen arktischen Landschaft wehren sich dagegen. Unterstützung kommt von der schwedischen Klimajugendbewegung Fridays for Future und dem UN-Menschenrechtsrat

Die protestierenden Sami sehen das Vorhaben auch als einen fortgesetzten Akt der Kolonisierung, des Zugriffs auf Land, das eigentlich ihnen gehören sollte.

Wie viele andere Nationalstaaten anderswo haben Norwegen, Schweden, Finnland und Russland sich das Land der indigenen Bevölkerung angeeignet und zugleich deren Kultur diskriminiert, wenn nicht gar versucht wurde, sie zu zerstören. Fridays for Future ist ansonsten auch in Deutschland weiter aktiv. Zurzeit unterstützen die Ortsgruppen den Wir-werden-laut-Appell.

Mit diesem wird für die Schulen angesichts der grassierenden Pandemie und den extremen Infektionsraten und Kindern und Jugendlichen unter anderem weniger Leistungsdruck, mehr Personal und Luftfilter, kostenlose FFP2-Masken, mehr und bessere Tests und angemessene Quarantänemaßnahmen gefordert.

Am vergangenen Freitag gab es in Frankfurt/Main eine kurzfristig vorbereitete Demonstration der dortigen Fridays-for-Future-Gruppe. Ansonsten wird der nächste globale Aktionstag für den 25. März vorbereitet. In verschiedenen Städten wird es vermutlich vorher noch Demonstrationen geben, sollte RWE demnächst in Lützerath im rheinischen Braunkohle den letzten Bauernhof zugesprochen bekommen und mit der Räumung des dortigen Protestcamps beginnen.