Kommt nun ein Gas-Deal mit Kanada?
Seite 2: Wohin steuert Deutschland energie- und klimapolitisch?
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Die Gas-Nachfrage können europäische Länder zudem leichter durch Lieferungen aus Norwegen und auf internationalen Märkten decken. Denn gerade die steigenden Gaspreise ermöglichen es Deutschland und anderen europäischen Ländern, sich LNG-Lieferungen auf dem Weltmarkt zu sichern, da sie bereit sind, mehr zu zahlen als ihre asiatischen Konkurrenten.
"Die Eröffnung einer neuen LNG-Exportanlage in fünf Jahren wäre für die derzeitige Energiekrise in Europa irrelevant", sagt Brian O'Callaghan, leitender Forscher und Projektmanager beim Oxford Economic Recovery Project in Großbritannien, in einer Anfang Juli veröffentlichten Mitteilung der Sierra Club of Canada Foundation und des Council of Canadians hinzu.
Der Bau einer neuen LNG-Exportanlage in Kanada klingt wie ein riesiger gestrandeter Vermögenswert, der im Entstehen begriffen ist.
Aus energie- und klimapolitischer Sicht als auch mit Bezug auf indigene Rechte wäre ein Gas-Deal mit Kanada daher ein fatales Signal.
Da es in Kanada wie Deutschland aber zahlreiche Widerstände gegen die Gas-Offensive gibt und regulatorische Hürden beim Bau von Terminals in Kanada zu überwinden wären, stehen die Chancen im Moment an sich nicht so gut für ein Gasexport-Abkommen.
Daher wird in der Öffentlichkeit nun stärker darauf abgehoben, dass es beim Treffen zwischen Scholz und Trudeau um einen Übergang zu sauberer Energie gehen werde, "einschließlich des sicheren Zugangs zu wichtigen Ressourcen wie sauberem Wasserstoff und kritischen Mineralien", wie das Büro des kanadischen Premierministers mitteilte. Bei den Mineralien handelt es sich um Nickel, Kobalt oder Lithium, also Rohstoffe, die bisher auch aus Russland bezogen werden und wichtig sind für die Produktion von Batterien u.a. in Elektroautos.
Beim Thema Wasserstoff bleibt jedoch die Frage: welcher Wasserstoff? Denn "sauberer Wasserstoff" bedeutet nicht grüner Wasserstoff. Im Moment wird kanadischer Wasserstoff zumeist aus fossilem Gas gewonnen, sodass er als "blauer" Wasserstoff bezeichnet wird, wenn die dabei entstehenden Emissionen aufgefangen und gespeichert werden. Oder er erhält die Bezeichnung "grau", wenn die Kohlenstoff- und Methanverschmutzung einfach in die Atmosphäre entlassen wird.
Der Kanada-Besuch von Scholz, Habeck und mehr als einem Dutzend Wirtschaftsführern, darunter auch die Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen und Siemens, wirft erneut die Frage auf, wohin Deutschland energiepolitisch steuern möchte.
Sollten sich die Gasbefürworter und -lobbys, wie im Fall Senegal und Katar, durchsetzen, wird es für Deutschland immer schwerer, seine Treibhausgase gemäß dem Paris-Abkommen schnell zu senken. Gewinner würden lediglich Energieversorger wie die RWE AG sein, die jetzt schon auf Gas als Zukunftsenergie setzen. Das Unternehmen hat seine LNG-Lieferungen nach Europa bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2022 vervierfacht.