Kongressvorwahl: Sanders-Unterstützerin besiegt Nummer vier der Demokraten

Das Twitter-Profil von Alexandria Ocasio-Cortez. Screenshot: TP

Nach den Republikanern macht auch die andere große US-Partei die Erfahrung, dass etabliertere Kandidaten mit größerer Wahlkampfkasse im Zeitalter Sozialer Medien nicht zwangsläufig siegen

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Im November finden in den USA die Halbzeitwahlen statt, bei denen das gesamte Repräsentantenhaus und ein gutes Drittel des Senats neu gewählt wird. Die Kandidaten, die dabei zur Wahl stehen, werden gerade durch Vorwahlen ermittelt. Im New Yorker Wahlbezirk Bronx und Queens kam es dabei zu einer Überraschung, die US-weit für Schlagzeilen sorgt:

Dort besiegte die 28-jährige Außenseiterin Alexandria Ocasio-Cortez den vorher als Nachfolger der demokratischen Repräsentantenhausfraktionschefin Nancy Pelosi gehandelten Establishment-Kandidaten Joe Crowley, die Nummer vier in der Fraktion. In dem Wahlbezirk, den Sanders 2016 noch mit 41 Prozent gegen Hillary Clinton verloren hatte, kam seine damalige Wahlkampfhelferin jetzt auf 57 Prozent der Stimmen.

Ocasio-Cortez erinnert in mehrerlei Hinsicht an die Bürgermeisterkandidatin aus der zweiten Staffel der Amazon-Serie Goliath. Sie ist gerade einmal 28 Jahre alt, sehr gutaussehend und Latina, was sie im Wahlkampf ebenso betonte wie finanzielle Probleme nach dem Tod ihres Vaters 2008 und ihre zeitweise Arbeit als Kellnerin.

Faktor 1:10

Ihrem Gegenkandidaten warf sie vor, dass er weder im Wahlbezirk wohnt noch seine Kinder dort zur Schule schickt. Und, dass er in großem Maßstab Spenden annimmt, was bei politischen Entscheidungen zwangsläufig zu Interessenkonflikten führe. Sie selbst nahm zwar auch Spenden an, gab für ihre stärker Social-Media-zentrierte Kampagne aber lediglich 300.000 Dollar aus, während Crowley das Zehnfache investierte. Der Demokratischen Partei allgemein warf sie vor, die Stimmen von Arbeitern, Schwarzen und Latinos als garantiert hinzunehmen, ohne sich für diese Gruppen entsprechend einzusetzen.

Unter so einem Einsatz versteht Ocasio-Cortez die Forderung nach einer Einheitskrankenkasse, einem gebührenfreien Studium und einem höheren Mindestlohn. Darüber hinaus fordert sie als Mitglied der Democratic Socialists of America eine staatliche Arbeitsplatzgarantie.

Mit Anti-Trump-Kampagne gescheitert

Ob sie mit diesem Programm genug Wähler hinter sich bringt, um den republikanischen Kandidaten Anthony Pappas zu besiegen, wird sich im November herausstellen. Bekommt sie mehr Stimmen als er, zieht sie mit dann 29 Jahren als jüngste Abgeordnete in das Repräsentantenhaus. Bislang hält diesen Rekord die New Yorker Republikanerin Elise Stefanik, die 2014 im Alter von 30 Jahren gewählt wurde.

Stefanik unterstützt im Repräsentantenhaus die Politik von Donald Trump, der sich nach dem Sieg von Ocasio-Cortez mit den amerikanischen Mainstream-Medien bemerkenswert einig war, dass diesen Ausgang der Wahl "niemand kommen sah" und dass es sich um ein großes Ereignis handelt. In Anspielung darauf, dass Crowley seinen Wahlkampf vor allem als Anti-Trump-Kampagne gestaltet hatte, merkte der selbst aus Queens stammende Republikaner außerdem an: "Vielleicht hätte er netter und respektvoller zu seinem Präsidenten sein sollen".

Trendanzeiger?

Medien sehen den Grund für Crowleys Niederlage eher in einer Anti-Establishment-Stimmung, die die Republikaner schon vor vier Jahren umkrempelte. Deren damalige Nummer Zwei, Eric Cantor, verlor 2014 ähnlich überraschend gegen den Tea-Party-Kandidaten David Brat. Die New York Times vermutet deshalb, dass der Überraschungssieg von Ocasio-Cortez bei den Vorwahlen der Demokraten keine Ausnahme bleiben könnte.

Nancy Pelosi, die den Demokraten Umfragen zufolge landesweit eher schadet als nützt, lässt das bislang kalt. Sie hat angekündigt, erneut Fraktionschefin werden zu wollen. Möglicherweise ist sie sogar froh, einen Rivalen losgeworden zu sein, der sich bereits in Absprachen mit anderen Abgeordneten auf eine Machtübernahme vorbereitet hatte. Ähnlich könnte es dem Marylander Abgeordneten Steny Hoyer gehen, der nun Pelosis einziger aktueller Rivale zu sein scheint.

Den Informationen der NYT nach machen sich Teile der Partei allerdings Gedanken darüber, ob man auf Crowleys Misserfolg nicht mit einem jüngeren Vorzeigegesicht im Repräsentantenhaus reagieren sollte. Dafür im Gespräch sind angeblich die Latina Linda Sánchez aus Kalifornien, Cheri Bustos aus Illinois, sowie Joseph Kennedy und Seth Moulton aus Massachusetts.

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