Kontakt zu ET spätestens in 30 Jahren
Futurologe Allen Tough über Laserbotschaften, interstellare Sonden und galaktische Projekte
Neben dem SETI Institute wird auch anders nach außerirdischer Intelligenz gesucht. Da ihrer Meinung nach nicht auszuschließen ist, dass außerirdische Zivilisationen unsere irdische Telekommunikation überwachen, hat eine Gruppe unter Leitung von Professor Allen Tough schon seit geraumer Zeit eine Einladung an ET im World Wide Web veröffentlicht.
Dr. Allen Tough ist eine schillernde Figur der Scientific Community. Über sein ursprüngliches Forschungsgebiet adult learning lehrte der emeritierte Professor lange an der kanadischen Universität von Toronto. Ohne sich mit Toughs Arbeit befasst zu haben, so ein Kollege, könne man gar nicht ahnen, welcher Forscher- und Abenteurergeist sich hinter seiner ruhigen Art verstecke und wie sehr er die Wissenschaft schon mit seinen Ideen und Gedankengängen bereichert habe.
In den 80er Jahren erweiterte sich Toughs akademischer Auftrag. Seitdem forscht Tough auch auf anderen Gebieten: der Suche nach Extraterrestrischer Intelligenz, der langfristigen Zukunft der menschlichen Zivilisation, ihrer Suche nach einem individuellen und gesellschaftlichen Zweck und wie der Kontakt zu einer außerirdischen Intelligenz unsere Zukunft bestimmen würde.
Im Telepolis-Interview zeigt sich Tough gewiss, dass man nicht 1000 Jahre auf den Kontakt zu einer extraterrestrischen Intelligenz (ETI) warten müsse.
Tough: Der Vorteil, wenn man 1000 Jahre in die Zukunft blickt, ist der, dass wahrscheinlich drei Arten des Kontakts eingetroffen werden sein: Wir werden unser Sonnensystem verlassen und andere Zivilisationen gefunden haben, andere Zivilisationen werden hierher gekommen sein und uns gefunden haben und wir werden Radio- oder Laser-Botschaften mit anderen Zivilisationen, die aus bestimmten Gründen nicht reisen, austauschen. Bereits in den nächsten 20 oder 30 Jahren wird wahrscheinlich eine Art des Kontakts eintreten, nicht aber alle drei.
Warum rechnen Sie damit in der nahen Zukunft?
Tough: Wenn es in unserer Galaxie mehrere Zivilisationen gibt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie bereits durch den Raum reisen, denn sie sind älter als unsere Zivilisation. Unsere Sonne ist sehr jung und wir sind es auch. Wir werden in den nächsten 100 bis 200 Jahren mit Sicherheit weit, weit über unser Sonnensystem hinaus reisen. Auf beiden Wegen werden wir uns gegenseitig finden.
Beinhaltet der erste Weg nicht auch die Möglichkeit, dass wir bereits seit einer gewissen Zeit besucht werden?
Tough: Natürlich. Ich glaube, dass eine sehr intelligente Art Sonde unseren Planeten bereits erreicht hat. Diese könnte sehr, sehr klein sein, vielleicht wie eine Getränkedose, wie ein Basketball oder vielleicht auch nur so klein wie mein Daumen. Sie könnte unsere Telekommunikation beobachten und alles über unser Zivilisation in Erfahrung bringen, indem sie etwa unsere Rundfunksendungen analysiert.
Glauben Sie, dass solche Objekte für UFO-Beobachtungen verantwortlich sein könnten?
Tough: Das könnte sein. Ich tippe, dass diese Sonden sehr klein sind, während bei vielen UFO-Beobachtungen große Objekte mit blinkenden Lichtern, Luken und Wesen, die durch die Luken schauen, beschrieben werden. Aber man kann die Möglichkeit nicht ausschließen, dass hinter UFO-Berichten tatsächlich außerirdische Intelligenz steckt.
Glauben Sie, dass interstellare Reisen normal sind für fortgeschrittene Zivilisationen?
Tough: Soweit wir wissen, scheint das sehr normal und sehr natürlich zu sein. Wir ziehen aus, um neue Kontinente zu erforschen. Wir entdecken neue Ozeane und Berge. Warum sollten wir nicht so weit wie möglich in unsere Galaxie aufbrechen um sie zu entdecken? Und warum sollten wir denken, dass andere Zivilisationen anders sind?
Ist die Menschheit eine fortgeschrittene Zivilisation, wenn man Kriege und Umweltverschmutzung in Betracht zieht?
Tough: Wir sind solch eine Mischung. Einerseits sind wir fortgeschritten in unserer Technologie, in unserem Potenzial, Aufgaben anzugehen. Andererseits sind wir weniger fortgeschritten, wie wir dieses Potenzial manchmal nutzen.
Was könnte der Effekt eines Kontaktes zu einer ETI sein?
Tough: Der unmittelbarste Vorteil eines Kontaktes bestünde darin, dass wir praktische Informationen erhielten, wie man Dinge herstellt, wie man schneller reist, wie man andere Sterne erreicht oder wie wir unsere Regierungen oder sozialen Organisationen reorganisieren. Wir würden aber auch Antworten auf größere Fragen erhalten, über Religion, über die Natur des Universums, unseren Platz darin und unsere Beziehung zu anderen Zivilisationen in der Galaxie. Wir könnten auch Teil eines galaktischen Projektes werden. Vielleicht sammeln andere Zivilisationen bereits Informationen und wir können etwas beisteuern, neues Wissen schaffen. Oder vielleicht schaffen wir alle gemeinsam eine galaktische Symphony oder ein galaktisches Kunstwerk. Vielleicht existiert auch eine Art intergalaktisches Philosophie-Projekt. Wie immer dieses Projekt auch aussehen mag, es wird unglaublich spannend, ein Teil dessen zu sein.
Das SETI Institute war nicht bereit, sich über Allen Tough zu äußern. Seine Arbeit über die Herstellung eines Kontaktes mittels interstellarer Sonden basiere auf anderen Annahmen als die Arbeit des Instituts, welches nach Signalen von Zivilisationen entfernter Sonnensysteme sucht (vgl. Über die Suche nach außerirdischer Intelligenz)
Zu den Grundsätzen des SETI-Instituts gehört auch, keine Botschaft an eine irgendwie geartete fremde Intelligenz zu senden, bevor nicht Beratungen auf internationaler Ebene stattgefunden haben (vgl. Mit Außerirdischen tritt man nicht so einfach in einen Dialog). Auch hier betritt Allen Tough neue Wege: Begründet auf der Annahme, dass außerirdische Sonden die terrestrische Telekommunikation - und somit das Internet als kollektives Gehirn - analysieren, befindet sich auf seiner Webseite eine Einladung an alle ETI:
If you originated in some other place in the universe, we welcome you here. And we invite you to establish communication with us and with all of humanity. We enthusiastically look forward to that dialogue.
Allen Tough und 80 Gleichgesinnte hoffen auf den Tag, an dem auch die Unesco, die International Academy of Astronautics, die Planetary Society sowie andere Gruppen und Nichtregierungsorganisationen Einladungen aussprechen. Je größer die Vielzahl der Einladungen, desto wahrscheinlicher würde eine Antwort durch eine fremde Zivilisation.