Kontroversen um die nächste EXPO
Aichi handelt gegen die Weisheit der Natur
Die EXPO 2000 unter dem Motto "Mensch - Natur - Technik" ist mit zwiespältigen Gefühlen zu Ende gegangen. Statt 40 Millionen Besucher zog sie nur 18.1 Millionen an und hinterlässt voraussichtlich 2.4 Milliarden Schulden und/oder, wie man will, Steuermehreinnahmen von 2.7 Milliarden DM. Während die Mehrzahl der Besucher einen positiven Eindruck von der Weltausstellung in Hannover mit nach Hause genommen hat, ziehen die EXPO-Kritiker durchgehend eine negative Bilanz. Auch die nächste Weltausstellung, die 2005 im japanischen Aichi unter dem Motto "Über die Entwicklung hinaus - die Wiederentdeckung der Weisheit der Natur" stattfinden wird, ruft bereits die Kritiker auf den Plan.
Die Weltausstellung in Hannover hatte sich der Agenda 21 verpflichtet und die ausstellenden Nationen sollten sich an die Vorgaben halten. Doch ausgerechnet das gastgebende Land hat dies bei der Themenumsetzung im Deutschen Pavillon nicht berücksichtigt. Das ist zumindest die Meinung der Organisation EXPO-Watch, die die EXPO kritisch begleitete. "Thema verfehlt" lautete das kritische Fazit über die Beiträge im Deutschen Pavillon. Die "Agenda 21 wird nur auf die ökonomischen Aspekte reduziert", und damit seien die Hauptziele der Agenda 21 wie Umwelt und Entwicklung nicht mit einbezogen worden. Positiv wird von EXPO-Watch lediglich vermerkt, dass die Bundesregierung 100 Millionen Mark für die entwicklungspolitischen Projekte vergeben hatte, die sich unter dem "One-World-Signet" auf dem Gelände der Weltausstellung verteilten. Hier sei das Thema "Entwicklung" beispielhaft aufgezeigt worden.
Noch deutlicher wurde die Abrechnung mit dem Themenpark, hier heißt es bei xposition "Thema verfehlt, 6". Die Autorin Isabel Rodde macht deutlich, dass ausschließlich das Kitschpanorama "Die hängenden Gärten" im Themenbereich "Planet of Visions" die Besucher angezogen habe. Im Vorfeld befürchteten die Kritiker noch eine Werbeschau der Großindustrie, die vor allem für Atomstrom und Gentechnik werben wollten. Doch mit Beginn der Weltausstellung in Hannover zeigte sich der Themenpark dann nach Ansicht der Autorin eher als nichts sagend denn skandalös. Dennoch waren reichlich Werbebotschaften zu lesen und zu hören. Von den angekündigten Zukunftsvisionen blieb allerdings wenig zu sehen, vielmehr bemühten sich die Hersteller eher um Technikakzeptanz. Die Besucher fanden den Themenpark gleichwohl interessant, manche sahen sich von Informationen überfrachtet, während andere fehlende Informationen beklagten. Zum eindeutigen Liebling der EXPO-Kritiker wurde der Themenbereich Basic Needs erkoren. Dieser kann ab dem nächsten Jahr wohl in NRW bewundert werden, denn für nur knapp 3 Millionen DM ging dorthin der Zuschlag für den mit 350 Millionen DM konzipierten Themenpark.
Der EXPO-Widerstand kann sich nicht rühmen, die Weltausstellung in Hannover behindert, geschweige denn verhindert zu haben. So verkünden sie stattdessen ein Gefühl der verbesserten Solidarität der beteiligten Aktionsgruppen und hoffen, dass die auf der EXPO propagierten Zukunftsvisionen nicht eintreten werden. Sie glauben, dass die Ausbeutung und die Entmündigung von Menschen sowie die Zerstörung von Natur weiter vorangetrieben werde. Sie erschreckt, dass neue Atomkraftwerke angekündigt würden und die Gentechnik als Retterin gegen Krankheiten und Hunger gefeiert werde. Des weiteren kritisieren sie, dass keine politische Diskussion aufgekommen sei, als im Themenbereich Mensch das zukünftige Leben mit einer Gencard oder das Bestellen von Kindern per Computer propagiert wurde. Generell bedauern sie, dass eine politische Analyse der Weltausstellungsthemen zu kurz komme.
EXPO 2005 im Blickpunkt der Kritiker
In fünf Jahren findet im japanischen Aichi die nächste EXPO unter dem Motto Über die Entwicklung hinaus - die Wiederentdeckung der Weisheit der Natur" statt. Ebenso wie in Hannover verspricht man sich durch die EXPO eine Stimulierung der Wirtschaft.
Doch auch die kritischen Umweltverbände erheben gegen die geplante Weltausstellung ihre Einwände. Vor allem geht es ihnen um den Schutz des Kaisho Waldes, wie die Autorin Esther Mayumi Scherer es bei xposition berichtet. Ein Großteil des Waldes will man in das Ausstellungsgelände integrieren und später ein Wohngebiet für 6.000 Bewohner errichten. Ein solches Vorhaben verstößt nach Ansicht der Kritiker gegen das Motto der geplanten Weltausstellung. Sie verlangen deshalb eine Volksbefragung. Zwar soll dem Vorhaben inzwischen wesentlich weniger Waldfläche (von den 182 Hektar Land, die für die Expo erschlossen werden sollen, sind zirka 19 Hektar Waldfläche) zum Opfer fallen, doch für die Umweltgruppen ist das immer noch zu viel. Sie fordern deshalb:
- ein Umweltassessment als Modell für das 21. Jahrhundert mit dem Ziel "von der Weisheit der Natur zu lernen"
- nicht von vornherein auszuschließen, vom Kaisho-Wald als Veranstaltungsort abzusehen
- bei der Planung einer neuen Autobahn und eines Wohngebietes die Natur als gleichwertigen Wert zu behandeln
- bei Diskussionen finanzieller Art die Natur als gleichwertigen Wert zu behandeln
- bei der Planung der Expo keine wichtigen Informationen zurückzuhalten und eine Beteiligung der Bevölkerung an wichtigen Entscheidungen zu garantieren.
Auf der Homepage der Weltausstellung in Aichi kann man bislang lediglich einen Methodenansatz zur Bewertung von Umwelteinflüssen einsehen, von Problembereichen ist dort allerdings überhaupt noch nichts zu lesen.
Zumindest wird deutlich, dass man an 185 Tagen ca. 25 Millionen Besucher erwartet. Von Seiten der EXPO-Leitung in Aichi ist zu lesen, dass "dieses Experiment, das Technologie, Kunst und Geisteskultur der Menschheit in ein Ganzes einzubinden sucht, bei der Ergründung dessen, was uns die Natur und das Leben lehren, bis an die äußersten Grenzen des Machbaren gehen will, um einen neuen Archetypus von Zivilisation für den Menschen von morgen zu kreieren. Das sind unsere Empfehlungen für die EXPO 2005."
Wie auch in Hannover will man Konzepte zeigen, mit denen die Probleme der Zukunft gelöst werden. Hoffentlich geht das vom 25. März bis zum 25. September 2005 in Japan nicht ebenso in die Hose wie in Hannover und es verbleibt lediglich eine Diskussion um ein finanzielles Defizit statt einer kritischen politischen Aufarbeitung der Darstellung der angestrebten Thematik der Weltausstellung in Hannover.