"Kopfgeldaffäre": The Star Spangled Pranger

Seite 2: Truppenabzug verhindert?

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Unabhängig von der Meinung der Bevölkerung ist das Feindbild Russland sogleich wirksam genug, um trotz der unbestätigten Anschuldigungen politische Konsequenzen erwachsen zu lassen: Parteiübergreifend werden neue Sanktionen gefordert. Und: Das im Februar in Doha unterzeichnete Friedensabkommen zwischen den USA und den Taliban, das den Rückzug der amerikanischen Streitkräfte aus Afghanistan bis Mai 2021 vorsieht, könnte gekippt werden.

In einem ausführlichen Artikel auf Consortiumnews am 5. Juli stellt Scott Ritter – ehemaliger Nachrichtenoffizier des Marinekorps, der in der ehemaligen Sowjetunion bei der Umsetzung von Rüstungskontrollverträgen, im Persischen Golf während der Operation Desert Storm und im Irak bei der Überwachung der Abrüstung von Massenvernichtungswaffen diente – die Vermutung auf, dass die durch die New York Times lancierte Story dazu dienen sollte, überhaupt den Truppenabzug aus Afghanistan zu verhindern:

Am 18. Juni kamen die USA ihrer Verpflichtung aus dem Friedensabkommen nach, die Zahl der Truppen in Afghanistan bis Juli 2020 auf 8.600 zu reduzieren. Am 26. Juni stand die Trump-Administration kurz vor dem Abschluss eines Entscheids, bis zum Herbst mehr als 4.000 Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, ein Schritt, der die Zahl der Truppen von 8.600 auf 4.500 reduzieren und damit den Weg für den vollständigen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan bis Mitte 2021 ebnen würde.

Doch den geplanten Abzug der Truppen, einer der wichtigsten Wahlversprechen Trumps, machte Ritter zufolge die "Kopfgeldaffäre" zunichte. Auffällig sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung, die eine Woche vor der Sitzung des "House Armed Services Committee" des Repräsentantenhauses geschah. Genügend Zeit, um für genügend mediale Aufruhr zu sorgen, um eine Änderung des National Defense Authorization Act zu forcieren, die eine Reduzierung von Streitkräften von mehreren Bedingungen abhängig macht.

Von der Trump-Regierung wird der Änderung zufolge verlangt, dass im Vorfeld eines Truppenabzugs eine Beurteilung vorliegen muss, ob "staatliche Akteure den Taliban, ihren Mitgliedsorganisationen oder anderen ausländischen Terrororganisationen in den letzten zwei Jahren Anreize für Angriffe gegen die Vereinigten Staaten, die Koalition oder afghanische Sicherheitskräfte oder Zivilisten in Afghanistan geboten haben, einschließlich der Einzelheiten aller Angriffe, von denen angenommen wird, dass sie mit solchen Anreizen zusammenhängen." Das sei ein direkter Hinweis auf die "Kopfgeldaffäre", meint Ritter. Dem Änderungsantrag wurde mit demokratisch dominierten Ausschuss mit parteiübergreifender Mehrheit zugestimmt.

"Dies scheint mehr als alles andere das Ziel der Kampagne gewesen zu sein", sagt Ritter und merkt an: Die Ironie an der ganzen Sache sei, "dass der Kongress im Namen des Schutzes der nach Afghanistan entsandten amerikanischen Truppen ein Gesetz verabschiedet, das den amerikanischen Krieg in Afghanistan verlängern soll."

Der Beschluss des House Armed Services Committee könnte schließlich auch den Abzug von 9.500 US-Soldaten aus Deutschland verhindern. Mit 49 zu 7 Stimmen wurde ebenfalls parteiübergreifend beschlossen, dass für "die Finanzierung zur Reduzierung der Truppenstärke in Deutschland und Europa" mehrere Bedingungen erfüllt sein müssen. Die US-Regierung wird auch daran gehindert, "die Truppenstärke unter das derzeitige Niveau zu senken [...] bis 180 Tage, nachdem das Pentagon dem Kongress einen Plan vorgelegt und bestätigt, dass dieser den Interessen der USA oder verbündeter Staaten nicht schaden wird."

Unter anderem müssen dem Kongress mehrere Berichte vorgelegt werden, "darunter eine Analyse der Auswirkungen eines Rückzugs auf die Sicherheit und Interoperabilität der USA und ihrer Verbündeten, eine Analyse der Auswirkungen auf die Fähigkeit, Russland abzuschrecken, und einen detaillierten Plan für die Umsetzung eines Rückzugs."

"Im Moment können wir es uns nicht leisten, unsere Präsenz in Europa zu reduzieren", sagte Gallego, einer der Initiatoren des Antrags. "Russland ist eine große Bedrohung für unser Land und für die freie Welt."

Das Thema dürfte den Wahlkampf überdauern. Und wenn es schließlich nicht mehr um die Bedrohung durch Russland gehen sollte, steht mit China der nächste "Feind" an, der die "freie Welt" bedroht und künftige Truppenbewegungen rechtfertigen wird.

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