Kopierschutz-Anbieter zieht Klagedrohung zurück

Der Entdecker des Shift-Tasten-Tricks soll nun doch nicht vor Gericht landen

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Die US-Firma Sunncomm hat erklärt, den Princeton-Studenten Alex Halderman nun doch nicht wegen seiner Analyse eines CD-Kopierschutzes zu verklagen. Die Firma hatte ursprünglich damit gedroht, Halderman auf Grundlage des Digital Millenium Copyright Acts (DMCA) vor Gericht stellen zu wollen.

Halderman hatte vor wenigen Tagen eine Analyse des Mediamax-Kopierschutzes aus dem Hause Sunncomm veröffentlicht, der auf einer soeben von der Bertelsmann Music Group in den USA veröffentlichten CD zum Einsatz kommt. Halderman hatte dabei aufgedeckt, dass sich der Kopierschutz durch das Gedrückt-Halten der Shift-Taste umgehen lässt. In einer ersten Reaktion erklärte Sunncomm beschwichtigend, der CD-Kopierschutz solle nur Gelegenheitshörer vom Kopieren abhalten.

Am Donnerstag schlug die Firma dann plötzlich deutlich härtere Töne an. In einer Presseerklärung hieß es, Halderman habe sein Papier auf falschen Annahmen aufgebaut und sei deshalb zu unzulässigen Schlüssen gekommen. Damit habe er Sunncomms Ruf beschädigt und bewirkt, dass der Marktwert der Firma um mehr als zehn Millionen Dollar gesunken sei. Zudem habe Halderman den DMCA verletzt, indem er undokumentierte Mediamax-Dateien identifiziert und zu ihrer Beseitigung angeleitet habe.

Es ist falsch, den Deckmantel der Wissenschaft zu nutzen, um Piraterie und den Diebstahl geistigen Eigentums zu ermöglichen.

Sunncomm-CEO Peter Jacobs in der Erklärung

Halderman erklärt in seinem Aufsatz, dass der Mediamax-Kopierschutz auf der Installation einer Treiber-Datei basiert, die den Zugriff auf die kopiergeschützte CD verhindert. Überprüfen lasse sich dies, indem man den Treiber in Windows ausfindig mache und deaktiviere. Sunncomms Presseerklärung legte nun nahe, dass die Firma in der Beschreibung zur Deaktivierung des Treibers einen Verstoß gegen den DMCA sieht. Wörtlich hieß es dazu: "Sunncomm beabsichtigt, diese mögliche Straftat den Behörden zu melden."

Am Donnerstag Abend verkündete Jacobs dann jedoch gegenüber der Zeitung The Daily Princetonian überraschend, doch nicht gegen Halderman vorgehen zu wollen. "Ich möchte nicht jemand sein, der Forschung behindert", erklärte Jacobs gegenüber der Zeitung. Halderman äußerte sich dazu gegenüber Telepolis mit den Worten: "Es freut mich zu hören, dass sie ihre Drohung nicht weiter verfolgen wollen."

Dem Princeton-Studenten sind derartige Auseinandersetzungen nicht ganz fremd. So hatte er bereits vor einem Jahr eine ausführliche Analyse mehrerer Audio-CD-Kopierschutzmechanismen veröffentlicht. Dem Thema will er trotz der zwischenzeitlichen Drohung auch in Zukunft treu bleiben. "Meine akademischen Pläne und Forschungsinteressen haben sich dadurch nicht verändert", so Halderman.

Zu seinen Professoren an der Informatik-Fakultät seiner Uni gehört übrigens auch Edward Felten, der sich Ende 2000 am erfolgreichen Knacken des SDMI-Kopierschutzes beteiligt hatte. Die Musikindustrie drohte Felten daraufhin mit einem Verfahren auf Grundlage des DMCA, nahm diese Drohung nach einer längeren Auseinandersetzung jedoch schließlich zurück.