Kopierschutz-Country
Amerikas erste kopiergeschützte Audio-CD wird von Country-Musiker Charley Pride veröffentlicht
Charley Pride war schon immer für Überraschungen gut. Als der Country-Musiker in den Sechzigern seine ersten Platten veröffentlichte, traute sich sein Label nicht, ein Foto von ihm auf dem Cover abzubilden. Auf Prides Konzerten stellte das typische weiße Südstaaten-Publikum dann erstaunt fest, dass ihr Star ein Schwarzer war.
Überrascht werden wohl auch einige Fans von Prides nächster CD sein - allerdings aus viel rationaleren Gründen als das Ressentiment-behaftete Country-Publikum der Sechziger. Etwa, wenn sie die CD in das Laufwerk ihres Laptops einlegen. Oder wenn sie zufälligerweise einen alten Pioneer CD-Player besitzen. Oder auch einen neuen, teuren DVD-Player mit MP3-Abspielmöglichkeit und CD-Laufwerk. All diese Geräte werden sich standhaft weigern, Prides CD abzuspielen.
Schwierigkeiten mit alten CD-Playern
Sein im April erscheinendes Album "A Tribute to Jim Reeves" wird als erste CD in den Vereinigten Staaten mit einer Kopierschutzfunktion ausgeliefert. Das Brennen von CD-Kopien sollen damit ebenso unmöglich sein wie das Rippen der Audiodaten zur Erstellung von MP3s. Die CD wird dazu durch eine Technik namens Sun-X Sentinel geschützt, die von der Firma Suncomm entwickelt wurde. Suncomm setzt dabei auf eine Veränderung der so genannten Table of Content-Angaben (TOC), die sozusagen das Inhaltsverzeichnis der CD darstellen. Insbesondere falsche Angaben über die Länge der einzelnen Titel können CD ROM-Laufwerke empfindlich stören. Allerdings hat solch eine Technik immer auch ihre Nebenwirkungen. Suncomm-Chef John Aquilino gestand gegenüber der Presse bereits ein, dass vereinzelt auch ältere, vor 1995 gebaute Audio-CD-Player Schwierigkeiten mit solch einer kopiergeschützten CD haben könnten. Bei internen Tests hätte sich jedoch nur ein Gerät der Firma Pioneer geweigert, die kopiergeschützten CDs abzuspielen.
BMG: Mit Kakteen gegen Raubkopierer
Dass solche internen Test nur die halbe Miete sind, musste das Majorlabel BMG Deutschland letztes Jahr erfahren. In Zusammenarbeit mit der Firma Midbar Technologies wurden Platten der Bands HIM und Philip Boa & The Voodoo Club mit einem Kopierschutz versehen, der dem bei Prides CD eingesetzten sehr ähnlich ist. Nachdem bereits rund 130 000 CDs ausgeliefert waren, musste BMG das Experiment abbrechen. Zahlreiche Kunden beschwerten sich darüber, dass ihre CD-Player sich nicht mit den geschützten Scheiben verstanden. Die Messageboards auf der BMG-Website wurden mit wüsten Beschimpfungen übersäht. Überraschte Einzelhändler sahen sich plötzlich mit Kunden konfrontriert, die ihre CD mit den Worten wie "Funktioniert nicht" umtauschen wollten.
Doch damit nicht genug. Schnell entdeckten findige Hacker Wege, wie die Cactus Data Shield genannte Technik der HIM- und Boa-CDs austricksen konnte. Der einfachste: Einen CD-Player mit digitalem Ausgang an eine Soundkarte mit digitalem Eingang anschließen.
Einschlägige Websites berichteten außerdem, dass sich beispielsweise Plextor CD-Laufwerke nicht vom Kopierschutz-Kaktus beeindrucken ließen. Noch peinlicher war allerdings, dass offenbar selbst simple Standalone-Kopiergeräte wie der Philips CDR-765 Audio CD-Brenner keine Schwierigkeiten damit hatten, intakte Kopien der fraglichen CDs zu erstellen.
Geheime Experimente und leere CDs
Doch solche Erlebnisse halten die Labels offenbar nicht davon ab, weiter mit kopiergeschützten CDs zu experimentieren. Charley Pride ist dabei nur der Anfang: So hat die Firma TRR Technologies offenbar Anfang dieses Jahres Beta-Tests mit einem ungenannten Major-Label durchgeführt. TRRs MusicGuard-Technolgie ist den Kopierschutz-Verfahren der Konkurrenz vermutlich sehr ähnlich, wurde bisher aber noch nicht offiziell eingesetzt. Neben dem schweigsamen Major zählt auch das Dance-Label Strictly Rhythm zu den zukünftigen Kunden der Firma.
Auch Midbar ist trotz des Debakels mit der BMG wieder im Geschäft. Ende letzten Jahres veröffentlichte Sony Music zwei Alben mit dem Cactus Data Shield-Kopierschutz. Allerdings wollte man offenbar ein negatives Presseecho wie im Falle der HIM-CDs um jeden Preis vermeiden. Insgesamt wurden gerade mal 10 000 kopiergeschützte CDs in den Handel gebracht. Als international möglichst wenig beachteter Testmarkt mussten Musikfreunde in der Tschechischen Republik und der Slovakei herhalten.
Dass man mit dem guten, alten Medium CD aber auch ganz anders gegen unautorisierte MP3-Downloads und CD-Kopien vorgehen kann, bewiesen Anfang Februar die Pop-Rebellen der Band The Rosenbergs. Die ersten 10 000 Exemplaren ihres Albums "Mission: You" wurden mit einer ganz eigenen Form der Napster-sicheren CD ausgeliefert: Einer leeren CD-ROM, versehen mit dem Logo der Tauschbörse und der Aufforderung:
"Share it with your friends."