Kotau vor dem Korpsgeist der Bundeswehr
- Kotau vor dem Korpsgeist der Bundeswehr
- Franco A. mehr als ein Einzelfall?
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Was Oberleutnant Franco A. plante, ist noch unklar, aber er kann mit den Folgen seiner Enttarnung zufrieden sein
Die Bundesverteidigungsministerin hat einen Kotau vor dem Militär gemacht. Wie der Spiegel meldet entschuldigte sich die konservative Ministerin, dass sie einmal fast die Realität wiedergegeben hat. Die Betonung liegt auf fast. Sie hatte von einem falsch verstandenen Korpsgeist und ganz in der Diktion des konservativen Klientel, der sowohl die Ministerin als auch die Bundeswehr angehören, von einer fehlenden Haltung der Truppe gesprochen.
Es war eine halbwegs realistische Einschätzung nachdem Misshandlungen und extrem rechte Umtriebe in der Bundeswehr im Wochentakt bekannt geworden sind.
Völkische Diktion kein Karriereknick in der Bundeswehr
Der aktuelle Fall des Oberleutnants Franco A, dessen in völkischer Diktion verfasste Diplomarbeit kein Karriereknick in der Bundeswehr war, bot den unmittelbaren Anlass für die Ministerschelte an der Bundeswehr. Was dann folgte, war ein deutschnationaler Shit-Storm gegen die Ministerin, der von der AfD über die SPD, den Bundeswehrverband bis zum Darmstädter Signal reichte, der nur, weil er sich zeitweise im Umfeld der deutschen Friedensbewegung positionierte, als links gilt.
Deren Sprecher Florian Kling will bei aller Detailkritik an den rechten Umtrieben auf die Truppe nichts kommen lassen. Er sieht das Problem nur im Ministerium, sagte er. Der Bundeswehrverband sieht ja "jeden rechtsschaffenden Soldaten beleidigt", weil die Ministerin es wagt, einmal eine annähernd realistische Einschätzung zu geben.
Die SPD muss natürlich wieder einmal besonders deutlich machen, dass sie nicht aus vaterlandslosen Gesellen, sondern aus deutschen Patrioten besteht und wirft der Ministerin vor, das Vertrauen in die Bundeswehr zerstört zu haben.
Rechte gehören zur DNA der Bundeswehr
Natürlich ist es absurd, einen Skandal darin zu sehen, dass die völkische Diktion einer Diplomarbeit keinen Karriereknick bei der Bundeswehr bedeutet. Schließlich ist sie von alten Nazis gegründet wurden, die nur mühsam ihren Antisemitismus verbergen konnten, ansonsten aber den nazistischen Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus in einen Kampf des Abendlandes gegen den Bolschewismus transformierten. Im Kalten Krieg waren sie damit ganz auf der Höhe der Zeit. Natürlich war es ganz selbstverständlich, dass man auf Traditionsabenden die Bluttaten der Nazi-Wehrmacht hochleben ließ, den alten Kameraden Grußadressen zu ihren Treffen schickte oder sie gleich selber einlud und ihre toten Helden bei Beerdigungen huldigte und in Kasernennamen verewigte.
Ende der 1960er Jahre, als die NS-Generation langsam in Pension ging und auch die BRD erkennen musste, dass man mit der Taktik des Wandels durch Annäherung den Nominalsozialismus vielleicht besser besiegen kann als mit den alten Methoden, sollte auch in der Bundeswehr etwas Moderne einziehen. Das neue Leitbild vom Bürger in Uniform konnte allerdings schon deshalb kein Antidot gegen den Korpsgeist der Bundeswehr sein, weil auch in der bundesdeutschen Gesellschaft rechte Einstellungen durchaus verbreitet waren.
Die Truppe zog eher Menschen mit rechten Einstellungen an. Liberale und Linke standen ihr bis auf Ausnahmen eher kritisch gegenüber. So gab es auch noch in den 1980er einen öffentlichen Kampf um jede Bundeswehrkaserne, die nach einem NS-Militär benannt war und umbenannt werden sollte. Da hatten sich regionale Geschichtsinitiativen oft viel Arbeit gemacht und akribisch Fakten zusammen getragen. Schließlich hatte die Umbenennung nur eine Chance, wenn der Namensträger aktiv in Verbrechen verwickelt war. Einfache NSDAP-Mitgliedschaft reichte nicht. Es gab auch unter christ- und sozialdemokratischen Verteidigungsministern immer wieder sogenannte Skandale, wenn die Bürger in Uniform ihre Nähe zum NS und der Wehrmacht zu deutlich rausstellten.
Mit der Abschaffung der Wehrpflicht änderte sich daran nichts Grundlegendes. Denn auch jetzt fühlten sich Rechte aller Couleur weiterhin sehr stark von der Truppe angezogen. Sie folgten dem Diktum des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, der in seiner stark diskutierten Dresdner Rede, in der er eine geschichtspolitische Wende um 180 Grad einforderte, auch über eine "durchgegenderte, multikulturalisierte Eingreiftruppe im Dienste der USA" schwadronierte.
Diese Passagen wurden öffentlich wenig kritisiert und sind auch nicht Gegenstand von Höckes Parteiausschlussverfahren. Doch er ist mit dieser Einschätzung durchaus nicht isoliert, wie die Reaktionen auf von der Leyens Bundeswehrschelte zeigte.