Krankenversicherungen in Deutschland: Höhere Beiträge, weniger Leistungen
Den gesetzlichen Krankenkassen fehlen einige Milliarden Euro. Um Kosten zu senken, soll auch an den Honoraren der Ärzte gespart werden. Die sprechen von künftig weniger Leistungen für die Versicherten.
Den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland fehlt Geld – rund 17 Milliarden Euro, die unter anderem durch höhere Beiträge für die Versicherten aufgebracht werden sollen. Eine bessere ärztliche Versorgung werden sie dafür wohl nicht bekommen – ganz im Gegenteil.
Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, warnte in der Bild-Zeitung: "Die Versicherten müssen sich neben höheren Kassenbeiträgen auch auf weniger Leistung in Form von längeren Wartezeiten für Arzttermine einstellen".
Das wäre die Folge, wenn bei steigenden Kosten durch Inflation und höheren Löhnen in den Praxen den Ärzten das Honorar gekürzt würde, so Gassen.
Sparen bei Honoraren und Zuschlägen
Gassen reagierte damit auf Vorschläge des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Um die Ausgaben der Krankenversicherungen zu reduzieren, hatte der GKV Nullrunden bei den Ärzte-Honoraren gefordert. Rund 400 Millionen Euro sollen damit bei den Gesundheitsausgaben eingespart werden.
Außerdem sollten Zuschläge gestrichen werden; die Neupatientenregelung sollte abgeschafft werden, ebenso die "extrabudgetäre Vergütung in offenen Sprechstunden". Anderenfalls werde nicht eingespart, so der GKV, sondern dann wäre mit Mehrausgaben zu rechnen.
Die Neupatientenregelung wurde noch unter dem ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingeführt. Mit ihr sollte erreicht werden, dass Patienten schneller einen Termin bekommen. Denn Ärzte erhielten damit mehr Geld, wenn sie neue Patienten behandelten.
Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, kritisierte diese Regelung: Sie habe zu "keiner feststellbaren Verbesserung der Versorgung" geführt, sagte sie der Bild-Zeitung. Deshalb wäre es richtig, diese Zuschläge zu streichen.
Ärzte-Kritik: Vorschläge der Krankenkassen an Realität vor
Bei den Vertretern der Ärzteschaft treffen diese Vorschläge auf Unverständnis. Gassen erklärte zum Beispiel: "Die Sparvorschläge des GKV-Spitzenverbandes gehen wie so oft völlig an der Realität vorbei". Sie zeigten einmal mehr, "wie weit die Krankenkassen von der medizinischen Versorgung und den Problemen ihrer Versicherten entfernt" seien.
Statt nach Null-Runden und Honorarkürzungen mit den dadurch zwangsläufig für die Patientinnen und Patienten verbundenen spürbaren Leistungskürzungen, wie aktuell den Wegfall der offenen Sprechstunde, zu rufen, sollten sich die Krankenkassen vielmehr überlegen, wie sie dieses wertvolle Gut für ihre Versicherten auf Dauer erhalten und stärken können.
Andreas Gassen
Doris Pfeiffer reagierte auf diese Aussagen empört. Es sei "unglaublich, dass die Ärzteschaft in der politischen Auseinandersetzung um die Höhe der Honorare damit droht, das Behandlungsangebot für kranke Menschen einzuschränken".
Einen Schlag ins Gesicht der niedergelassenen Ärzte, nannte Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, die vorgeschlagenen Sparmaßnahmen. Er erklärte weiter: "Statt willkürlicher Sparmaßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Kassenfinanzen brauchen wir nachhaltige, strukturelle Reformen bei der Krankenkassenfinanzierung". Der geplante zusätzliche Bundeszuschuss von zwei Milliarden Euro für das Jahr 2023 sei nicht ausreichend, weder in der vorgesehenen Höhe noch mit der nur einjährigen Laufzeit.
Diese "nachhaltigen, strukturellen Reformen" fordern auch politische Akteure, doch bislang ist nicht abzusehen, wann sie vom Bundesgesundheitsminister aufgegriffen werden. Notwendig wäre es; denn das Loch in den Finanzen der Krankenkassen könnte bis 2025 sogar auf 30 Milliarden Euro anwachsen. Zu dem Ergebnis war eine Studie im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit gekommen.
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