Kreml: Russisches Stromnetz ist sicher
Wenn die Cyberangriffe ohne Kenntnis von Trump erfolgten, so weise das "auf die hypothetische Möglichkeit" eines Cyberwar gegen Russland hin. Für einen Kommentar ist deswegen die USA keine Demokratie mehr
Es war interessant abzuwarten, wie der Kreml auf die Artikel der NYT reagieren würde. Dort wurden gegenwärtige und frühere Regierungsmitarbeiter zitiert, die sagten, dass die USA nach der Lockerung der Einsatzregeln durch Donald Trump im letzten Jahr zu einem offensiveren Vorgehen gegen Russland übergegangen seien (US-Cyberstrategie: Drohung mit Vorwärtsverteidigung und Präventivschlägen).
Man hacke nun nicht nur das Stromnetz und andere Netze, um diese auszuspähen, was man seit 2012 gemacht habe, sondern baue seit den Desinformations- und Hackingkampagnen während des Wahlkampfs 2018 Schadsoftware ein, um im Falle eines Konflikts das russische Stromnetz lahmlegen zu können. Damit solle auch Putin gewarnt werden, zumal die Russen auch seit längerem versuchen, Kraftwerke, Pipelines oder die Wasserversorgung zu hacken. Um diese in künftigen Konflikten sabotieren zu können (Vor einem Cyberwar?).
Aus dem Artikel geht nicht hervor, ob die Russen tatsächlich bereits Kraftwerke oder das Stromnetz hacken konnten. Es gab zwar gelegentlich Berichte über Versuche, manche davon falsch, aber das ist ebenso letztlich unbekannt wie die Suggestion in dem Artikel, dass die amerikanischen Geheimdienste und Cyberkommando das russische Stromnetz "mit nie zuvor ausprobierter Tiefe und Aggressivität" angegriffen und Implants einschleusen konnten.
Zur Cyber-Kriegsführung gehört auch immer der Blöff, gefährlicher zu sein, als man wirklich ist. Sicherheitshalber schrieb die NYT denn auch, dass man nicht wisse, wie tief die amerikanischen Staatshacker in das russische Stromnetz eindringen konnten. Das werde man erst wissen, wenn die Implants aktiviert werden. Feststellen muss man allerdings, dass bei der NYT kein sonderliches Aufklärungsinteresse bestand.
Donald Trump hatte sich eingeschaltet und der New York Times doppeldeutig zugleich Verrat und Lüge vorgeworfen, so dass auch hier nicht klar, ob er den Bericht bestätigt oder verneint oder ob er seine Bemühungen zu einer Annäherung an Russland nicht gefährden will. Offen ist auch, ob Trump, sollte der Bericht stimmen, über die Cyberangriffe informiert wurde oder diese ohne seine Kenntnis ausgeführt wurden. Zur Lockerung der Regelungen für das Cyberkommando gehörte auch, was durch den Kongress in einem Gesetz bestätigt wurde, dass der Verteidigungsminister ohne Rücksprache mit dem Präsidenten Cyberangriffe anordnen kann. Barack Obama hatte das strikt verhindert und wollte aus gutem Grund die letzte Entscheidung darüber treffen.
"Russische Stromnetze sind gut geschützt"
Aus dem Kreml wurde verständlicherweise bestritten, dass die USA das Stromnetz lahmlegen könnten. Dmitry Peskov erklärte, das russische Stromnetz sei sicher. Aber der Bericht weise "auf die hypothetische Möglichkeit" eines Cyberwar gegen Russland hin, wenn Behörden dies machen, ohne den Präsidenten zu informieren. Bedauerlicherweise seien "die wichtigen Teile unserer Wirtschaft permanenten Angriffen aus dem Ausland" ausgesetzt. Die Behörden würden permanent versuchen, die empfindlichen Teile der Wirtschaft zu schützen.
Peskow wies auch darauf hin, dass Putin "bei zahlreichen Gelegenheiten eine internationale Kooperation zu beginnen, um jede Art der Cyberkriminalität zu bekämpfen … Leider haben unsere amerikanischen Partner auf unsere Initiativen niemals reagiert." Das stimmt, schließlich wollten die USA auch vor Donald Trump möglichst keine internationalen Abkommen eingehen, um ihre Macht nicht zu beschränken, die militärische Überlegenheit zu sichern und sich in die Karten sehen zu lassen.
Ebenso wie Trump seinen Ärger über die NYT äußerte und die behaupteten Angriffe zumindest teilweise abstritt, um Russland nicht zu verärgern, versuchte auch Peskow den amerikanischen Präsidenten aus der Schusslinie zu halten. Man will offenbar auf höchster Ebene die Türen geöffnet halten.
Auch das russische Energieministerium versicherte, dass die Stromnetze gut geschützt seien und man systematisch Vorsorge treffe, um russische Technik für einen amerikanischen Cyberangriff zu schützen. Yevgeny Lifshitz, Mitglied des Duma-Ausschusses für Informationspolitik und Leiter der Cybersecurity-Behörde, sprang beiseite und suchte ebenfalls zu beruhigen, indem er versprach "Das Stromnetz des Landes besitzt die ausreichende Redundanz und die notwendigen Sicherheitssysteme, so dass selbst das ungünstigste Szenario nur zu kurzfristigen Unterbrechungen führen würde." Zwar sei der russische Energiebereich viel mit westlicher Technik aufgebaut worden, wie man an Siemens und den Turbinen für die Krim habe sehen können. Es bestehe immer ein Risiko, aber man könne jede Gefährdung schnell lokalisieren und beseitigen.
In einem Kommentar auf Ria.ru werden die USA der Doppelmoral bezichtigt. Würde eine russische oder chinesische Zeitung schreiben, dass russische oder chinesische Dienste in das amerikanische Stromnetz eindringen und Malware einschleusen, würde es zu einem gewaltigen Skandal kommen. Der Vorfall zeige aber auch, dass es in den USA keine wirkliche Demokratie mehr gebe, wenn der gewählte Präsident nach dem Bericht über die Angriffe wohl nicht informiert gewesen sei. Der Präsident als Oberbefehlshaber kontrolliere demnach nicht das Land, nur noch seinen Twitter-Account. Konsequenz der Geschichte sei es: "Bis Donald Trump in der Praxis beweist, dass er ein Präsident und keine dekorative Puppe ist, gibt es auf bilateralen Treffen und Gipfeln nichts, worüber man sprechen könnte."
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