Krieg und Klimaschäden: Deutsche Prioritäten in Geld ausgedrückt
Kein "Durchbruch" bei COP28: Deutschland zahlt weniger als ein Achtzigstel der Ukraine-Waffenhilfe für Klimaschäden in armen Ländern. Ein Kommentar.
Der Spiegel verkaufte es allen Ernstes als "Durchbruch" und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nannte es eine "bahnbrechende Entscheidung für die Verwundbarsten", dass Deutschland bei der laufenden Weltklimakonferenz COP28 in Dubai 100 Millionen Dollar für den Katastrophen-Fonds zugesagt hat. Beim aktuellen Dollar-Kurs sind das etwa 92 Millionen.
Weitere Länder haben weitere Millionenbeträge zugesagt – eine Dollar-Milliarde kam allerdings zu Beginn der Konferenz noch nicht zusammen.
Vor allem arme Länder, die bisher wenig zur Erderwärmung durch CO2-Emissionen beigetragen haben, aber besonders hart von den Folgen betroffen sind, sollen mit Geldern aus dem Fonds die Schäden begrenzen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte erst kürzlich die Golfstaaten, aber auch China aufgefordert, in den Fonds einzuzahlen. Wer geopolitische Verantwortung tragen wolle, müsse dies auch klimapolitisch tun, hatte sie betont.
Flutschäden in Deutschland kosteten mehr als 40 Milliarden
100 Millionen sind in der Vorstellungswelt von Normalverdienenden viel Geld. Um die deutschen Prioritäten zu verstehen, muss aber noch eine andere Zahl genannt werden: Die Bundesregierung hat für das nächste Jahr allein acht Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine zugesagt.
Für die Abmilderung von Klimafolgeschäden in den ärmsten Ländern will die Bundesregierung weniger als ein Achtzigstel zur Verfügung stellen.
Allein die Flutschäden vom Juli 2021 haben in Deutschland laut einem einem Bericht des schweizerischen Analyse-Instituts Prognos rund 40,5 Milliarden (nicht Millionen!) Euro gekostet.
Sicher: Diese Kosten sind nicht eins zu eins auf arme Länder übertragbar, denn dort wird die eine oder andere Reparaturdienstleistung billiger zu haben sein. Allerdings geht es hier um mehrere Länder und mehrere Schadensereignisse.
Abgesehen von der "Deutschland zuerst"-Position, deren Vertreter nichts von der Verantwortung reicher Industrieländer für die Klimakatastrophe wissen wollen, bleibt festzuhalten: Die deutsche Bundesregierung schreibt klimapolitische Verantwortung mehr als 80 Mal kleiner als geopolitische, die aktuell vor allem in der Waffenhilfe für die Ukraine besteht.
Abnutzungskrieg vs. Verhandlungen
Der Militärexperte Gustav Gressel ging im Sommer dieses Jahres davon aus, dass der Abnutzungskrieg dort mindestens bis 2025 andauern wird – obwohl schon jetzt immer älteres und schlechter ausgebildetes Personal auf beiden Seiten eingesetzt werde, wie er damals gegenüber der ARD betonte.
Dass steigende Durchschnittsalter der Soldaten bedeutet im Klartext, dass ein erheblicher Teil der jungen Generation gefallen oder dauerhaft beschädigt ist – darunter auf beiden Seiten nicht nur Freiwillige, sondern zu großen Teilen Zwangsrekrutierte.
Wer vor diesem Hintergrund von der Bundesregierung eher den Einsatz für Friedensverhandlungen als Durchhalteparolen erwartet, musste bisher damit rechnen, dass ihm oder ihr Sympathien für den russischen Präsidenten und dessen Invasionstruppen unterstellt werden. Das Wort "Verhandlungen" galt als Bäh-Wort und Ausdruck fehlender Empathie für die Ukraine.
Nun kommen aber auch von unverdächtigster Seite – nämlich aus der US-Vertretung in der Nato – andere Töne: Die Position der Ukraine soll für Verhandlungen gestärkt werden, ohne Russland existenziell zu schaden. Das Krieg soll also irgendwann ein Ende haben, bevor die Soldaten im Durchschnitt 60 Jahre alt sind.
Großaktionäre der Rüstungsindustrie werden enttäuscht sein. Aber noch lässt sich mit Waffen mehr Geld verdienen als mit der Abmilderung von Klima-Folgeschäden. Und wie von Zauberhand passt sich die politische Moral der Bundesregierung dem an.