Krillfischen an gottlosen Gestaden

Seite 2: Örtlich konzentrierte Fischerei auf Kollisionskurs mit Krillspezialisten

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Zur Festlegung der Fangobergrenzen geht man beim CCAMLR von einem Krillbestand von 60 Millionen Tonnen für die Scotiasee aus, dem Hauptfanggebiet - einer Zahl, die bei der letzten umfassenden Forschungsfahrt im Jahre 2000 ermittelt wurde und aus der eine Fangobergrenze von gut fünf Millionen Tonnen abgeleitet wurde. 2017 waren hier zwölf Trawler zum Krillfang zugelassen: ein chilenischer, vier chinesische, drei südkoreanische, drei norwegische sowie ein ukrainischer.

Für die Weite der antarktischen Gewässer eigentlich eine überschaubare Anzahl, das autorisierte Fanggebiet ist fast dreimal so groß wie die EU, aber die Trawler fischen nahezu im Pulk, denn seit Mitte der 1990er Jahre werden vor allem die Krillvorkommen vor Südgeorgien, den Südlichen Orkneyinseln und vor der Antarktischen Halbinsel befischt. Das Problem: In der Gegend ist der Mensch nicht der einzige Jäger, der dem Krill nachstellt - Pinguin- und Robbenkolonien liegen oft in Sichtweite. Gefischt wird in den Sommermonaten, wenn Pinguine und Robben ihren Nachwuchs mit Nahrung versorgen müssen. Doch eine Fischerei weiter draußen wäre schlicht unwirtschaftlich, denn dort stehen die Krillschwärme weit weniger dicht.

Das CCAMLR-Vertragsgebiet. Die Krillfischerei findet gegenwärtig nur im Abschnitt 48 statt, wobei 48.6 für die Versuchsfischerei reserviert ist. Bild: CCAMLR

Um nachteilige Auswirkungen auf die örtlichen Ökosysteme zu vermeiden, wurde ein Schwellenwert eingeführt, nach dessen Überschreiten die Fischerei eingestellt wird. Das sind 620.000 Tonnen pro Jahr, die insgesamt vor Südgeorgien, den Südlichen Orkneyinseln und vor der Antarktischen Halbinsel gefangen werden dürfen. Die erlaubten 155.000 Tonnen vor der Antarktischen Halbinsel wurden in den vergangenen fünf Jahren regelmäßig ausgeschöpft.

Beim CCAMLR sieht man sich auf der sicheren Seite, der praktizierte Vorsorgeansatz garantiere eine nachhaltige Befischung. Das Fischereimanagement gilt im Vergleich mit anderen Fischereien weltweit als geradezu vorbildlich. Die Quoten sollen erst heraufgesetzt werden, wenn wissenschaftlich belastbare Daten zeigen, dass das dann auch weiterhin der Fall wäre. 2014 wurden 294.145 Tonnen gefangen, davon ging mit 56 % der größte Teil Norwegen, gefolgt von Südkorea (19 %) und China (18 %).

Krill wird hauptsächlich in Tiefen um 200 Meter gefangen, entweder durch herkömmliche Netzschleppfischerei in der Wassersäule oder durch ununterbrochenes Schleppen, bei dem der Fang über Vakuumpumpen an Bord gelangt, eine Methode, die auch als Aker Eco Harvesting-Technologie bekannt ist. Es gibt Auflagen, die unerwünschten Beifang verhindern sollen, wie etwa den von Robben.

Bei CCAMLR kann man gegenwärtig keine Verbindung zwischen der Krillfischerei und dem dokumentierten Rückgang bestimmter Pinguin-Populationen im Fanggebiet herstellen. Was die Meereskundler jedoch mit Gewissheit sagen können: Diese Befunde sind deutliche Anzeichen großer Veränderungen, die dort vor sich gehen. Ob sie Folge des Klimawandels sind oder ob auch die Krillfischerei als Ursache in Frage kommt, ist Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Anderen Wissenschaftlern und Umweltschützern sind diese Aussagen zu vage - sie fordern angesichts des Klimawandels und der gestiegenen Nachfrage nach Krill weiterreichende Schutzmaßnahmen. Sie sähen am liebsten die Einrichtung eines Meeresschutzgebiets, die das gesamte CCAMLR-Vertragsgebiet umfasst.