Krisenherd Kosovo: Dutzende KFOR-Soldaten bei Protesten teils schwer verletzt
Ethnische Spannungen im Norden des Kosovo ebben nicht ab. Pristina setzt Tränengas ein, KFOR verlegt Stacheldraht. Wieso die Serben das Ergebnis der Kommunalwahl nicht akzeptieren.
Die Spannungen im Norden des Kosovo halten an. Rund 25 Nato-Soldaten wurden am Montag bei Zusammenstößen mit serbischen Demonstranten verletzt. Zur selben Zeit hatte der serbische Präsident Aleksandar Vucic die Armee seines Landes in höchste Alarmstufe versetzt.
Die Nato führt im Kosovo eine sogenannte Friedensmission, KFOR, an, die Konflikte zwischen Kosovo-Albern und der Minderheit der Serben unterbinden soll. Knapp 300 KFOR-Soldaten in Kampfmontur hatten am Montag vor dem Gemeindeamt im Ort Zvecan Stellung bezogen.
"Mehrere Soldaten des italienischen und ungarischen KFOR-Kontingents wurden grundlos angegriffen und erlitten durch die Explosion von Brandbomben Verletzungen mit Knochenbrüchen und Verbrennungen", teilte die KFOR am Montagabend mit.
Der ungarische Verteidigungsminister Kristof Szalay-Bobrovniczky sagte laut Reuters, dass sieben ungarische Soldaten schwer verletzt worden seien. Sie müssten zur Behandlung nach Ungarn gebracht werden.
"Was hier geschieht, ist absolut inakzeptabel und unverantwortlich", sagte demnach die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Ihre Kritik richtete sich aber auch an die kosovarischen Behörden. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass sie weitere einseitige Aktionen vermeide.
Die Regierung in Pristina rief dagegen zu mehr Härte gegenüber den Serben auf. Vjosa Osmani, Präsidentin der Republik Kosovo, erklärte: Illegale serbische Strukturen hätten sich in kriminelle Banden verwandelt. Sie forderte, dass alle vor Gericht gestellt werden sollten, die vermeintlich auf Geheiß des serbischen Präsidenten den Norden des Kosovo destabilisieren würden.
Die USA und ihre Verbündeten hatten allerdings am Freitag der kosovarischen Regierung zumindest eine Teilschuld an den Spannungen gegeben. Die Maßnahmen Pristinas würden die Bemühungen untergraben, die Beziehungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern zu normalisieren.
Hintergrund des aktuellen Konflikts sind die Bürgermeisterwahlen in mehreren Städten im Norden des Kosovo, die im April stattfanden. Die Serben weigerten sich, an diesen Wahlen teilzunehmen. Bei einer Wahlbeteiligung von 3,5 Prozent siegten schließlich die albanischen Kandidaten.
Die serbische Bevölkerungsmehrheit in den betreffenden Städten erkennt diese Wahl nicht an. Sie forderten von der kosovarischen Regierung, die albanischen Bürgermeister wieder aus den Rathäusern zu entfernen.
Stattdessen pochen sie darauf, dass eine 2013 von der Europäischen Union ausgehandelten Vereinbarung eingehalten wird. Demnach soll ein Verband autonomer Gemeinden in den serbisch dominierten Gebieten geschaffen werden.
Die Regierung in Pristina fühlt sich offenbar nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden. Am Freitag ließ sie dann die albanischen Bürgermeister von der Polizei in ihre Büros eskortieren. Nachdem die Serben aus der Polizei ausgetreten sind, wird auch sie von ethnischen Albanern beherrscht.
Bei den Protesten kam es am Freitag zu Ausschreitungen. Die Demonstranten warfen Steine und die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern.
Am Montag waren nun die Nato-Soldaten vor den Amtssitzen der albanischen Bürgermeister im Einsatz, um diese zu schützen. In Leposavic, nahe der Grenze zu Serbien, errichteten etwa US-Soldaten Stacheldraht um das Rathaus, um es vor Hunderten von wütenden Serben zu schützen, berichtete Reuters.
In der Stadt Zvecan warfen die Demonstranten Tränengas und Blendgranaten auf die Nato-Truppen. Und sie besprühten deren Fahrzeuge mit dem Buchstaben "Z", um auf den russischen Krieg in der Ukraine zu verweisen.
Igor Simic, stellvertretender Vorsitzender der Serbischen Liste, beschuldigte den Premierminister des Kosovo, Albin Kurti, die Spannungen im Norden zu schüren.
Wir sind an Frieden interessiert. Die Albaner, die hier leben, sind an Frieden interessiert, und nur er will Chaos stiften.
Igor Simic
Der Kosovo wurde 2008, nach dem völkerrechtswidrigen Nato-Krieg gegen Serbien, unabhängig. Bis heute konnte keine stabile Nachkriegsordnung installiert werden.
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