Kürzung der Solarförderung: Ende des Booms?
Die neue Regierung will ab 2010 die Solarstromförderung kürzen. Derzeit boomt die Branche, dank üppiger Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz - Gesetz (EEG)
Ob die Förder-Sätze nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wirklich überhöht sind und was eine Kürzung anrichten könnte, darüber wird heftig gestritten. Wirtschaftsnahe Lobbys und Verbraucherzentralen machen Stimmung für eine sofortige Kürzung bis zu 30 Prozent. Das wäre aber der „Todesstoß“ für die Solarwirtschaft, meinen dagegen Solarverbände und Umweltschützer.
Der Solarstrom droht am eigenen Erfolg zu ersticken. Seit längerem sprechen sich Verbraucherverbände und Energieexperten dafür aus, die EEG-Vergütung um bis zu 30 Prozent zu senken. Zurzeit erhalten Besitzer von Solaranlagen - je nachdem, ob es sich um eine Freiland- oder Gebäude-Anlage handelt – nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 32 bis 43 Cent je Kilowattstunde. Die Vergütungssätze, die letztlich von den Verbrauchern über den Strompreis bezahlt werden, sind verglichen mit Strom aus Wind, Bio- und Geothermie relativ hoch.
Schon jetzt sinken die Sätze pro Jahr dank der „natürlichen Degression“ um acht bzw. um 10 Prozent. Doch das ist Kritikern nicht genug - gerade in Zeiten, wo Wahlversprechen eingehalten und den Bürgern Entlastungen präsentiert werden sollen, ohne die klammen Haushalte zu belasten. So wurde die Förderung schon seit Wochen auch von liberalen und konservativen Politikern sowie energiewirtschaftlichen Verbänden als „überhöht“ angeprangert. Die Arbeitsgruppen Umwelt und Wirtschaft der Koalitionspartner hatten Anfang der Woche über die Kürzungen beraten. Allen voran drängte der Koordinator für Umweltfragen der CDU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, auf eine starke Reduktion.
Wie groß die „Über“förderung tatsächlich ist, da gehen auch die Meinungen der Experten auseinander. So wirft das RWE-nahe Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) der Solar-Branche vor, die Verbraucher bis 2033 mit 77 Milliarden Euro zu belasten. Überhöht und unrealistisch findet dagegen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) diese Zahlen. Dies könne nur bei einem sehr hohen Zubau an Anlagen erreicht werden. DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert hält sich lieber an die Angaben der den Solarstrom abnehmenden Übertragungsnetzbetreiber, die mit einer Belastung von maximal 50 Milliarden Euro rechnen.
Experten des Branchen-Magazins Photon argumentieren, der Markt sei schon jetzt überfüttert und es würden zu große Margen abgeschöpft. Zudem würden sich die Solarfirmen nur noch die „Rosinen“ herauspicken und gar nicht mehr jedem Angebot nachkommen. Auch seien trotz der Krise die Herstellungskosten in diesem Jahr wie erwartet gefallen.
„Wir haben es hier mit einer Art sich selbst erfüllender Prophezeiung zu tun“, so Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
Mit der Ankündigung, die Sätze würden unter Schwarz-Gelb sinken, wird nun ein regelrechter Verkaufsboom ausgelöst – somit steigt die Installationsleistung drastisch an und spielt wiederum denjenigen in die Hände, die die Vergütung von Anfang an senken wollten.
In der Tat kamen die Monteure in den letzten Monaten den Aufträgen kaum hinterher. Davon profitieren aber vor allem die Installationsfirmen, weniger die Solarmodulhersteller. Letztere hätten nämlich mit der Konkurrenz aus dem Ausland zu kämpfen, meint DUH-Sprecher Rosenkranz. Eine zusätzliche Absenkung der Solarförderung könnte die deutschen Modulhersteller in ein tiefes Loch reißen. Ein Beispiel ist Spanien: Durch die Streichung der Förderung brach in dem Land die Solarbranche vollständig zusammen. Der spanische Ausfall traf auch den deutschen Markt hart und sei neben der chinesischen Konkurrenz eine der Ursachen für die derzeitige Krise der Branche, wie Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) vor einigen Wochen eingeräumt hatte.
Der BSW lehnt die zu erwartenden Förderkürzungen ab. Er sieht vor allem die Planungssicherheit seiner Mitgliedsunternehmen gefährdet. Diese hätten sich auf die EEG-Rahmenbedingungen eingerichtet. Eine plötzliche Absenkung könne zu einem „Abwürgen der Technologieentwicklung“ führen. Das sehen auch andere Branchenvertreter wie die Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und der Bund der Energieverbraucher so. Sie befürchten, die Branche könnte „tödlich“ getroffen werden könnte.
Demgegenüber haben Großunternehmer der Branche wie Frank Asbeck von Solarworld selbst eine Senkung der Solarvergütung gefordert – allerdings um nur zusätzliche sechs bis sieben Prozent. Was Solarworld betrifft, hat Expertin Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung eine Erklärung für das „Schneiden ins eigene Fleisch“ parat:
Der Konzern kann in der Tat auch Fördersatzreduktionen verkraften. Unliebsame Konkurrenz kann man sich vom Hals halten, wenn man die Wettbewerber durch solche Forderungen vom Markt drängt.
Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe vermutet hingegen ein vorzeitiges Einlenken des Unternehmers, um Schlimmeres zu verhindern. Er warnt:
Wir müssen auf der Hut sein, denn es gibt derzeit politische Interessen, die einen Roll-Back in der Energiepolitik organisieren und das EEG am liebsten abschaffen wollen.
Kemfert und Rosenkranz sind strikt gegen die 30-Prozent-Senkung: Dies würde die Branche nachhaltig beschädigen. Die DIW-Expertin schlägt vor, das EEG noch flexibler zu machen und eine Förderhöhenanpassung von mindestens 10 und maximal 17 Prozent ins Gesetz einzubauen.