LNG-Terminals: Gegen Geschenke an die Industrie
In Brunsbüttel, Hamburg und Wilhelmshaven haben einige Tausend Menschen an Blockaden gegen Kraftwerke und Frackinggas-Infrastruktur teilgenommen.
Dieser Sommer ist im doppelten Sinne ein heißer. Im wörtlichen – der Deutsche Wetterdienst hat gerade festgestellt, dass er an Hitze und Trockenheit an den Dürre-Sommer 2018 heranreicht – und im politischen Sinne. Während Bundeskanzler Olaf Scholz weiter unter politischer Amnesie zu leiden scheint und von den ihm nachgesagten Gefälligkeiten für Cum-Ex-Banken nichts wissen will, brodelt es unter der Oberfläche wegen Inflation und Energiepreisexplosion. Auf den heißen Sommer könnte also ein heißer Herbst folgen.
Zugleich macht die Klimabewegung, zumindest ihr radikalerer Teil, klar, dass sie der Rolle rückwärts in Sachen Klimaschutz nicht tatenlos zuzuschauen gedenkt, nicht widerstandslos den Bau von Flüssiggas-Terminals für besonders klimaschädliches Frackinggas aus den USA über die Bühne gehen lassen will, nicht den Import von kolumbianischer Kohle, deren Abbau mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden ist.
In Brunsbüttel an der Unterelbe wurden bereits am Donnerstag die Tore des Düngemittelherstellers Yara blockiert, der ein großer Verbraucher von Erdgas ist und von den Aktivisten als künftiger Abnehmer von Frackinggas in Visier genommen wird. Brunsbüttel ist einer der Standorte für die geplanten LNG-Terminals (Liquified Natural Gas).
Etwas weiter westlich wird in Niedersachsen bereits an einem anderen LNG-Terminal gebaut. In deutschen Städten kann die Erneuerung viel genutzter Geschäftsstraßen schon mal zehn Jahre benötigen, wie im Falle der Karl-Marx-Straße in Berlin, aber wenn es darum geht, das Klima weiter zu schädigen, können deutsche Behörden auf einmal ganz schnell planen und nehmen es auch mit Natur- und Umweltschutz nicht mehr so genau.
Diese Wilhelmshavener Baustelle – vier weitere sollen in Kürze folgen – bekam nun am Freitag und Samstag Besuch von Klimaschützerinnen und -schützern, die sich mal anschauen wollten, wie die in Berlin und Hannover mitregierenden Grünen so mit dem Nationalpark Wattenmeer umgehen, der bei der UNESCO als Weltkulturerbe eingetragen ist.
Gebaut wird dort übrigens von Uniper, jenem aus E.on hervorgegangenen Konzern, der ansonsten für seine illegalen Kraftwerksbauten und die kürzlich bewilligten Steuermilliarden, mit denen dem Unternehmen unter die Arme gegriffen werden soll, bekannt ist. Uniper-Eigner ist der finnische Staat, der ebenfalls von Grünen mitregiert wird.
Mehrere hundert Menschen beteiligten sich nach Angaben des Netzwerks Ende Gelände am Freitag und Samstag an einer Besetzung des Wilhelmshavener Baugeländes. Man habe sichergestellt, dass die Baustelle auch über die Besetzung hinaus außer Gefecht gesetzt bleibt, heißt es etwas kryptische in einer Stellungnahme auf Twitter.
Das Wilhelmshavener Terminal werde das Gas über eine Pipeline direkt an die Industrie liefern. Haushalte hätten davon nichts. Der Industrie würde damit ein Geschenk gemacht, sodass sie sich nicht für den Umstieg aus erneuerbare Energieträger anstrengen müsse, begründet eine Aktivistin auf Twitter die Aktion. Wie immer würden Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert.
Auch in Hamburg kam es am Samstag zu verschiedenen Blockaden klimaschädlicher Infrastruktur, an denen sich mehrere Tausend Menschen beteiligten. Ende Gelände berichtet davon, dass die zum Kohlekraftwerk Moorburg führenden Gleise sowie eine Verbindung zum Container-Hafen besetzt worden seien.
"Wir blockieren heute den fossilen Kapitalismus. Der Hamburger Hafen steht für Plünderung von Ressourcen im Globalen Süden und die ungerechte Verteilung von Reichtum. Die großen Klimakiller-Konzerne machen Milliardengewinne mit der kolonialen Aneignung fossiler Rohstoffe. Mit unserem Protest skandalisieren wir dieses Klimaverbrechen und werden den Ausbau weiterer fossiler Infrastruktur verhindern."
Charly Dietz, Sprecherin von Ende Gelände
Interessant könnte es werden, wenn sich dieser entschlossene Geists der Klimaschützerinnen und Klimaschützer im Herbst mit den erwarteten sozialen Protesten verbinden würde. Eine erste Gelegenheit wäre Solidarität mit den Hafenarbeitern, die sich gerade in einer der härtesten Tarifauseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte befinden.
Vielleicht ist hier der Grund für das Geraune zu suchen, mit dem in letzter Zeit Regierungspolitiker und Geheimdienstler soziale Proteste vorsorglich als rechtsextrem zu framen versuchen.