Olaf Scholz: der Genosse der Bankster
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Die Laufbahn des Bundesfinanzministers und SPD-Kanzlerkandidaten: deutsche Zeitgeschichte anhand einer Politikerkarriere (Teil 2 und Schluss)
Teil 2: Das Gedächtnis lässt nach
Als Hamburgs Erster Bürgermeister regierte Scholz ansonsten gemütlich vor sich hin, bis ihm 2014 der gute alte Slogan "Law and Order is a Labour Issue" wieder einfiel und er in den Stadtteilen St. Pauli und Sternschanze großräumig "Gefahrengebiete" errichten ließ. Auf einen angeblichen oder tatsächlichen Angriff vermummter Gestalten auf die berühmte Davidwache auf der Reeperbahn reagierte der Senat, indem er über weite Teile Hamburgs den Ausnahmezustand verhängte.
Konkret hieß "Gefahrengebiet": Die Polizei legte eigenständig das Gebiet und die Dauer fest, in der verdachtsunabhängige Personen- und Taschenkontrollen durchgeführt, Platzverweise ausgesprochen oder auch Ingewahrsamnahmen durchgeführt werden konnten. Sie legte eigenständig fest, wie oft und mit wie viel Personal diese Kontrollen durchgeführt wurden. Das alles, um "sehr deutlich" zu machen, "dass die Polizei Hamburg alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wird, um Leib und Leben ihrer Beamten zu schützen", wie sie in einer Presseerklärung vom 3. Januar 2014 mitteilte.
Die Absurdität dieses Unterfangens wurde symbolisiert durch eine Klobürste, die es als Zeichen des Widerstands gegen diese Form der Polizeiwillkür bis in die Tagesschau schaffte. Im Mai 2015 stellte das Oberverwaltungsgericht Hamburg fest, dass diese Praxis mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Wieder ein Rückschlag für Scholz.
Gastgeschenk beim Fressgelage
Da traf es sich gut, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den G-20-Gipfel 2017 in Deutschland ausrichten wollte. Ende November 2015 stand fest, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen würde. Nun brauchte die Kanzlerin noch einen passenden Austragungsort. Da fiel ihr der gute alte Arbeitsminister Scholz wieder ein. Dieser hatte zudem gerade noch eine Schlappe hinnehmen müssen, da sich die Hamburger Bevölkerung in einer Volksabstimmung mehrheitlich gegen die Austragung der Olympischen Spiele 2024 in der Hansestadt ausgesprochen hatten.
G-20 in Hamburg? Eine Win-win-Situation für beide. Das dachte nicht nur Merkel, sondern auch Scholz. Bei der Matthiae-Mahlzeit, einem vom Senat ausgerichteten traditionellen Fressgelage für die oberen Zehntausend, gab Merkel - nicht Scholz - bekannt, dass der G-20-Gipfel 2017 in der Hansestadt stattfinden werde; sozusagen ihr Gastgeschenk.
"Polizeigewalt hat es nicht gegeben"
Scholz nahm an und beschloss, den Gipfel am 7. und 8. Juli in den Hamburger Messehallen zu veranstalten. Diese liegen im Karolinenviertel - mitten in dem Areal, das er noch kurz zuvor als Gefahrengebiet auserkoren hatte. Die dort ansässige linksautonome Klientel verstand die Kampfansage und bereitete ihrerseits den Widerstand vor. Die Einheimischen hatten größtenteils weder Lust auf den Gipfel noch auf die Proteste. Leider verabsäumten beide Seiten, sie danach zu fragen und zogen ihr Ding durch. Das endete bekanntermaßen in einer Katastrophe.
Die Polizei führte sich von Anfang an als beinharte Ordnungsmacht auf und ließ zu Beginn der G-20-Woche friedliche Protestcamps auflösen. Die Proteste eskalierten schließlich am Freitagabend, stundenlang waren die Einheimischen im Schanzenviertel dem Chaos ausgesetzt, die eingesetzten Beamten waren unpässlich: Sie mussten gewährleisten, dass die hohen Damen und Herren und ihre Entourage störungsfrei vom Rathaus in die Elbphilharmonie transferiert werden konnten. Später wurde das Schanzenviertel mit einem martialischen Aufgebot an bewaffneten Uniformierten und entsprechenden Gerätschaften geräumt. Dabei sei es zu massiver Polizeigewalt gekommen, hieß es von Seiten dort Anwesender.
Dieser Vorwurf wurde auch in Bezug auf die gewaltsame Auflösung der "Welcome to Hell"-Demo in St. Pauli erhoben. Die Polizei habe die Demo-Beteiligten in Richtung Elbe gedrängt. Sie seien zum Teil panisch über die Kaimauer geklettert - und die Uniformierten hinterher, so dass die Getriebenen sich zwischen Elbe und Staatsgewalt eingekesselt sahen, berichteten Betroffene im Anschluss. Die Einsatzkräfte hätten alle gejagt, unabhängig davon, ob die fraglichen Personen vermummt gewesen seien oder nicht. Verstöße gegen das Vermummungsverbot waren der Anlass für den Angriff auf die Demo - während die Veranstalter versuchten, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon zu überzeugen, Gesicht zu zeigen. Polizeigewalt vermochte Scholz indes nicht wahrzunehmen. So sagte er laut Berichten der Zeit und des NDR:
Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise.
Dennoch wurden später 115 Ermittlungsverfahren, 92 davon wegen Körperverletzung im Amt gegen Polizeibeamte eröffnet. Soweit bekannt führte dies in keinem Fall zur Anklage, geschweige denn zu einer Verurteilung. Dafür wurden G-20-Gegner teilweise zu harten Strafen verurteilt.