Die Hölle liegt also in der Schanze
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Hamburg: In der vergangenen Nacht verwüstet der zur "Welcome to Hell"-Demo am Donnerstag angereiste "schwarze Block" den Stadtteil Sternschanze komplett
Was passiert eigentlich nach dem Tod? Die gängige Antwort auf diese Frage ist wahlweise. "Du kommst in den Himmel" oder "Du kommst in die Hölle". Die daraus resultierenden Fragen wiederum sind: "Wo sind Himmel, bzw., Hölle und was passiert da?"
Für den Himmel werden sie weiterhin unbeantwortet bleiben, aber seit letzter Nacht ist klar: Die Hölle liegt im berühmt-berüchtigten Schanzenviertel, von Freund und Feind liebevoll "die Schanze" genannt. Dem Stadtteil, in dem das Kulturzentrum "Rote Flora" ansässig ist, und in dem aktuell die Herrscherinnen und Herrscher der Welt beim G20-Gipfel tagen.
Schulterblatt als Highway to Hell
Diesen Schluss jedenfalls lassen die Ereignisse der letzten Tage zu: Die stark umstrittene Demo "Welcome to Hell", zu der sich der "größte schwarze Block aller Zeiten" angekündigt hatte, endete in einer Straßenschlacht zwischen der Polizei und Demonstrierenden, bei der auch unbeteiligte Passantinnen und Passanten auf der Elbpromenade in Mitleidenschaft gezogen wurden (Eskalation bei Welcome-to-hell-Demo). Obwohl der "schwarze Block" nur Delegierte geschickt hatte. Sprich: weitaus weniger Beteiligte aus dem autonomen Spektrum, von denen einige als gewaltbereit gelten, gekommen waren, als angekündigt - oder befürchtet, je nach Sichtweise.
Anschließend zog ein Teil der Teilnehmenden als genehmigter Demonstrationszug durch St. Pauli, während kleine Gruppen des "schwarzen Blocks" in die umliegenden Stadtteile einsickerten, Barrikaden erbauten sowie Autos und Müllcontainer anzündeten. Das hielt in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Anwohnenden, Polizei und Feuerwehr auf Trab.
So chaotisch, wie die Nacht in Hamburg in Hamburg geendet hatte, ging der Tag früh weiter. An vielen Orten wurden erneut Müllcontainer in Brand gesetzt und Autos angezündet. Ein Betroffener schilderte in n-tv, das in der vergangenen Nacht sein Programm über Stunden wegen der Berichterstattung über die Ereignisse im Schanzenviertel umgestellt hatte, dass er in einen wegen der Ausschreitungen entstandenen Stau geraten sei. Eine Gruppe des "schwarzen Blocks" sei an den Autos vorbeigezogen und jemand habe ihm einen Brandsatz durch die offene Scheibe ins Auto geworfen. Das Hamburger Abendblatt veröffentlichte ein Handy-Video eines Lesers, der in einem Bus saß, der anhalten musste, weil auf dem Fahrweg Barrikaden erbaut worden waren. In dem Video ist zu sehen, wie ein Auto in Brand gesetzt wird, das nur eine knappe Fahrbahnbreite entfernt neben dem Bus stand.
Am Freitagabend war von mehr als 100 Einsätzen der Feuerwehr die Rede. Während dessen wurden immer mehr Polizeikräfte aus den anderen Bundesländern angefordert, der NDR berichtete, eine 100 Mann starke Truppe der "Bundesreserve" sei in der Hansestadt eingetroffen. Das sei eine Spezialeinheit, die direkt dem Innenminister Thomas de Maizière (CDU) unterstellt sei und nur auf dessen Geheiß aktiv werden dürfe. Bekannt wurde außerdem, dass private Sicherheitsfirmen spontan Personal in die Hansestadt schickten. Welchen Auftrag diese erfüllen sollen, war am Freitag nicht zu ermitteln. Vermutlich sind sie im Bereich des Objekt- und Personenschutzes eingesetzt, um Polizei und BKA zu entlasten, damit die dort eingesetzten Beamten hoheitliche Aufgaben übernehmen können.
Der NDR berichtete, aus Schleswig-Holstein seien 200 weitere Beamte nach Hamburg geschickt worden, und auch die in Ungnade gefallene Berliner "Party-Polizei" wurde wieder angefordert.
Trotz alledem konnten sich geschätzt 1.500 gewaltbereite Autonome bis ins Schanzenviertel durchschlagen, sich dort verbarrikadieren und schlussendlich das Viertel in ein Schlachtfeld verwandeln. Über Stunden traute sich selbst die Polizei nicht einzugreifen, weil von einem Gerüst an einem mehrstöckigen Gebäude u.a. Gehwegplatten auf die Uniformierten geworfen wurden. Nach Mitternacht trat eine schwer bewaffnete Spezialeinheit auf den Plan, die mit Gewehr im Anschlag die Lage unter Kontrolle brachte.
Die Bilder bei n-tv, Blaulicht und dunkle vermummte Gestalten auf beiden Seiten der Barrikaden ließen das Schulterblatt, die "Hauptstraße" des Schanzenviertels wie den Highway to Hell erscheinen.
N-tv berichtete, von einem Anwalt vor Ort informiert worden zu sein, dass die "Rote Flora" geschlossen sei und dort Verletzte behandelt würden. Dafür würden noch Sanitäter benötigt. Einige der Verletzten seien mit einem Krankenwagen in die Klinik transportiert worden. Wie viele verletzte Straßenkämpfer es gibt, ist nicht bekannt. Die Polizei spricht in einer Pressemitteilung von 213 verletzten Beamtinnen und Beamten. Seit dem 22.06.2017 seien "143 Personen vorläufig fest- und 122 Personen in Gewahrsam genommen worden".