Olaf Scholz: einst Kapitalismuskritik, dann Sozialabbau
- Olaf Scholz: einst Kapitalismuskritik, dann Sozialabbau
- Rolemodel für "Rot-Grün" auf kommunaler Ebene
- Aus "Rot-Grün" wird Blutrot-Olivgrün
- Der Sozialkahlschlag nimmt Fahrt auf
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Die Laufbahn des Bundesfinanzministers und SPD-Kanzlerkandidaten: deutsche Zeitgeschichte anhand einer Politikerkarriere (Teil 1)
Wie der Stamokap-Juso zum Einpeitscher für Sozialabbau wurde
Als Student gehörte Olaf Scholz dem linken Flügel der Juso-Hochschulgruppen an, als Anwalt widmete er sich dem Arbeitsrecht, um dann unter der Kanzlerschaft seines SPD-Parteifreundes Gerhard Schröder dessen treuer Gefolgsmann und einer der Architekten der "Agenda 2010" zu werden. Vor dem massiven Sozialabbau im Zuge dieser "Reformpolitik" hatte er auch die deutsche Beteiligung am Jugoslawienkrieg 1999 mitgetragen.
Einst Rolemodel für "Rot-Grün" auf kommunaler Ebene, Verfechter von Rot-Grün in Land und Bund, katapultierte er sich 2017 als Hamburgs Erster Bürgermeister mit der Gastgeberschaft für den G-20-Gipfel an die Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), avancierte zum Vizekanzler der Großen Koalition und schließlich zum Finanzminister mit offenem Ohr für die Sorgen und Nöte der wegen Steuerbetrugs vom Fiskus verfolgte Banker. Dieser Weg ist voller Widersprüche, Hürden, Rückschläge, Fortschritte und Skandale - an denen beteiligt zu sein er sich nicht so recht erinnern mag.
Deutschland, "Hochburg des Großkapitals"
Als Jugendlicher trat der 1958 in Osnabrück geborene Scholz 1975 in die "Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD", heute "Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD" (Jusos), ein. Damit legte er den Grundstein für seine Karriere, wobei er noch nicht wissen konnte, dass er sich einst um das Amt des Regierungschefs eines kapitalistischen Staates bewerben würde.
Genauer gesagt, der führenden Wirtschaftsmacht Europas und der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt - der "europäischen Hochburg des Großkapitals", wie er dem Handelsblatt zufolge damals Deutschland in der Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft (spw) nannte. Kapitalismus, den wollten die Jusos seinerzeit bekämpfen.
Das wollte auch mal Olaf Scholz: Als er 1978 sein Jura-Studium an der Universität Hamburg begann, schloss er sich dem linken Flügel der Juso-Hochschulgruppen an. Er galt als "Stamokap", als Vertreter einer Strömung innerhalb der SPD und der Jusos, die von einer Verschmelzung des imperialistischen Staates mit dem Monopolkapitalismus ausging.
Demnach wird die Wirtschaft von einigen wenigen Großkonzernen - den Monopolen - dominiert, die maßgeblichen Einfluss auf die Politik ausüben. Monopole als konzentrierte Wirtschaftsmacht, die ihre Interessen gegen kleinere Konkurrenten durchsetzen, mit den Banken quasi verwachsen sind und so Druck auf politische Entscheidungsträger ausüben. Die Politiker ihrerseits - damals waren vorwiegend Männer in den entscheidenden Positionen - waren den Konzernen gern zu Diensten, da dieses System nicht nur die Macht der Konzerne, sondern auch die eigene sicherte.
Vom Kritiker zum Nutznießer
In einem solchen System gibt es innere Widersprüche, weil mitunter die Interessen verschiedener Konzerne gegeneinander stehen und ein Machtkampf ausgefochten wird. Kurzum: ein System, in dem die Politik die Interessen von Konzernen und Banken vertritt und nicht die "des kleinen Mannes", den zu vertreten die SPD dereinst angetreten war.
Scholz wurde vom Kritiker zum Nutznießer dieses Systems und schickt sich nun an, dessen Manager zu werden. Auch wenn dieses System sicherlich komplexer ist als ein Verbund von Konzernen und Banken und dessen Durchmarsch in den Entscheidungsinstanzen dieser Republik.
Scholz hielt als Student mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. In der spw trat er für die "Überwindung der kapitalistischen Ökonomie" ein, kritisierte die "aggressiv-imperialistische Nato" und attestierte den sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern der damaligen "sozial-liberalen Koalition", den "nackten Machterhalt über jede Form der inhaltlichen Auseinandersetzung" zu stellen.
1985 wurde Scholz als Rechtsanwalt zugelassen und spezialisierte sich auf das Fachgebiet "Arbeitsrecht". Gemeinsam mit Gabriele Zimmermann gründete er 1990 die Anwaltskanzlei Zimmermann, Scholz & Partner, die noch heute existiert und nach wie vor auf Arbeitsrecht spezialisiert ist, wie auf deren Webseite zu lesen ist: "Zu unseren Mandanten gehören vor allem Arbeitnehmer und Betriebsräte aus Klein-, Mittel- und Großbetrieben."
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